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Amerikanische kulturelle Diplomatie aus transatlantischer Sicht

Rede von Botschafter Daniel R. Coats
in der Humboldt-Universität Berlin, 17. Juni 2002

English

Vielen Dank, Herr Professor, Frau Vizepräsidentin und Frau Professor Ischinger, herzlichen Dank für die freundlichen Einführungsworte. Ich bin heute zum ersten Mal in der Humboldt-Universität, und es ist mir eine Ehre, Gast in dieser historischen und innovativen Bildungsinstitution zu sein.

Ich möchte besonders das dynamische Amerikanistikprogramm der Universität, das uns alle heute hier zusammengeführt hat, und seine multikulturelle, interdisziplinäre Ausrichtung würdigen. Es spiegelt wirklich die Vielfalt (und ich wage sogar zu sagen, die Kämpfe) der Vereinigten Staaten selbst wider. Solche vergleichenden Studien von Europa und den Vereinigten Staaten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass wir wirklich aus der Geschichte und voneinander lernen.

Ich freue mich auch, dass meine Frau und diplomatische Partnerin, Marsha, heute mit mir hier sein kann.

Ich freue mich, der erste Redner dieser besonderen Vortragsreihe zu sein und beglückwünsche das Programm zu seinen ehrgeizigen Zielen - solange Sie nicht denken, dass ich sie heute Abend alle im Alleingang ansprechen werde.

Als ich die Einladung zu der Vortragsreihe an "renommierte amerikanische Gäste aus Wissenschaft, Kultur und Politik" las, dachte ich an meine früheren Wähler in Indiana. Auf Ihre Frage würden die meisten von ihnen sagen, dass sie mich nicht als Wissenschaftler oder Intellektuellen einstufen würden, aber glücklicherweise hat sie das nicht davon abgehalten, mir bei der Wahl ihre Stimme zu geben.

Ich biete Ihnen sehr praktische - aber sehr reale - Sichtweisen, als Botschafter, als Mitglied des Kongresses der Vereinigten Staaten über 18 Jahre und als Bürger aus dem Herzen meines Landes. Noch wichtiger aber ist, ich hoffe, dass wir uns besser kennen lernen und heute Abend einen echten Dialog beginnen, der bis weit in die Zukunft fortgesetzt wird. Aus diesem Grund habe ich am Ende meiner Ausführungen viel Zeit für Kommentare und Fragen eingeräumt.

Ich freue mich wirklich auf Ihre Reaktionen und Meinungen. Ihre Studien, Ihre Forschung und Ihr Wissen können für diejenigen von uns, die täglich im diplomatischen Geschäft tätig sind, eine enorme Hilfe sein. Sie können uns helfen, unsere kulturellen Differenzen besser zu verstehen, zu erörtern und zu überbrücken, um eine strategische Partnerschaft aufzubauen und zu stärken, die uns in den kommenden Jahren gut dienen wird.

Die einzige Testfrage heute Abend lautet, wie weit Deutschland und die Vereinigten Staaten bei der Fußballweltmeisterschaft gekommen sind. Ich erwähne dieses kulturelle Phänomen, weil es allgegenwärtig ist, weil es eine aufregende Erfahrung in Europa ist (selbst im Fernsehen) und weil es ebenso unsere kulturellen Differenzen bezüglich der jeweiligen von uns bevorzugten Sportarten anspricht wie unsere kulturellen Gemeinsamkeiten - eine Leidenschaft für Leichtathletik jeglicher Art.

Eine kleine Geschichte. Vor meinem Umzug nach Deutschland vor 10 Monaten erhielt ich viele Bücher und Artikel über das Leben in Deutschland, die deutsche Geschichte, Kultur und so weiter. Die Atlantik-Brücke, eine gemeinnützige Organisation, die sich der Verbesserung der Beziehungen zwischen Deutschen und Amerikanern widmet, schickte mir ein Buch mit dem Titel, "Those Strange German Ways".

Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass die Deutschen Fußballfanatiker sind (damit ist die deutsche Art von Fußball gemeint, nicht die der Washington Redskins/Dallas Cowboys/Berlin Thunders). In dem Buch stand: "Kein amerikanisches Spiel kann allein an Popularität Schritt halten - man müsste Baseball, Football, Basketball und Eishockey zusammennehmen, um dem nur im Entferntesten nahe zu kommen." Ich bin in Indiana geboren - einem Bundesstaat, in dem Basketball so verehrt wird wie Fußball in Deutschland - und erinnere mich, diese Passage mit etwas Skepsis gelesen zu haben.

Die letzten beiden Wochen haben mich überzeugt. Ich bin mir auch bewusst, dass es vielen von Ihnen leicht fiele, Material für ein anderes Buch mit dem Titel "Those Strange American Ways" bereitzustellen - das meiner Ansicht nach sicherlich sehr populär würde.

Mein heutiges Thema ist "Amerikanische kulturelle Diplomatie aus transatlantischer Sicht." Dies ist ein ziemlich umfassendes Thema, aber es ist von entscheidender Bedeutung. Mein erster Versuch zur Stimulierung der kollektiven Intelligenz in diesem Saal soll Sie also anregen, nur kurz darüber nachzudenken, wie Sie kulturelle Diplomatie definieren würden.

Abgesehen von meinem Interesse an Ihrer Meinung habe ich Sie gebeten, darüber nachzudenken, weil wir wahrscheinlich alle unterschiedliche Definitionen haben. Das ist ziemlich erschreckend, wenn man bedenkt, dass die Kultur der Demokratie tatsächlich das Band ist, das unsere transatlantischen Beziehungen zusammenhält.

Ich sehe die kulturelle Diplomatie als die Grundlage jeglicher Diplomatie, weil unsere Menschheit - unsere grundlegenden Werte, unsere Weltsicht, unsere Sichtweise der Situation und des Wesens des Menschen - das Kernstück unserer Kultur bildet, unabhängig davon, ob wir in einem nationalen, historischen, populären oder unternehmerischen Kontext sprechen.

Das Aufeinanderprallen von Kulturen kann Konflikte auslösen. Kulturelle Unterschiede können zum Scheitern von Unternehmen beitragen. Als ich gelesen habe, wie Unternehmen kulturelle Aspekte bei Firmenzusammenschlüssen und Partnerschaften ansprechen, habe ich eine anschauliche Formulierung gelesen, die ich Ihnen heute weitergeben möchte. Die Formulierung lautet, "Verbesserung unserer kollektiven kulturellen Alphabetisierung". Was heißt das? Es heißt, Einblicke in die Absichten eines Partners zu erhalten und zu lernen, angemessen zu reagieren und zu antworten. Die Verbesserung der kulturellen Alphabetisierung ist ein nützliches Ziel für Unternehmen, Länder und Einzelpersonen.

Zunächst müssen wir die nationalen Werte verstehen, weil sie die nationalen Interessen und damit die nationalen Maßnahmen leiten. Ich würde auch gerne Ihre Meinung über die deutschen Werte und ihre Auswirkungen auf die europäische Einheit und Integration hören.

Nationale Werte waren auch ein Thema bei einem Gespräch, das ich vor kurzem mit Ihrem Außenminister Joschka Fischer und einigen Kongressabgeordneten führte, die zu Besuch hier waren. Er sagte: "Eines, was Ihr Amerikaner wirklich verstehen müsst, ist, dass Freiheit für Sie Freiheit des Einzelnen bedeutet. Ihre Sichtweise gestattet Ihnen, Risiken einzugehen und selbst zum Unternehmer zu werden. In Deutschland wissen wir die Freiheit zu schätzen, aber unser höchstes Gut ist Sicherheit. Aus diesem Grund sind wir vorsichtiger, bedächtiger und weniger bereit, Experimente anzustellen und Risiken einzugehen."

Die Vereinigten Staaten haben viele wichtige Werte, aber zweifelsohne steht Freiheit an oberster Stelle der Liste. Heute Abend möchte ich die Freiheit und zwei andere wichtige amerikanische Werte hervorheben - die Initiative der Gemeinschaft und die des Einzelnen.

Im Zusammenhang mit Freiheit möchte ich an die Worte des Mannes erinnern, den wir heute Abend ehren: W.E.B. Du Bois. Ich habe seine Worte gewählt, weil sie eloquent sind und weil er über ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte geschrieben hat, in dem einigen die Freiheit verweigert wurde. Paradoxerweise gedieh die Sklaverei in einem Land mit einem Vermächtnis der Hoffnung, des Optimismus und Idealismus in trauriger Weise. Und selbst als sie abgeschafft war, dauerten die Ungerechtigkeiten noch jahrzehntelang an, und die Wunden sind bis heute sichtbar. Du Bois schrieb:

"Auch die lang ersehnte Freiheit streben wir immer noch an - die Freiheit zu leben und die Freiheit zu körperlicher Unversehrtheit, die Freiheit, zu arbeiten und zu denken, die Freiheit, zu lieben und zu hoffen. Arbeit, Kultur, Freiheit - das alles benötigen wir, nicht einzeln, sondern zusammen, nicht aufeinander folgend, sondern zusammen, wobei jedes wächst und das andere unterstützt und alle nach dem höheren Ideal streben, das vor den Augen der Neger schwebt, das Ideal der menschlichen Bruderschaft, erlangt durch das einigende Ideal der Rasse, die Idee der Förderung und Entwicklung des Verstands und der Fertigkeiten der Neger, nicht in Unterdrückung anderer Rassen oder aus Verachtung für sie, sondern vielmehr in größtmöglichem Einklang mit den umfassenderen Ideen der Amerikanischen Republik."

Was sind diese umfassenderen Ideen der Amerikanischen Republik? Freiheit. Schutz der Freiheit des Einzelnen. Bewahrung der Einzelinitiative gegenüber möglicher Tyrannei der Staatsmacht. Ebenso wie heute entdeckten die Gründerväter mit all ihren kulturellen Unterschieden, dass sie mehr verband als trennte. Ich möchte heute Abend von der Annahme ausgehen, dass die überwältigende Kraft - damals und heute - die Amerika und die internationale demokratische Gemeinschaft verbindet, die Freiheit ist.

Präsident Bush sprach von diesem kulturellen Vermächtnis der Vereinigten Staaten und Europas, als er im letzten Monat in Berlin war. Ich möchte einige seiner Ausführungen vor dem Deutschen Bundestag wiederholen, weil sowohl die Bedeutung als auch der Kontext der Worte - in der Rede eines amerikanischen Präsidenten bei seinem ersten Besuch in Berlin - für eine Diskussion über kulturelle Diplomatie aufschlussreich sind.

Der Präsident sagte vor dem Deutschen Bundestag:

"Amerika und die Nationen Europas sind mehr als militärische Verbündete; wir sind mehr als Handelspartner; wir sind die Erben der gleichen Zivilisation. Die Versprechungen der Magna Charta, die Lehren Athens, die Kreativität von Paris, das unerschütterliche Gewissen Luthers, der sanfte Glaube des Heiligen Franziskus - alles dies ist Teil der amerikanischen Seele. Die Neue Welt war erfolgreich, indem sie die Werte der Alten Welt achtete."

Er sagte auch: "Unsere Geschichte driftete manchmal auseinander, dennoch versuchen wir, nach den gleichen Idealen zu leben. Wir glauben an freie Märkte, gemildert durch Mitgefühl. Wir glauben an offene Gesellschaften, die unveränderliche Wahrheiten widerspiegeln. Wir glauben an den Wert und die Würde jeden Lebens."

Der Präsident fügte hinzu:

"Diese Wertüberzeugungen verbinden unsere Kulturen und bringen unsere Feinde gegen uns auf. Diese Wertüberzeugungen sind allgemein gültig und richtig. Sie prägen unsere Nationen und unsere Partnerschaft auf einzigartige Weise. Diese Überzeugungen veranlassen uns, Tyrannei und das Böse zu bekämpfen, wie es andere vor uns getan haben.

Gemeinsam haben Europa und die Vereinigten Staaten das kreative Talent, die Wirtschaftsmacht, das moralische Erbe und die demokratische Vision, unsere Freiheit zu schützen und die Sache des Friedens voranzubringen."

Von der Freiheit gehe ich zu einem zweiten amerikanischen Wert über - der Gemeinschaft. Es kann eine Gemeinschaft der Zuneigung und des Mitgefühls sein, wie wir sie am 11. September gesehen haben, eine Gemeinschaft kultureller Vielfalt, eine Gemeinschaft der Konflikte (häufig schlaglichtartig in den Abendnachrichten beleuchtet, aber manchmal eine positive Kraft) … und immer eine Gemeinschaft der Hoffnung. Ein Experte für kulturelle Werte hat gesagt, kultureller Pluralismus sei "nur in einer demokratischen Gesellschaft [möglich], deren Institutionen Individualität in Gruppen, Personen und Temperamenten ermutigt und deren Programm diese Individualität freisetzt und sie in eine Kameradschaft der Freiheit und Zusammenarbeit münden lässt".

Ich hatte die Vereinigten Staaten nicht so gesehen, aber es klingt richtig: Einzelpersonen, die befreit wurden, um Kameradschaften der Freiheit durch Zusammenarbeit aufzubauen. Vielleicht ist das der Grund, warum alles funktioniert. Meiner Ansicht nach trägt es auch zu der Erklärung bei, warum wir (vergleichsweise) so unbefangen mit unserer Vielfalt umgehen.

Von den ersten Tagen der Vereinigten Staaten an entschieden Einzelpersonen und Gemeinschaften für sich selbst, ob und in welchem Maß kulturelle Vermächtnisse bewahrt werden würden. Manchmal blieben sie ausgeprägt, wie Sie an den verschiedenen ethnischen Bräuchen sehen können und sogar an ganzen amerikanischen Stadtvierteln. Manchmal verschmolzen Kulturen und entwickelten ihre eigene Dynamik, wie beispielsweise beim Jazz, der jetzt wieder zusammenwächst, da europäische Künstler traditionelle europäische Melodien mit dem traditionellen amerikanischen Jazz vermischen.

Jemand nannte unsere amerikanische Vielfalt einmal unseren "Gumbo-Nationalcharakter", und ich halte das für passend - keine schmackhafte Spargel- oder Kartoffelsuppe, sondern Gumbo - ein ungewöhnlich köstliches Eintopfgericht mit verschiedenen Geschmacksnoten und unterschiedlicher Konsistenz. Da wir gerade vom Essen sprechen - ich habe vor kurzem mit Vergnügen ein Interview mit dem renommierten Kunstkritiker, Schriftsteller und Journalisten David Galloway in der Frankfurter Allgemeine Zeitung gelesen.

Der aus dem Amt scheidende Amerikanistikprofessor an der Universität Bochum nannte Essen einen "fantastischen Schlüssel zur Kultur eines Landes" und wählte "Essen in Amerika" als Thema seines letzten Seminars. Ich weiß, Sie denken an die Delikatessen von McDonalds, Taco Bell, Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken - übrigens die Lieblingsessen meiner Enkelkinder. In dem Artikel wird allerdings darauf hingewiesen, dass Fastfood nicht in den USA erfunden wurde. Anscheinend haben wir es zum Standard gemacht und seine Massenvermarktung eingeführt, aber wir haben es nicht erfunden. In dem Artikel heißt es: "…Feldküchen des Militärs, die Bratwurst und Bistros zeigen, dass die Europäer es vor uns hatten."

Seien es Lebensmittel, Musik- und Tanzarten, die Wahl der Religion - Amerika ist wirklich ein Land, in dem Leben, Freiheit und das Streben nach Glück viele Formen annehmen kann. Professor Lenz sagte mir, dass er noch nie eine Stadt wie New York gesehen habe - wo so viele Menschen so unterschiedlicher Herkunft jeden Tag zusammenleben. (Ich möchte betonen, dass ich nicht glücklich zusammenleben gesagt habe und auch nicht unglücklich, sondern nur zusammenleben - das kann schon genug sein.) Ich sehe dieses Phänomen wahrscheinlich als selbstverständlich an, aber es ist doch faszinierend angesichts der aktuellen weltweiten Diskussionen über Staatsbürgerschaft, Multikulturalismus, Einheit und Integration.

Was Vielfalt anbetrifft, ist Du Bois gut bekannt für seine Aussage, dass "das Problem des 20. Jahrhunderts das Problem der Farbtrennlinie ist". Ich wollte mir diese berühmte Aussage im Kontext ansehen. Sie findet sich in den ersten und letzten Sätzen des zweiten Kapitels seines Buches: The Souls of Black Folks, einem Kapitel, in dem er die zum Großteil fehlgeschlagene Mission des Freedmen's Bureau erörtert, einer Regierungsorganisation zur Unterstützung ehemaliger Sklaven. Ein Du Bois-Kenner erklärte: "Die Tragweite seiner Vorhersage kommt darin zum Ausdruck, dass er das Thema Rasse nicht zum ausschließlichen Problem des Jahrhunderts machte, noch trennte er das Rassenthema von den vielfältigen Problemen, die im 20. Jahrhundert auftraten. Seine Studien und Forschung verifizierten die interaktiven Beziehungen zwischen Rasse, Klasse und der vielschichtigen Anordnung sozialer Strukturen in der modernen Gesellschaft."

Die vielschichtige Anordnung der sozialen Struktur der modernen Gesellschaft … ist auch für aktuelle Studien und Forschungsvorhaben lehrreich. Was würde Du Bois über die heutige Welt sagen?

Das Problem des 21. Jahrhunderts ist - bitte die Lücke ausfüllen. Hass? Armut? Ignoranz? Intoleranz? Terrorismus? Du Bois ist nicht hier, aber seine Worte und sein Vermächtnis sind noch immer eine Inspiration für uns. Sein Erbe sitzt vielleicht hier in diesem Raum. Ich freue mich auf Ihre Anmerkungen.

Freiheit, Gemeinschaft und Eigeninitiative. Die Schlüsselwerte der Vereinigten Staaten, von denen unsere nationalen Interessen geleitet werden. Jemand sagte mir, dass alle Amerikaner damit rechneten, Millionär zu werden, und dass diese Erwartungshaltung, diese Möglichkeit und Hoffnung die Motivation für einige sehr ehrgeizige, entschlussfreudige und innovative Geschäftstätigkeiten sei. Wir scheinen uns auf einer ständigen Suche zu befinden - nach herausragenden Leistungen, Errungenschaften, Gelehrsamkeit und Glück.

Okay, vielleicht sind wir verliebt in die Idee des Amerikanischen Traums, aber viele unserer Großeltern sind mit nichts in die Vereinigten Staaten gekommen. Meine Mutter kam als Kind aus Schweden nach Amerika. Sie reiste mit vier Geschwistern und ihrer Mutter ein, die entschlossen war, wieder mit ihrem Ehemann und dem Vater der Kinder zusammenzusein, der schon früher ausgewandert war, um ein besseres Leben für sie zu schaffen. In den Vereinigten Staaten wurde er ein erfolgreicher Handwerker und Bauunternehmer.

Unsere Vorfahren - die aus vielen europäischen Länder kamen - arbeiteten hart und waren erfolgreich. Sie waren die originären Risikoträger. Sie ernährten ihre Familien, erzogen ihre Kinder und leisteten als Staatsbürger einen Beitrag für ihr neues Land. Und einige, die es nie für möglich gehalten hätten, erlebten dann, wie ihr Sohn ein Kongressabgeordneter der Vereinigten Staaten, ein Senator und ein Botschafter wurde. Das ist für Amerika nicht ungewöhnlich.

Es gibt natürlich einige, die den Amerikanischen Traum als unwahr abtun und stattdessen vom Amerikanischen Albtraum sprechen: Rassendiskriminierung, Anschuldigungen des Kulturimperialismus, das Schimpfen gegen den amerikanischen Kapitalismus, Globalisierung gleich Amerikanisierung, Behauptungen, das World Wide Web verschlinge die nationale kulturelle Identität und so weiter. Tatsächlich wären viele Entwicklungen der "Popkultur" mit oder ohne Amerika auch andernorts entstanden und haben eigentlich mehr mit Technologie und Marktkräften zu tun.

Wir sind nicht perfekt und können von Europa und anderen viel darüber lernen, wie man aufeinander und die Welt, die wir uns teilen, Acht gibt. Aber wir könnten alle von Informationen und Diskussionen über interkulturelle und transkulturelle Beziehungen sowie Rassenkonflikte und andere schwierige, besorgniserregende, aber aufschlussreiche Themen profitieren - und das ist ein weiterer Grund, warum ich mich so freue, heute hier zu sein. Ja, der 11. September hat die Welt auf eine Art und Weise verändert, die wir noch nicht verstehen können, aber wir wissen, dass unsere Beziehungen wie nie zuvor auf die Probe gestellt werden und stärker sein müssen als je zuvor. In gewisser, bedeutender Hinsicht verteidigen wir die Zivilisation selbst. Je mehr wir voneinander und der Welt wissen, desto besser wird es uns gehen.

Wie erreichen wir das? Auftritt der kulturellen Diplomatie. Es ist keine Zauberei oder ein Automatismus, und es ist nicht immer schön. Es ist eine Sache von Mensch zu Mensch, etwas Persönliches, es geht um Reden, Arbeiten, Verstehen, Wachsen.

Meines Erachtens ist meine Hauptaufgabe als Botschafter das, was einige "katalysieren von Resonanz" nennen. Was meine ich mit katalysieren von Resonanz? Ich meine, ich möchte helfen, ein Katalysator für die Art Resonanz zu sein, die es Gefühlen und Verstand ermöglichen, sich gegenseitig zu ergänzen und ein Umfeld für Zusammenarbeit und Kommunikation zu schaffen.

Soweit ich gehört habe, hatten wir erst letzte Woche ein gutes Beispiel hierfür - den deutsch-amerikanischen transatlantischen Dialog: Bürgerschaftliches Engagement in modernen Gesellschaften. Wir haben Experten privater und öffentlicher Organisationen aus beiden Ländern eingeladen, im Rahmen eines Programms miteinander zu sprechen und voneinander zu lernen, das Amerikanern und Deutschen bei ihrem gemeinsamen Streben behilflich ist, unsere Bürger und Gesellschaft zu stärken.

Dies ist eine Sache, die Marsha und mir sehr am Herzen liegt. Nach einer Missionsreise nach Huanta in Peru 1989 wurde Marsha Gründungsmitglied des Projekts Nehemia, im Rahmen dessen ein Waisenhaus und Suppenküchen für peruanische Kinder gebaut wurden, deren Eltern von der gewalttätigen Terrororganisation Leuchtender Pfad ermordet wurden. Nach meinem Ausscheiden aus dem Senat und bevor ich Botschafter wurde, war ich Präsident von Big Brothers and Big Sisters, einer Organisation, die 200.000 Kindern aus vaterlosen Familien eine Vertrauensperson zuwies, die für sie da ist, während sie erwachsen werden.

Wir sind der Meinung, dass die meisten Amerikaner erstens glauben, die Regierung habe eine bedeutende Pflicht und Rolle zu spielen, um anderen zu helfen, und zweitens, Privatbürger und Organisationen hätten ebenfalls eine bedeutende Pflicht und Rolle zu spielen, um anderen zu helfen. Dies gilt insbesondere, wenn es darum geht, gebrochenen und mit Problemen belasteten Menschen zu helfen.

Ich werde nie die Worte eines afroamerikanischen Priesters aus einer ländlichen Gegend in Georgia vergessen, der meinem Kongressausschuss vor vielen Jahren sagte, dass wir mehr als nur das Nötigste zur Verfügung stellen müssen, um die Probleme zu lösen, die er jeden Tag sieht - gewalttätige Jugendliche, Drogenmissbrauch, Teenagerschwangerschaften, zerrüttete Familienverhältnisse. Er sagte, die Regierung habe zwar ziemlich gute Arbeit geleistet, um Lebensmittel und Unterkünfte bereitzustellen, jedoch seien es die Gemeinde- (da ist dieses Wort wieder) und Freiwilligenorganisationen, die am effektivsten sind, wenn es um die Heilung von Geist und Seele ginge.

Unser Ziel ist natürlich, dass der öffentliche und private Sektor Hand in Hand arbeiten und sich auf die ganze Person konzentrieren - Körper, Verstand, Seele und Geist. Deshalb war ich so zufrieden, dass wir uns während dieser Konferenz verschiedene Modelle angesehen haben, die Menschen - sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene - wirklich helfen sollen.

Wir haben auch eine interessante Diskussion über die für dieses Publikum möglicherweise relevanten Definitionen geführt. Die Amerikaner sprechen von bürgerschaftlichem Engagement oder gemeinde- und glaubensorientierten Initiativen. Unsere deutschen Kollegen stellten fest, dass bürgerschaftliches Engagement hier eine bessere Resonanz finden würde, um die Bedeutung der Betätigung der Bürger für eine lebendige, funktionierende Gemeinde zu betonen. Beide Länder scheinen den Begriff des Ehrenamts zu kennen.

Man hat uns auch darüber aufgeklärt, wie die Zivilgesellschaft Eingang in die aktuelle Debatte über die Zukunft des Wohlfahrtsstaats fand - eine leidenschaftliche Diskussion, die sich nicht allzu sehr von den aktuellen Debatten über neue Modelle der Öffentlichkeitsarbeit zur Beseitigung von Armut in Washington unterscheidet.

Es gab bewegende Beispiele, wie bürgerschaftliches Engagement die Demokratie wirklich zum Leben erwecken kann. Wir hatten das Glück, dass Wolfgang Thierse, der Präsident des Bundestags, zu uns sprach. Er wies darauf hin, dass die basisdemokratische Umweltbewegung in Deutschland in den siebziger und achtziger Jahren und die osteuropäische Freiheitsbewegung auf dem gleichen Konzept der Bürgerinitiative beruhen. Ein weiterer Redner stellte fest, dass die Wiedervereinigung Deutschlands nicht ohne bürgerschaftliche Initiativen möglich gewesen wäre.

Es fand auch ein Austausch viel konkreterer Informationen statt. Es gab unterschiedliche Ansätze. Es gab eine wirkliche Übereinstimmung in Bezug auf Ziele und den Wunsch, voneinander zu lernen. Ich glaube, wir haben "ein gewisses Maß an Resonanz" erzielt, wie ich bereits erwähnte, so dass wir voneinander lernen und zusammenwachsen konnten. Ich freue mich auf unseren nächsten Gedankenaustausch.

Ich habe heute versucht, Ihnen ein bisschen von mir selbst zu erzählen, denn ich bin der Ansicht, dass dies für die Aufnahme eines Dialogs wichtig ist. Ich würde sehr gerne mehr über Sie wissen. Als amerikanischer Botschafter in Deutschland empfinde ich es als Ehre und Freude, die Gelegenheit zu haben, mit Ihnen über Amerika zu sprechen und in meinem Land etwas über Deutschland zu erzählen.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir in den Vereinigten Staaten unsere Werte niemandem aufzwingen möchten. Wir wünschen uns allerdings, dass alle Menschen frei von Unterdrückung leben und das Recht haben sich zu entscheiden, wie sie leben möchten, und wir werden unsere Werte energisch gegenüber denjenigen verteidigen, die sie uns verweigern wollen.

Ich arbeite auf eine Welt hin, die es den Menschen ermöglicht, freie Entscheidungen zu treffen. Ich möchte die Werte und Ideale fördern, die mir und meiner Familie gegeben wurden. Meines Erachtens besteht das größte Risiko darin, kein Risiko einzugehen.

Präsident Bush sagte vor dem Bundestag, um eine sicherere Welt zu schaffen, müssen wir eine bessere Welt schaffen. Die transatlantische kulturelle Diplomatie ist der Schlüssel zur Schaffung einer besseren Zukunft und einer besseren Menschheit. Ich begrüße jede Hilfe, Unterstützung und jeden Beitrag von Ihnen. Wir haben jetzt noch Zeit für Fragen und Anmerkungen.

Originaltext: American Cultural Diplomacy - A Transatlantic Perspective

 
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Aktualisiert: Juni 2003