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Eine menschliche Dimension für die transatlantischen Beziehungen

Eine menschliche Dimension für die transatlantischen Beziehungen
Rede von Botschafter John C. Kornblum am 2. November in Stuttgart beim Transatlantik-Forum
2. November 1998


Vielen Dank für die Einladung, diese Vortragsreihe zu eröffnen. Es ist mir eine Ehre, der Erste in einer neuen Tradition der Atlantik-Brücke zu sein.

Diese Veranstaltung heute Abend ist in vieler Hinsicht ein Symbol unserer Zeit. Ich halte hier eine Rede als Vertreter einer Regierung unter der Schirmherrschaft einer Privatorganisation - der Atlantik-Brücke. Wir sind eine internationale Versammlung. Und wir werden sehr großzügig von der Bosch GmbH, insbesondere dem Vorsitzenden ihres Aufsichtsrats, Dr. Marcus Bierich, unterstützt. Vor allem möchte ich den Mitgliedern und Freunden der Atlantik-Brücke meinen Dank aussprechen, die so viel unternehmen, um unsere Gemeinschaft gesund zu erhalten.

Diese Elemente - ein von einer Nichtregierungsorganisation und der Industrie mit der Beteiligung der Regierung unterstützter internationaler Dialog - werden zunehmend zum Rezept für Erfolg in unserer transatlantischen Welt.

Ein neues Zeitalter

Wie Sie wissen, haben sich in letzter Zeit weltweit viele interessante Dinge ereignet. Das globale Finanzsystem ist in eine Zeit der Instabilität eingetreten. Es gibt ständige Konflikte auf dem Balkan. Rußland steht kurz vor dem Bankrott. Im Nahen Osten gibt es neue Hoffnung für den Frieden. Und ich habe gehört, daß Deutschland eine neue Regierung hat.

Angesichts all dieser Neuigkeiten ist die Versuchung groß, Ihnen eine Liste der bevorzugten amerikanischen Antworten auf aktuelle Fragen vorzulegen. Aber die Dinge ändern sich so schnell, daß man nie sicher sein kann, ob meine Empfehlungen noch gelten, wenn wir zu Hause ankommen.

Aus diesem Grund möchte ich heute Abend einen umfassenderen Ansatz wählen. Ich möchte über einige der interessanten neuen Charakteristika des Zeitalters sprechen, in das wir eingetreten sind. Insbesondere möchte ich die menschliche Dimension internationaler Angelegenheiten in den kommenden Jahrzehnten ansprechen.

Zuerst eine Definition. Was meinen wir mit menschlicher Dimension? Ich habe keine einfache Kategorie. Sie beinhaltet natürlich die Menschenrechte. Wir müssen auch dem internationalen humanitären Gesetz zunehmende Aufmerksamkeit widmen - wie der Einzelne von seiner Regierung in Zeiten des Friedens und in Zeiten des Konflikts behandelt wird. Meine Definition der menschlichen Dimension konzentriert sich jedoch auch auf den demokratischen Konsens und die Außenpolitik.

Mit anderen Worten: Wie stellen wir sicher, daß internationales Verhalten denselben demokratischen Erwägungen unterworfen ist wie die Innenpolitik? Und noch wichtiger ist: Wie stellen wir sicher, daß unsere Bürger sich eine informierte Meinung über die zahlreichen verwirrenden Themen bilden können, mit denen sie tagtäglich konfrontiert werden?

In der Vergangenheit wäre die Antwort einfach gewesen. Diplomaten und Politiker hätten einen politischen Ansatz entwickelt - beispielsweise bei Rüstungskontrolle oder Handelspolitik. Sie hätten ihn der Öffentlichkeit vorgelegt, um Unterstützung zu erhalten. Und sie hätten ihn umgesetzt - egal was geschehen wäre. Heute wird es immer schwieriger für die Nationen, ohne Intervention ihrer Gesellschaften am Anfang anstatt am Ende des Prozesses miteinander umzugehen. Die Außenpolitik hat den Elfenbeinturm verlassen.

Einige Beispiele:
Seit dem Ende des Kalten Krieges wird die Welt mit zahlreichen Konflikten belastet. Europa wird diese Belastung nicht erspart. Wie gehen wir mit solchen blutigen Konflikten um, insbesondere wenn sie innerhalb eines Landes stattfinden? Namen wie Bosnien, Kosovo, Ruanda oder Osttimor definieren schnell die Größenordnung des Problems.
Das Informationszeitalter bringt zahllose neue Chancen für den Austausch von Nachrichten, die Geschäftstätigkeit und die Verbreitung von Ideen hervor. Wie sollten wir mit Problemen wie Regulierung, Besteuerung und Sicherheit umgehen? Wer - wenn überhaupt - sollte die neuen Instrumente wie das Internet kontrollieren?

Wissenschaft und Technologie tragen neue Früchte. Die Biotechnologie, Telekommunikation und Genforschung verändern unser Leben. Wer entscheidet, ob Tiere geklont werden oder ob gentechnisch veränderte Pflanzen dazu dienen sollen, die hungernden Menschen auf der Welt zu ernähren?

Die Bevölkerung der westlichen Welt lebt länger und wird immer älter. Renten- und Gesundheitssysteme sehen sich dramatischen neuen Belastungen gegenüber. Einwanderung ist zu einem immer wichtigeren Faktor im Leben aller Länder geworden. Welche Auswirkungen hat das?

Jede dieser Fragen hat Auswirkungen, die über nationale Grenzen hinausgehen. Sie werden durch die Tatsache verbunden, daß Regierungen nur über begrenzte Fähigkeiten zu ihrer Beeinflussung verfügen. Die klassische Diplomatie und militärische Verteidigung sind nicht die entscheidenden Faktoren. Wenn wir über die Beziehungen zwischen Völkern sprechen, befassen wir uns zunehmend mit Fragen von entscheidender sozialer und technologischer Bedeutung. Wir sprechen über Kultur und die Hoffnungen und Ängste von Generationen. Der Entscheidungsprozeß muß an der Basis beginnen.

Diplomatie und Verteidigung sind immer noch wichtige Instrumente. Aber offizielle Verträge und Bündnisse definieren nicht länger die für unsere Gesellschaften wichtigsten Fragen. Gruppen aus dem Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden für die Beziehungen zwischen den Völkern immer wichtiger. Die für die Bewältigung dieser Fragen erforderlichen Begabungen sind nicht mehr nur in der Regierung zu finden. Und vor allem kann die Definition der Probleme nicht länger den Planungsstäben von Regierungen überlassen werden. Die Grundbedürfnisse unserer Bevölkerungen sind zunehmend Gegenstand der Beziehungen zwischen Nationen und Völkern. Das meine ich, wenn ich über die menschliche Dimension der transatlantischen Beziehungen spreche.

Diese Betrachtungsweise ist vielleicht besonders amerikanisch. Es gibt viele Menschen in Europa, auch in Deutschland, die diese These vielleicht nicht so teilen würden. Beispielsweise ist ein gemeinsames Vorgehen der Europäer oft von Konsens in den Ausschüssen der EU abhängig. Wir führen eine interessante Debatte über den Atlantik hinweg, wie man gerade die Sicherheit und den Wohlstand unserer Gesellschaften unter diesen neuen Bedingungen gewährleistet. Die Europäer scheinen immer noch größeres Gewicht auf die Rolle der Regierung und den formalen Konsens anstatt einen pragmatischen, lösungsorientierten Ansatz zu legen.

Über dieses Thema muß ein ständiger Dialog gepflegt werden. Aus diesem Grund möchte ich die heutige Veranstaltung dazu nutzen, einen persönlichen Beitrag zu unseren Bestrebungen zur Definition eines neuen Rahmens für unsere gegenseitigen Beziehungen zu machen. Wenn wir die von mir eben erwähnten Probleme erfolgreich angehen wollen, müssen wir Verständnis für die Beziehungen zwischen sogenannten internationalen Fragen und den grundlegenden menschlichen Interessen unserer Völker wecken.

Die Ermutigung der Beteiligung der Öffentlichkeit

Langfristig wird "Außenpolitik" im traditionellen Sinne nicht mehr die Unterstützung unserer Bevölkerungen und Parlamente genießen, wenn sie nicht relevanter für deren Anliegen wird. Außenministerin Albright unterstrich diese Tatsache bei ihrem Amtsantritt. Sie bezeichnete die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Außenpolitik als eines ihrer obersten Ziele.

Das gilt insbesondere für die transatlantischen Beziehungen. Während der Kalte Krieg immer mehr Geschichte wird, mache ich mir Sorgen über die fortgesetzte Konzentration unserer Diskussionen auf Fragen der Vergangenheit. Wir sprechen immer noch über den Aufbau von Verständnis zwischen offiziellen Institutionen zu einer Zeit, in der die Gesellschaften schon viel weiter sind. Wir sprechen über den Erhalt von Kontakten zwischen Europa und Amerika, als ob wir eine Wahl hätten. Wir debattieren weiterhin über verschiedene Ansätze gegenüber Drittländern in der Diplomatensprache des 19. Jahrhunderts, anstatt die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf unsere Völker zu prüfen. Wir bauen weiterhin diplomatische Strukturen, die genau die Menschen ausschließen, die drängende Problem angehen könnten.

Das heißt nicht, daß Dialog nicht wesentlich wäre. Tatsächlich ist er noch wichtiger als vor zehn Jahren. Das heißt auch nicht, daß es keine Unterschiede in Bezug auf Geschichte, Größe und Bewußtsein von Nationen und Völkern gibt. Aber die Linien, die diese Unterschiede markieren, verlaufen nur sehr selten durch den Atlantik hindurch. Die Unterschiede im Ansatz der europäischen Nationen sind genauso groß wie die zwischen Amerika und Europa. Mit anderen Worten: Wir haben die sogenannten "auswärtigen Beziehungen" bereits hinter uns gelassen. Wir sind auf eine Art "atlantische Innenpolitik" übergegangen, bei der spezifische soziale und wirtschaftliche Fragen oft offizielle Grenzen und nationale Politik überschreiten.

Privatinitiativen sind jetzt der Motor der Beziehungen zwischen einzelnen Völkern. Sie halten die atlantische Gemeinschaft zusammen. Das heißt, die freie Bahn der Kräfte und Ideen. Das heißt auch, eine Mischung aus Regierungs- und Privatinitiativen. Diese neue Synthese bietet die einzige Möglichkeit, zukünftigen Entwicklungen gerecht zu werden.

Das gilt nicht nur für das Ende des Kalten Krieges, sondern auch für die geradezu revolutionären Entwicklungen in Wirtschaft und Technologie, die weltweiten Kapitaltransfers, vielerlei moderne Einflüsse, die explosionsartige Entwicklung der Kommunikation und natürlich die rasche Unabhängigkeit so vieler neuer Staaten und den Beitritt von zahlreichen Staaten, Regionen und Völkern mit unterschiedlichen Interessen und Zielen zur internationalen Staatengemeinschaft. Wir erleben die weltweite Öffnung.

Hier in Stuttgart sehen wir Beispiele der Art und Weise, in der man in Zukunft die Dinge tun wird. Amerikanische Firmen wie IBM und Hewlett Packard sind Teil eines riesigen und wachsenden Spektrums von Firmen mit eher globaler als regionaler Orientierung. Daimler-Chrysler ist ein Symbol einer neuen Ära. Der Holzbrinck-Verlag demonstriert, daß kulturelle Differenzen kein Hindernis für globale Reichweite sind.

Wir beobachten zunehmend, wie industrielle und wirtschaftliche Inhalte an die Stelle der Politik treten. Beispielsweise debattieren Politiker zwar über die Identität Deutschlands nach dem Ende des Kalten Krieges, der Privatsektor befaßt sich jedoch zunehmend auf eine Weise mit Vertrauen und Verantwortung, die wir alle bewundern sollten.

Die Atlantik-Brücke hat letzten Monat ein ausgezeichnetes Beispiel für diese neue Art von Dialog gegeben. Sie unterstützte eine Reise von Regierungsmitgliedern, Vertretern der Wirtschaft und des Bundestags in die Gebiete der Vereinigten Staaten, die für deutsche Investitionen am wichtigsten sind. Sie befaßten sich auf der Grundlage gemeinsamer Interessen mit gemeinsamen Belangen. Das ist atlantische Innenpolitik von ihrer besten Seite.

Öffentlich-private Partnerschaften rufen bei den Menschen ein Gefühl des empowerment hervor. Sie bewirken das Gefühl, man sei nicht nur ein passiver Empfänger der Außen- oder Sicherheitspolitik oder ein Objekt der internationalen Politik, sondern vielmehr Teil dieses Prozesses, Politik zu machen. Und für die Zukunft Europas kann ich nicht oft genug und stark genug unterstreichen, wie wichtig dieses Gefühl von empowerment sein wird.

Die jüngere Geschichte unterstreicht das. Wenn man wie ich einige Jahre in Bosnien war, sieht man leider, wie stark und wie zerstörend das Gefühl sein kann, ein Opfer zu sein. Victimization nennen wir das auf Englisch. Dieses Gefühl, daß man machtlos ist, daß man seine eigene Zukunft nicht bestimmen kann, ist leider im Moment eines der stärksten Gefühle in gewissen Teilen der Welt.

Wenn wir in Zukunft eine stabile Gemeinschaft über den Atlantik und auch über Europa hinweg aufbauen wollen, dann müssen wir dieses Gefühl von empowerment ausweiten. Nicht nur Amerika oder Deutschland oder England oder Frankreich sollten das Gefühl verantwortlicher Beteiligung bekommen. Auch Menschen, Einzelpersonen in Teilen der Welt wie dem Balkan oder dem Kaukasus oder Zentralasien können ihre derzeitigen Konflikte lösen, wenn sie daran glauben, daß sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und konstruktiv etwas an ihrer Zukunft tun können.

Das mag abstrakt klingen, aber dieses Verantwortungsgefühl ist mit uns umgebenden greifbaren Dingen verbunden. Die wiederholten Forderungen nach einer "gleichberechtigteren" atlantischen Partnerschaft zeigen, daß dieses Problem auch unter engen Verbündeten existiert.

Hier in Deutschland passen sich die Vereinigten Staaten an diese neue Situation an. Wir sprechen selten über den Aufbau "guter Beziehungen" zu Deutschland. Sie existieren bereits. Mißverständnisse entstehen, wenn "Freundschaft" keine Ergebnisse zu zeitigen scheint. Unser Ziel ist die Aufstellung einer gemeinsamen Agenda, bei der sich jede Seite für den Schutz der gemeinsamen Interessen verantwortlich fühlt. Unsere Botschaft wird neu strukturiert, unsere Methoden werden modernisiert.

Vor allem unternehmen wir Bestrebungen zur Entwicklung gemeinsamer Visionen und gegenseitiger Lösungen. Eine Institution, die in den letzten 50 Jahren eine sehr wichtige, nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat, sind die Amerika Häuser. Amerikanische Kulturzentren haben für die Entwicklung im Nachkriegsdeutschland eine maßgebliche Rolle gespielt. Aber in der modernen Zeit ist es nicht mehr sinnvoll, daß Amerika Häuser über die amerikanische Kultur informieren. Es ist nicht mehr notwendig, einem vom Krieg zerrütteten Deutschland modernes Leben und Demokratie beizubringen.

Was wir brauchen, sind Kommunikationszentren, in denen Deutschland und Amerika Begegnungen organisieren können. Kommunikationszentren, in denen neue Ideen ausprobiert werden und Deutsche und Amerikaner das Gefühl haben, daß sie etwas Gemeinsames aufbauen. Das ist der Nutzen der Zusammenkunft heute Abend. Das Byrnes Center in Stuttgart war eines der ersten Beispiele für dieses neue Modell. Amerika Häuser werden in deutsch-amerikanische Zentren umorganisiert.

Ich brauche nicht zu verhehlen, daß das natürlich bedeutet, daß es nicht mehr so viele direkte amerikanische Regierungsgelder geben wird. Wir werden sehen, ob diese Institutionen auf der Basis von Privatinitiativen eine neue Rolle finden oder nicht.

Amerikaner sind der Auffassung, daß die bloße Tatsache des Beitrags zu einer solchen Institution ein Gefühl der Identität mit ihr aufbaut. Ich freue mich, sagen zu können, daß dem Erfolg in Stuttgart ähnliche positive Erfahrungen in München und Hamburg gefolgt sind. Ich möchte alle hier Anwesenden auffordern, sich an der Arbeit dieser neuen Institutionen zu beteiligen.

Initiativen wie das Transatlantik-Forum heute Abend sind ein perfektes Beispiel für diese neue Art von Dialog. Sie tragen dazu bei, eine Grundlage für das Engagement von Einzelpersonen für die wichtigsten transatlantischen Themen zu schaffen. Und wenn der Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen zu-sammenarbeiten, passiert zweierlei: Menschen setzen sich persönlich für die Ergebnisse ein. Im Verlauf des Prozesses engagieren sie sich effektiv für den Aufbau einer bestimmten Art von Gesellschaft, sei es innerhalb ihrer Länder oder untereinander.

Dieser Punkt verdient besondere Beachtung. Er bietet eine Gelegenheit, die Chancen für Privatinitiativen und Kommunikationszentren zu prüfen. Sie können Ihre Kräfte bündeln, um Regierungen zu ermutigen, bestimmte Themen schneller zu bearbeiten oder ihnen überhaupt erst einmal Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Aufbau einer neuen Friedensdisziplin

Die Beteiligung an einem solchen Dialog unterstützt eines der wichtigsten Ziele dieses neuen Zeitalters. Es ist die Erweiterung der Wertegemeinschaft, die die transatlantische Welt das letzte halbe Jahrhundert zusammengehalten hat. Auf lange Sicht ist die Entwicklung dieser Art von empowerment der einzige Weg, um die Grundlage für einen dauerhaften Weltfrieden zu schaffen.

Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist der Irak. Wir erleben einen sich wiederholenden Konflikt mit einem Land, das moderne demokratische Werte nicht akzeptieren möchte. Der Irak besitzt die Fähigkeit, Teile des Nahen Ostens bis hin zur Türkei oder sogar Griechenland mit chemischen und biologischen Waffen zu bedrohen. Anfang dieses Jahres gab es eine Konfrontation, und es gab in der westlichen Welt auch eine sehr heftige Diskussion, ob so genannte diplomatische Mittel die einzig verfügbaren waren.

Die Vereinigten Staaten sprachen sich für eine Kombination diplomatischer und militärischer Mittel aus. Wir haben beträchtliche militärische Anstrengungen dafür unternommen. Bedauerlicherweise schienen viele unserer Verbündeten über den möglichen Einsatz von Gewalt besorgter zu sein als über die durch die Krise entstandene Gefahr. Unsere Bestrebungen, Frieden herbeizuführen, wurden durch unsere Unfähigkeit geschwächt, unsere Ziele klar zu definieren.

Vor allem in so komplexen Krisen wie dieser ist es für den normalen Bürger wichtig, in der Lage zu sein, Vorgänge zu verstehen und sich eine Meinung zu bilden. Wenn wir unsere Bestrebungen nicht mit mündigen Bürgern durchführen, die ein Gefühl für Werte haben, werden unsere Maßnahmen auf bloße Bemühungen zur Vermeidung von Konflikten reduziert.

Um erfolgreich mit einem Saddam Hussein oder einem Slobodan Milosevic umzugehen, müssen wir wissen, wer wir sind und für was wir eintreten. Werte sind kompliziert und häufig schwer zu definieren. Nur mit konstanter Überprüfung durch demokratische Völker und den Dialog unter ihnen können wir uns über den vor uns liegenden Weg sicher sein.

Aber während wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel erwägen, sind wir mit einer Dichotomie konfrontiert. Einerseits haben unsere Nationen mehr Chancen zum Aufbau dieser demokratischen Verfassung für die Welt - eines demokratischen Friedens - als zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte. Andererseits scheint es, daß die neuen zahlreichen Herausforderungen oft nicht zu bewältigen und manchmal sogar nicht zu definieren sind.

Die Bedeutung von Versammlungen wie dieser wird noch offensichtlicher, wenn man die Vielfalt der uns konfrontierenden Fragen hört:

Wie gehen wir mit Konflikten oder den humanitären Konsequenzen von Krieg und Konfrontation um?
Welche Rolle haben die Konzepte von nationaler Souveränität oder militärischer Sicherheit, wenn nationale Grenzen immer mehr an Bedeutung verlieren?

Wie legitim ist die Verteidigung der nationalen Kultur oder Religion als Ursache für militärische Aktionen? Was sind die neuen Methoden für den Umgang mit internationalen Konflikten?

Zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges müssen wir mit der Definition der Standards beginnen, die uns bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen behilflich sein können. Wenn es uns mit dem Aufbau einer demokratischen Basis für Frieden auf der Welt ernst ist, müssen wir sicherstellen, daß die Prinzipien der Demokratie gut verstanden werden. Wir müssen Leitlinien definieren, die einem mündigen internationalen Bürger behilflich sind, ebenso wie unsere Gesetze und Verfassungen uns bei informierten Entscheidungen zur Unterstützung der Demokratie im Inland behilflich sind.

Es gibt keine einfachen Antworten auf diese Herausforderungen. Wir sind am Beginn einer neuen Friedensdisziplin, die die Instrumente der traditionellen Diplomatie mit Standards von Demokratie und freien Marktwirtschaften kombiniert.

Eine solche Schlußfolgerung mag unrealistisch klingen. Humanitäre Anliegen wurden gewöhnlich in den Bereich der Gesundheitsfürsorge oder Katastrophenhilfe verwiesen. Aber seit einiger Zeit ändern sich die Einstellungen. Vor 25 Jahren, als die Schlußakte von Helsinki unterzeichnet wurde, weigerten sich viele Länder, Menschenrechte als legitimes Thema der internationalen Beziehungen anzuerkennen.

Jetzt steht die Frage der Werte häufig im Zentrum unserer Sicherheitspolitik. Das ist eine sachliche, realistische Art, Sicherheitsherausforderungen anzugehen. Wie können wir beispielsweise ohne eine Reihe von Standards entscheiden, wie wir auf eine Krise wie die im Kosovo reagieren sollen? Serbische Militäraktionen sind zur Verteidigung der nationalen Souveränität, der Menschen- und kulturellen Rechte der serbischen Einwohner gerechtfertigt. Unsere Werte sagen uns, daß Ziele, die durch Gewalt erlangt werden müssen, den Test unserer Menschenrechte nicht bestehen.

Das ist nicht nur eine abstrakte Erwägung. Erinnern Sie sich an die Debatte, ob der Einsatz von Gewalt durch die NATO auch ohne ein UN-Mandat rechtmäßig ist. Wenn einige Länder ein solches Mandat verweigern möchten, müssen wir entscheiden, welches der moralische Kurs ist, zuzulassen, daß rechtliche Strategien uns blockieren, oder unsere Stärke und Einheit zur Vermeidung einer humanitären Tragödie zu nutzen? Letztlich hat die NATO die richtige Entscheidung getroffen, aber die Debatte wird andauern. Ich bin sicher, am Ende gelangen wir zu der Schlußfolgerung, daß Freiheit nicht teilbar ist.

Eine Agenda für die Zukunft

Das Verständnis der neuen Dynamik der atlantischen und internationalen Beziehungen ist nur der erste Schritt. Die Analyse der Veränderungen muß in eine Agenda für Aktionen umgesetzt werden. Herkömmliche Arten, Geschäfte zu tätigen, müssen sorgfältig auf ihre Bedeutung für neue Betrachtungsweisen überprüft werden. Vor allem wird es wichtig sein zu entscheiden, welche Faktoren für die Zukunft wirklich von Bedeutung sind.

Was die deutsch-amerikanischen Beziehungen anbetrifft, müssen wir hart arbeiten, um neue Mittel zur Definition der Gesundheit unserer Partnerschaft zu finden. Häufig sind wir noch immer mit Konzepten der Vergangenheit belastet. Die Deutschen fragen, ob die Vereinigten Staaten Deutschland und Europa noch als wichtig erachten, oder ob unser Interesse jetzt Asien gilt.

Die Amerikaner wiederum fragen sich, ob Deutschland die Vergangenheit ablegt und dem Einfluß gerecht wird, den es gewonnen hat.

Jedes dieser Beispiele wirft die falsche Frage auf. Seit langem fragen wir uns nicht mehr, ob wir füreinander Bedeutung haben oder nicht. Unsere Interessen sind so eng miteinander verbunden, daß wir nie daran zweifeln, ob wir Teil der gleichen Gemeinschaft sind.

In den kommenden Jahren werden wir den Wert unserer Gemeinschaft durch ihre Ergebnisse beweisen. Insbesondere durch ihre Fähigkeit, die durch den demokratischen Prozeß definierten Bedürfnisse unserer Bürger zu erfüllen. Das sind wiederum die humanitären Anliegen der Außenpolitik. Ebenso wie die großen Konfrontationen des 20. Jahrhunderts Geschichte geworden sind, wird die Stärke der atlantischen Partnerschaft durch ihre Erfolge bei der Bewältigung der Herausforderungen für den Frieden und das Wohlergehen unserer Bürger bestimmt.

Und ebenso wird die so häufig auf beiden Seiten des Atlantiks gestellte Frage der sogenannten "gleichberechtigten Partnerschaft" durch Taten bestimmt, nicht durch Worte. Noch so viele Erklärungen werden kein gemeinsames Verantwortungsgefühl hervorbringen, wenn wir nicht bei der Bewältigung von Herausforderungen wie den durch das neue Informationszeitalter, die Biotechnologie oder die Krise im Kosovo entstandenen Erfolg haben.

Wir müssen unsere Fähigkeit für den Umgang miteinander auf der Grundlage eines offenen Gebens und Nehmens verbessern, das unsere Diskussionen im Inland charakterisiert. Die Annahme eines solchen offenen Dialogs macht das Wesen der atlantischen Innenpolitik aus.

Aber während sich unser Dialog verbessert, müssen wir auch lernen, seinen Inhalt zu erweitern. Die US-Mission in Deutschland versucht, dies durch die Definition einer Tagesordnung wichtiger Themen zu tun, mit denen wir uns gemeinsam befassen können. Dazu zählen Themen, die traditionell internen

Charakter haben wie die Gesundheitsfürsorge, berufliche Ausbildung oder die Rentenreform. Sie beinhaltet aber auch Themen wie die globale Erwärmung, Telekommunikation, und sogar den Eisenbahnverkehr.

Die herkömmlich Art, Geschäfte zu erledigen, wäre, offizielle Regierungspositionen in die Form diplomatischer Demarchen zu kleiden. Aber in vielen Fällen gibt es keine offiziellen Positionen. Statt dessen besteht die große Notwendigkeit auf beiden Seiten des Atlantiks, zu verstehen und zu verdauen. Dabei spielen unsere umgestalteten Informationszentren eine Rolle. Die New Traditions-Konferenz und das daraus hervorgegangene New Traditions Network in Berlin sind von zentraler Bedeutung für unsere Bestrebungen.

Mit anderen Worten ist unser Ziel nicht der Aufbau transatlantischer Beziehungen, sondern die Verbesserung unserer Mittel, Geschäfte in dem bestehenden Rahmen zu tätigen. Wenn wir uns auf die Arbeit statt auf die Strukturen konzentrieren, können wir nicht scheitern. Die Menschen für einen gemeinsamen Zweck zusammenzubringen, ist die wirkliche Substanz einer menschlichen Dimension für die transatlantischen Beziehungen.

 
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Aktualisiert: August 2001