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Ansprache Präsident Reagans beim Staatsbankett
am 5. Mai 1985, in Schloß Augustusburg

Herr Bundespräsident, Frau von Weizsäcker,
Herr Bundeskanzler, Frau Kohl,
verehrte Gäste.

Nancy und ich möchten Ihnen für Ihre warme und liebenswürdige Gastfreunschaft danken. Unser Besuch in der Bundesrepublik Deutschland war für uns ein wunderbares und bereicherndes Erlebnis, und ich darf sagen, daß der heutige Tag besonders bewegend war.

Den langen Weg, den wir alle seit dem Jahre 1945 zusammen gegangen sind, können wir nur dann in vollem Umfang begreifen, wenn wir uns der Anfänge erinnern. Als wir vor den Massengräbern von Bergen - Belsen standen, konnten wir nur ahnen, und wirklich nur ahnen, welches unermeßliche Leid so vielen unschuldigen Menschen widerfahren ist, und vor welchem Grauen die Verantwortlichen unseres Landes vor 40 Jahren standen. Durch den gemeinsamen Besuch mit Bundeskanzler Kohl in Bitburg konnten wir eher ermessen, welchen Preis das deutsche Volk für die Verbrechen des Dritten Reiches zahlen mußte.

Wie schon vor 40 Jahren muß heute der gleiche Gedanke unser Denken bestimmen: Niemals wieder.

Sie, Herr Bundespräsident, verkörpern die Werte, die zu schützen wir uns heute bemühen. Ihr beeindruckender Werdegang in Wirtschaft und Politik wie auch Ihr Einsatz im kirchlichen Leben sind beispielhaft. Immer wieder waren wir Amerikaner besonders beeindruckt von Ihrer Fähigkeit, dem Wesen der deutschen Nation Ausdruck zu verleihen. Sie haben Ihre Sorge um die geschichtliche Bürde Deutschlands in beredte Worte zu kleiden vermocht, und Ihre Botschaft der Hoffnung hat uns beflügelt. Mein Besuch in der großartigen Stadt Berlin im Jahre 1982 ist mir noch lebhaft in Erinnerung. Mit Ihrem Beitrag zur Wiederherstellung der Zuversicht und Hoffnung in der "Metropole der Demokratie" haben Sie der gesamten westlichen Welt einen Dienst erwiesen.

Die freundschaftllche Atmosphäre des heutigen Abends und der gute Wille, der uns entgegengebracht wurde, sind Ausdruck der tiefen und dauerhaften Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern, einer Zuneigung, der die Bitterkeit des Krieges schließlich weichen mußte. In seinem "Wilhelm Tell" sagt Schiller: "Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen."

Vor 40 Jahren blühte unsere Freundschaft aus den Ruinen. Heute bildet das Band, das uns verbindet, eine machtvolle Kraft zum Guten, die zum materiellen Wohlergehen unserer Völker beiträgt, uns hilft, den Frieden zu bewahren, und unsere Freiheit schützt. In diesem Jahr, in das so viele Gedenktage fallen, sollten wir nicht vergessen, sowohl den Beginn unserer Freundschaft als auch das Ende des Krieges zu feiern.

Sie, Herr Bundespräsident, und Bundeskanzler Kohl zählen zu den überzeugendsten Repräsentanten des Geistes der Bundesrepublik. Durch Sie durften wir die Wärme und Tiefe der deutsch-amerikanischen Solidarität erfahren.

Durch unsere Zusammenarbeit als Freunde und Verbündete haben wir mehr erreicht, als man sich je hätte träumen lassen. Europa lebt seit 40 Jahren in Frieden. Das ist kein Zufall.

Dieser Friede war das Ergebnis der Entscheidungen von Menschen, die sowohl die Umsicht besaßen zu erkennen, was notwendig war, als auch den Mut, entsprechend zu handeln. Herr Bundeskanzler, ich weiß und verstehe, wie schwierig es für Sie war, standhaft zu bleiben und nicht von der Entscheidung über die Modernisierung des nuklearen Abschreckungspotentials der NATO abzugehen. Durch unser Handeln auf diesem lebenswichtigen Gebiet haben wir nicht nur ein Gegengewicht zu der aus der massiven sowjetischen Aufrüstung der letzten zehn Jahre entstandenen Bedrohung geschaffen, sondern auch unseren Rüstungskontrollverhandlungen in Genf Substanz verliehen.

Was wir in Genf anstreben, ist ein Abkommen, das uns eine erhebliche Verminderung der Kernwaffenarsenale ermöglicht.

Wir leben schon zu lange unter dem Schatten der nuklearen Zerstörung. Die Vereinigten Staaten arbeiten jetzt an einem Forschungsprogramm, das einen Weg zur Verringerung der Gefahr der nuklearen Vernichtung weisen könnte.

Ich hoffe, daß die Bundesrepublik sich gemeinsam mit uns bemühen wird, Wege zur Stärkung der Abschreckung zu finden, die sich auf Verteidigung statt Vergeltung stützt, d.h., auf Waffensysteme, die zwar angreifende Raketen zerstören, aber keine Menschen bedrohen können. Es trifft sich ausgezeichnet, daß sich am heutigen Tage zum dreißigsten Male der Beitritt der Bundesrepublik zur NATO jährt. Wie bisher wird unser gemeinsames Bemühen auch weiterhin auf der Grundlage einer einfachen Tatsache stehen: Die NATO bedroht niemanden, am allerwenigsten den Frieden. Die NATO schützt den Frieden.

Es ist auch besonders angebracht, daß sich die politischen Führer der sieben großen demokratischen Industriestaaten gerade am Jahrestag der Beendigung eines verheerenden Weltkrieges hier in der Bundesrepublik zum Meinungsaustausch über Wirtschaftsfragen und Staatsangelegenheiten zusammengefunden haben. Als Repräsentanten, die vom Volk gewählt sind, um dessen Werte und Interessen zu vertreten, bringen wir durch unseren guten Willen und unsere gute Zusammenarbeit die höchsten Hoffnungen und Wünsche der freien Menschen dieser Erde zum Ausdruck.

Die Freiheit, derer sich unsere Völker in den vergangenen vierzig Jahren erfreut haben, hat die Tür zu einer Zukunft geöffnet, in der unseren Möglichkeiten nur durch unsere Vorstellungskraft Grenzen gesetzt sind. Die freien Völker der Welt, besonders aber die Menschen hier in der Bundesrepuhlik und in den Vereinigten Staaten, stehen gemeinsam an der Schwelle dieses neuen Zeitalters, einer Epoche der Raumstationen, der Überwindung von Krankheiten und sprunghafter Fortschritte im Lebensstanard der gesamten Menschheit.

Vor uns liegt vielleicht eine Zeit, in der die künstlichen Schranken, die Deutschland, ja ganz Europa teilen, verschwunden sein werden; eine Zeit, in der Waffen, Stacheldraht oder Berliner Mauern nicht mehr nötig sein werden. Dies sind keine Träume. Ich glaube aus ganzem Herzen, daß wir allen Anlaß zur Zuversicht haben. Die Zukunft ist auf der Seite der Freien. Wir, die Bundesrepublik und die Vereinigten Staaten haben das be-wiesen.

Mehr als 40 Jahre Freundschaft sind wahrhaft ein Grund zur Freude. Aber dennoch sollten wir den Blick auf die nächsten 40 Jahre richten, auf die Freiheit und den Frieden, derer sich unsere Kinder und Kindeskinder erfreuen werden, auf den grenzenlosen Fortschritt, den sie erreichen werden, und auf die Freundschaft zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten, die ihnen ebenso zugute kommen wird wie schon uns. So möchte ich denn einen Toast ausbringen auf die vielen Freunde, die heute abend hier versammelt sind, und vor allem auf unsere gemeinsame Zukunft. Auf den Herrn Bundespräsidenten. Auf Deutschland, auf Amerika und auf die Freiheit in ganz Europa.


(Amerika Dienst. Sonderausgabe. 7. Mai, 1985)

 
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Aktualisiert: August 2001