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Die Wahlen in den Vereinigten Staaten und die transatlantischen Beziehungen
Botschafter Daniel R. Coats

Augsburg, 18. Dezember 2004

 

English

Es ist mir eine Freude, wieder in Augsburg zu sein. Ihre Stadt ist nicht nur eine der ältesten in Deutschland - sondern auch eine der schönsten und geschichtsträchtigsten. Eine zweitausendjährige Geschichte hat Ihre Stadt geprägt, aber Augsburg hat auch bedeutende Beiträge zur Geschichte Europas geleistet. Am besten ist Augsburg für seine Toleranz bekannt. Der Religionsfriede von 1555 war der erste Gesellschaftsvertrag der Moderne, in dem zwei gegnerische Religionsgruppen das Recht anerkannten, unterschiedliche religiöse Meinungen zu vertreten.

Augsburg war auch lange ein Zuhause für viele Mitglieder des amerikanischen Militärs und ihre Familien. Der Stützpunkt in Augsburg wurde geschlossen, aber ich weiß, dass viele der entstandenen Beziehungen weiter bestehen. Seit 1945 haben insgesamt mehr als 15 Millionen Amerikaner in Deutschland gelebt und gearbeitet. Die zwischen unseren Militärs und den deutschen Bürgern geknüpften Beziehungen waren wichtig und erwiesen sich als fortdauernd.

Demnächst wird Präsident Bush in den Vereinigten Staaten in seine zweite Amtszeit eingeführt. Die Europäische Union hat eine neue Kommission. Wir können nichts gewinnen, indem wir die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und Teilen Europas über den Irak beschönigen, aber diese Differenzen sollten uns nicht davon abhalten, die vor uns liegenden Aufgaben in Angriff zu nehmen. Nach den Spannungen der letzten zwei Jahre ist jetzt ein guter Zeitpunkt für Neuanfänge, die Suche nach Gemeinsamkeiten und den Blick nach vorne.

Wahlen 2004

Heute, nur einige Wochen nach den ersten Wahlen nach dem 11. September 2001, sehen wir, dass die Terrorangriffe auf das World Trade Center und das Pentagon die politische Tagesordnung und die Politik der amerikanischen Regierung verändert haben.

Gemäß der Meinungsumfragen vor der Wahl 2004 ordneten 90 Prozent aller Amerikaner "Maßnahmen zum Schutz der Vereinigten Staaten vor Terrorangriffen" als oberste Priorität ein. Es ist demnach nicht erstaunlich, dass die Wahlen 2004 ein außergewöhnliches Interesse an Themen in Zusammenhang mit Sicherheit und der amerikanischen Außenpolitik nach dem 11. September hervorgerufen haben. Die Wahlbeteiligung war enorm – sogar in Staaten, wo das Ergebnis praktisch feststand. 120 Millionen Menschen wählten Kandidaten für eine Reihe von Ämtern, vom Präsidenten der Vereinigten Staaten bis hin zu Kommunalämtern. Die Wahlbeteiligung ist im Vergleich zu 2000 um 15 Millionen gestiegen.

Trotz nahezu universeller Vorraussagen eines Kopf-an-Kopf-Rennens bis zum Schluss (wie im Jahr 2000 in Florida) gewann Bush mit einer weitaus größeren Anzahl an Wahlmänner- und direkt abgegebenen Stimmen als vorhergesagt. Er ist seit seinem Vater 1988 der erste Präsidentschaftskandidat, der mehr als 50 Prozent der direkt abgegebenen Stimmen erhielt. Es ist wichtig festzustellen, dass die Partei des Präsidenten auch Sitze in beiden Häusern des Kongresses gewinnen konnte. Er kann also an der Agenda seiner zweiten Amtszeit mit eine größeren Mehrheit arbeiten.

Nach der Wahl war die Meinungsumfrage, die die meiste Aufmerksamkeit erregte, die mit der Frage: "Welches Thema war für Ihre Entscheidung bei der Wahl des Präsidenten am wichtigsten?" Der am meisten erwähnte Punkt auf der Liste mit sieben den Befragten angebotenen Auswahlmöglichkeiten war mit 22 Prozent der Punkt "moralische Werte".

Die Definition von grundlegenden Werten und die Vermittlung des persönlichen Glaubens und der religiösen Überzeugungen eines Kandidaten sind in der amerikanischen Politik offensichtlich wichtig. Im Lauf der Geschichte haben Wähler dies als wichtigen Maßstab für die Bewertung des Charakters der Kandidaten gewertet.

Viele Europäer empfinden die Verbindungen zwischen Religion und Politik in den Vereinigten Staaten als verwirrend und auf gewisse Weise als beunruhigend. Einer der Gastredner bei den Veranstaltungen der Amerikanischen Botschaft in Berlin zum Wahltag war Alan Wolfe, ein Professor am Boston College, der ein Sabbatjahr hier in Deutschland verbringt. Er stellte fest, dass die Europäer, die im Allgemeinen eine sehr säkulare Auffassung von Politik haben und die Geschehnisse auf der Welt eher in Nuancen und Toleranzbereiche als in Gut und Böse aufteilen, sich wohler fühlen, wenn die Religion eine geringfügigere Rolle im öffentlichen Leben spielt. Sie erinnern sich an die Kapitel der europäischen Geschichte, die von religiösen Konflikten und Auseinandersetzungen geprägt waren und verstehen nicht, warum die Vereinigten Staaten einen Kurs einschlagen wollen, der womöglich die gleichen Konsequenzen haben könnte. Vor fast fünfhundert Jahren spielte Augsburg selbst eine wichtige Rolle im dramatischen Verlauf der protestantischen Reformation.

Viele Amerikaner verstehen wiederum die augenscheinliche Ambivalenz europäischer Politiker bezüglich des religiösen Glaubens und der Bedeutung der Religionsfreiheit nicht. Manche Amerikaner empfinden die säkularen Gesellschaften in Europa als moralisch suspekt; sie denken, diese Gesellschaften seien weder in ihrem eigenen Land noch im Ausland in der Lage, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. Die Mehrheit der Amerikaner sieht keinen Widerspruch zwischen religiösem Glauben und Überzeugungen und religiöser Vielfalt. Es ist eine einflussreiche geschichtliche Tatsache für Amerikaner, dass viele unserer frühesten Siedler nach Amerika kamen, um ihren Glauben uneingeschränkt ausüben zu können. Wir glauben, dass dieses Versprechen des Lebens in Amerika nur gehalten werden kann, wenn sowohl religiös als auch säkular geprägte Amerikaner ihren jeweiligen religiösen Standpunkten gegenüber Respekt und Toleranz zeigen. Die Diskussion über Wert- und Moralvorstellungen sowie Patriotismus, die in der deutschen Politik in den letzten Wochen geführt wird, finde ich in diesem Zusammenhang besonders interessant.

Der Übergang – die vor uns liegenden Herausforderungen

Präsident Bushs Bericht zur Lage der Nation im Januar wird uns einen umfassenderen Einblick in die Agenda der zweiten Amtszeit Präsident Bushs gewähren. Aber bezüglich der Ausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik haben wir bereits einige Erkenntnisse.

Die Ernennung von Condoleezza Rice zur Außenministerin wird die starke Präsenz des Präsidenten bei außenpolitischen Entscheidungen noch weiter stärken. Der Präsident und Dr. Rice haben eine sehr enge Arbeitsbeziehung und respektieren sich gegenseitig sehr. Das Außenministerium wird auch einen ungewöhnlich engen Kontakt zum Nationalen Sicherheitsrat haben, da Frau Rices ehemaliger Stellvertreter, Steve Hadley, zu dessen Leiter ernannt wurde. Das Ergebnis wird eine extrem gut zwischen dem Präsidenten, dem Außenministerium und dem Nationalen Sicherheitsrat abgestimmte und koordinierte Außenpolitik sein.

Präsident Bush skizzierte seine außenpolitischen Prioritäten letzte Woche in seiner Rede in Kanada. "Die erste große Verpflichtung", sagte er, " ist die Verteidigung unserer Sicherheit und die Verbreitung von Freiheit durch effektive multinationale und multilaterale Institutionen und die Unterstützung effektiver multilateraler Maßnahmen." Er betonte die Entschlossenheit der Vereinigten Staaten, so weit wie möglich im Rahmen internationaler Organisationen zu arbeiten, da die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – der Kampf gegen die Proliferation von Massenvernichtungswaffen, gegen die Geißel von HIV/AIDS und gegen Armut und Hunger – nicht von einem Land allein bewältigt werden können. Der Präsident sagte aber auch: "Der Erfolg des Multilateralismus wird jedoch nicht lediglich am Ablauf eines Verfahrens gemessen, sondern an seinen Ergebnissen."

Ebenso stark ist unser Bekenntnis zur Bekämpfung des globalen Terrorismus. Dieses Bekenntnis beinhaltet die Entschlossenheit, die irakische Interimsregierung darin zu unterstützen, Sicherheit für ihre Bevölkerung zu gewährleisten und die erfolgreiche Wahl einer Nationalversammlung abzuschließen. Wir stehen im Irak einer bedeutenden Herausforderung gegenüber. Einige wollen nicht, dass diese Bemühungen erfolgreich sind – aber niemand sollte an dem Engagement und der Entschlossenheit des Präsidenten in dieser Sache zweifeln. Europa und die Vereinigten Staaten haben ein gemeinsames Interesse an der Förderung eines stabilen und demokratischen Irak. Die jüngsten Diskussionen zwischen 20 Nationen in Scharm el Scheich in Ägypten waren ermutigend. Im November überreichte die EU dem irakischen Ministerpräsidenten Allawi ein 30-Millionen-Euro-Paket zur Unterstützung der Wahlen und zusätzliche 200 Millionen Euro zur Förderung des Wiederaufbaus im Jahr 2005. Und am deutlichsten sahen wir den Beweis für dieses gemeinsame Interesse, als die Gläubiger des Pariser Clubs, darunter viele EU-Mitglieder, eine historische Vereinbarung zum Erlass von 80 Prozent der Schulden des Irak erzielten. Natürlich muss und wird noch viel mehr geschehen, hoffentlich im Rahmen eines koordinierten Projekts der Vereinigten Staaten, der Vereinten Nationen, der NATO und der EU.

Im Einklang mit der politischen Strategie des Präsidenten zur Bekämpfung des Terrorismus wird es konzentrierte Aktionen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen geben. Zusammen mit Japan, Südkorea, China und Russland unternehmen die Vereinigten Staaten große Anstrengungen zur Lösung der Proliferationsfragen mit Nordkorea. Wir sind ebenfalls sehr besorgt über die Situation im Iran und hoffen, dass das Abkommen von Frankreich, Deutschland und Großbritannien mit dem Iran im Namen der IAEO die erforderlichen Ergebnisse bringen wird. Hier sind auch konzertierte Bestrebungen notwendig, um unser gemeinsames Ziel eines Endes der nuklearen Bestrebungen des Iran zu erreichen.

Angesichts der neuen Bedrohungen ist es selbstverständlich, dass nationale und internationale Verteidigungsdoktrinen, Institutionen und Bündnisse sich verändern müssen, so dass sie nicht die Realität der Vergangenheit, sondern die der Gegenwart und der Zukunft widerspiegeln.

Eine weitere bedeutende Priorität in der zweiten Amtszeit von Präsident Bush ist der Frieden im Nahen Osten. Die Regierung hat ihr Interesse an Fortschritten bei der Friedensinitiative für den Nahen Osten angedeutet. Der Tod von Palästinenserpräsident Arafat und der Rückzug aus dem Gaza-Streifen können eine einzigartige Chance für Fortschritte im Friedensprozess sein. Dies ist eine weitere außenpolitische Initiative, bei der die Vereinigten Staaten und die EU ein gemeinsames Interesse haben.

Zur Förderung von im Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika für die Region entstandenen Reformen müssen wir die beim G8-Gipfel in Sea Island (Georgia) letzten Sommer gegebene Versprechen einlösen. Das erste Forum für die Zukunft wurde am 11. Dezember in Rabat (Marokko) einberufen. Das Forum für die Zukunft ist eine Partnerschaft zwischen den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrika, den G8-Staaten und anderen Partnern mit der gemeinsamen Agenda, die universellen Werte der Menschenwürde, Demokratie, wirtschaftlichen Chancen und sozialer Gerechtigkeit zu fördern. Es gibt eine "politische Logik", nach der im Nahen Osten und überall auf der Welt eine gute Regierungsführung und Schulbildung gefördert und die Armut gemildert werden sollte, denn obwohl Armut und Verzweiflung nicht die Ursache für Terrorismus sind, schaffen sie doch durch die Radikalisierung der Bevölkerung und der Politik einen Nährboden, auf dem er wachsen kann.

Im Rahmen dieser Anstrengungen müssen wir auch Krankheiten bekämpfen. HIV/AIDS nicht nur eine globale humanitäre Krise, sondern auch eine außenpolitische Angelegenheit von höchster Bedeutung. Das Motto "Bürokratie wie gewöhnlich" ermöglichte es der AIDS-Pandemie, zu wüten. Sie zerstörte dabei die sozialen Grundfesten ganzer Länder und hinterließ verarmte und instabile Staaten. In einer offiziellen Proklamation am Welt-AIDS-Tag wiederholte Präsident Bush das Bekenntnis seiner Regierung, bei HIV/AIDS eine Wende herbeizuführen. Durch die Arbeit mit internationalen Organisationen und in enger Zusammenarbeit mit Europa hat die Regierung Bush bedeutende Entwicklungsinitiativen eingeleitet, wie beispielsweise die Millennium Challenge Corporation und eine globale HIV/AIDS-Kampagne, der Mittel in Höhe von 15 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen.

Transatlantische Beziehungen

Ganz offensichtlich besteht ein starker Wunsch, die Meinungsverschiedenheiten der Vergangenheit beiseite zu legen und die transatlantischen Beziehungen zu stärken. Unsere Länder sind unter den wenigen Ländern mit globaler politischer Reichweite. Die Welt erwartet von unseren beiden Nationen eine Führungsrolle.

Präsident Bush signalisierte auch seine Absicht, mit den europäischen Freunden und Bündnispartnern Amerikas zusammenzuarbeiten. Er plant, Anfang Februar Europa zu besuchen, um den Dialog mit den europäischen Partnern der Vereinigten Staaten zu stärken.

Wir müssen Seite an Seite stehen, da wir den Herausforderungen der modernen Welt als Bündnis der gemeinsamen Werte und Ziele begegnen müssen. Unter den Gesellschaften der Welt sind sich unsere am ähnlichsten: Wir haben eine gemeinsame Geschichte, gemeinsame demokratische Werte und miteinander verflochtene Volkswirtschaften.

Wenn der Präsident im Januar wieder ins Amt eingeführt wird und seine zweite Amtsperiode beginnt, bleiben, wie Henry Kissenger bemerkte, die Herausforderungen, die zu einem der am meisten beachteten Wahlkämpfe der Geschichte führten. Konsens über die Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, Einigkeit über die Strategien zur Bewältigung dieser Bedrohungen und gemeinsame Maßnahmen zur Ausführung dieser Strategien sind die beste Hoffnung auf Erfolg. Das transatlantische Bündnis hat sich bereits in der Vergangenheit wichtigen Herausforderungen gestellt, und es muss unser Ziel sein sicherzustellen, dass es dies wieder tut. Wir werden effektiver zusammenarbeiten müssen, um unsere Meinungsverschiedenheiten zu überwinden und die Stärke unseres kollektiven transatlantischen Bundes zu erkennen. Zusammen können die Vereinigten Staaten und Deutschland eine kräftige Stimme für Freiheit, Frieden und Wohlstand sein.

 
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Aktualisiert: Februar 2005