Die transatlantische Partnerschaft: Kontinuität und Wandel Rede
von Botschafter Daniel R. Coats |
Vielen Dank, Prof.
Züchner, für die Einladung, heute hier an der Universität
zu sprechen.
Vielen Dank, Oberbürgermeister Tillmann, für die Gelegenheit, Ihre historische Stadt zu besuchen. Münster hat in der Geschichte der Diplomatie und der Beziehungen zwischen Ländern eine besondere Bedeutung. Es war eine Ehre und ein Privileg, heute Morgen den Friedenssaal zu besuchen. Ich freue mich sehr, heute hier bei Ihnen zu sein. Es ist eine Gelegenheit, innezuhalten und eine Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Zustands sowie des zukünftigen Wegs der transatlantischen Partnerschaft zu machen. Die Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland haben nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs besondere Bande geknüpft. Bande, die auf Regierungs- und Unternehmensebene, aber vor allem auf persönlicher Ebene bestehen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben mehr als 13 Millionen amerikanische Soldaten und ihre Familien in Deutschland gelebt. Sie haben gute und nachhaltige Erinnerungen an ihre Zeit hier und die entstandenen Freundschaften. Außenminister Colin Powell war einer der jungen Soldaten. Während der Feier zum 50. Jahrestag des deutsch-amerikanischen Fulbrightprogramms vorigen Herbst in Washington sprach Außenminister Powell über die besondere Stellung, die Deutschland aufgrund seiner hier gemachten Erfahrungen als junger Leutnant in seinem Herzen einnimmt. Viele Jahre später kam Außenminister Powell als Kommandeur des 5th Corps nach Frankfurt zurück. Damals war Joschka Fischer Fraktionsvorsitzender der Grünen im hessischen Landtag und Umweltminister in Hessen. Heute vertreten diese beiden Personen, deren persönlicher Werdegang sehr unterschiedlich ist, ihre Länder als Außenminister und haben auf Arbeits- und persönlicher Ebene eine enge Beziehung. Auf anderer Ebene setzen Deutsche und Amerikaner seit Ende des Kriegs die Tradition des Studiums im Ausland fort. Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise 20.000 junge Deutsche an amerikanischen Schulen unterrichtet und mehr als 5.000 Amerikaner wählten Deutschland für ein Studienjahr im Ausland. Dementsprechend gibt es eine stetig zunehmende Zahl internationaler ehemaliger Schüler und Studenten, die Brücken der Zusammenarbeit und persönliche Beziehungen aufbauen. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster hat eine gut platzierte Kontaktperson in meinem Büro in der Botschaft in Berlin. Mein persönlicher Referent, Dr. Benedict Wolf, trat dem auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten 1999 bei. Er machte in Münster 1987 seinen Abschluss in Theologie und 1993 in Volkswirtschaft. Seine Deutschlandkenntnisse sind sehr hilfreich für mich - und seine Verbindungen nach Münster haben mich heute hierher geführt. Ich werde auf die Bedeutung dieser persönlichen Kontakte noch zurückkommen, aber zunächst möchte ich gerne über ein Thema sprechen, von dem ich weiß, dass es uns alle sehr beschäftigt. Irak In den letzten Monaten gab es bezüglich des Themas Irak erhebliche Spannungen in den transatlantischen Beziehungen. Und obwohl es in den hitzigen Debatten - in den Vereinten Nationen, innerhalb der NATO, zwischen Ländern - manchmal mehr um die Mittel als das Ziel ging, gab es tatsächlich grundlegende politische Differenzen. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nach wie vor überzeugt, dass die vom irakischen Regime ausgehende Gefahr den Einsatz militärischer Gewalt als letztes Mittel rechtfertigte und Saddam Hussein und seinesgleichen durch den Ausschluss dieser Option ermutigt worden wären. Trotz unserer unterschiedlichen Ansichten in der Irak-Frage sollten wir alle dankbar sein, dass der militärische Feldzug so schnell und entschieden war und weitaus weniger negative Konsequenzen hatte, als von jenen vorhergesagt, die gegen den Einsatz von Gewalt waren. Es wurde beispielsweise behauptet, das Regime Saddam Husseins würde die irakischen Ölfelder zerstören und so eine Umweltkatastrophe auslösen. Das ist nicht geschehen. Es gab die Befürchtung, Saddam Hussein würde seine Raketen gegen Israel richten, und die Krise könnte zu einem arabisch-israelischen Krieg und einem atomaren Holocaust eskalieren. Das ist nicht geschehen. Es gab die Befürchtung, das Regime Saddam Husseins würde chemische oder biologische Waffen gegen die Streitkräfte der Koalition oder sogar gegen das irakische Volk einsetzen.Das ist nicht geschehen. Es gab die Befürchtung, es könne eine humanitäre Krise entstehen, es könne gewaltige Flüchtlingsströme geben, Türken könnten gegen Kurden kämpfen, zehn- wenn nicht sogar hunderttausende Iraker könnten sterben, viele davon in schweren Straßenkämpfen in Bagdad. Das ist nicht geschehen. Wiederholt wurde gesagt, die "arabische Welt" würde in Protesten gegen die Maßnahmen der Koalition im Irak entflammen. Das ist nicht geschehen, da viele arabische Länder ihrer Erleichterung angesichts des Sturzes eines tyrannischen Diktators, dessen Ziele ihre Länder bedrohten, Ausdruck verliehen. Wir wurden Zeugen eines totalen und schnellen Zusammenbruchs, als das irakische Militär seine Waffen niederlegte, Zivilkleidung anzog und einfach nach Hause ging - und damit Saddam Hussein im Stich ließ, der behauptet hatte, die Soldaten würden aufgrund ihrer absoluten Loyalität ihm gegenüber bis zum Tod kämpfen. Jetzt arbeiten wir mit Hochdruck an der entscheidenden und schwierigen Aufgabe des Wiederaufbaus und der Unterstützungsleistungen, die den Irak auf den Weg zur Selbstverwaltung führen werden. Wenn sich eine neue irakische Führung abzeichnet, werden wir mit ihr arbeiten. Wir werden dem Irak keine Regierung aufzwingen, aber wir werden dem Land beim Aufbau einer von Irakern eingesetzten und aus Irakern bestehenden Regierung für das irakische Volk behilflich sein. Wir sind zuversichtlich, dass eine Regierung gebildet wird, die das gesamte irakische Volk repräsentiert und die Geschichte und Traditionen des Irak in Ehren hält. Die Vereinigten Staaten werden nur so lange bleiben, bis der Irak eine selbstverwaltetes Land ist, und dabei machen wir schnellere Fortschritte als erwartet. Wir begrüßen eine vitale Rolle der Vereinten Nationen, der NATO, der EU und anderer Länder beim Wiederaufbau des Irak und der Entwicklung demokratischer Institutionen, die für seine Zukunft als friedliches Mitglied der Weltgemeinschaft der Nationen von Bedeutung sind. Während wir hier sprechen, haben 58 Länder ihre Unterstützung für diese Bestrebungen zugesagt. Es wurden Milliarden von Dollar angeboten, und das irakische Volk erhält humanitäre Hilfe aus Regierungs- und Nichtregierungsquellen. Herausforderungen und Chancen Wir wissen, dass viele Menschen in Deutschland, was das angemessene Vorgehen im Irak betrifft, eine andere Ansicht hatten. Wir können diese Unterschiede erörtern, aber wir können es uns nicht leisten, dass sie uns von der Bewältigung der enormen Verantwortlichkeiten und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts abhalten oder unser Vorgehen verlangsamen. Sehr viele der Chancen und Herausforderungen der heutigen Welt gehen über nationale und regionale Grenzen hinaus. Terrorismus, die Entwicklung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die Schaffung der Bedingungen für nachhaltige Entwicklung, Infektionskrankheiten, die Förderung demokratischer und rechenschaftspflichtiger Regierungen, um nur einige zu nennen. Man kann nicht sagen: "Das ist ein amerikanisches oder ein europäisches oder ein asiatisches oder ein afrikanisches Problem." Dies sind globale Probleme und ihre Lösung erfordert gemeinsame Anstrengungen und die Unterstützung der globalen Gemeinschaft. Als Präsident Bush im September vorigen Jahres die Vereinten Nationen aufforderte, die vor dem Golfkrieg 1991 verabschiedeten Resolutionen durchzusetzen, öffnete er als Reaktion auf die Folgen des Zeitalters des Terrorismus die Tür für eine kooperative Vorgehensweise. Unser ehemaliger Außenminister, Dr. Henry Kissinger, schrieb, ich zitiere: "Am 11. September trat die Welt in ein neues Zeitalter ein, in der private, nichtstaatliche Organisationen sich in der Lage zeigten, die nationale und internationale Sicherheit durch heimliche Angriffe zu bedrohen. … Dem liegt eine Debatte zwischen der traditionellen Sicht der Souveränität des Nationalstaats, wie im Westfälischen Frieden von 1648 dargelegt, und der von der modernen Technologie und dem Wesen der terroristischen Bedrohung geforderten Anpassung zu Grunde." Die westfälische Welt, in der die moderne Diplomatie entstand - hier in Münster - hat sich drastisch verändert. Sowohl staatlich unterstützte als auch nicht von Staaten unterstützte terroristische Organisationen haben nicht nur Nationalstaaten den Krieg erklärt, sondern auch etablierten gesellschaftlichen Werten, der Weltwirtschaftsordnung, unschuldigen Männern, Frauen und Kindern. Sie wenden nicht-traditionelle Taktiken an, einschließlich Selbstmord und dem möglichen Einsatz von Massenvernichtungswaffen. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Bedrohungen des 21. Jahrhunderts für unsere Bürger und Gesellschaft erfordert den Einsatz eines breiten Spektrums von Mitteln, von der traditionellen Diplomatie bis zu Präventivschlägen. Um erfolgreich zu sein, sind gemeinsame Anstrengungen von Ländern erforderlich. Sie müssen zusammenarbeiten, um Terroranschläge zu erkennen und zu verhindern, bevor die Terroristen ihre Herrschaft der Zerstörung und Angst begründen können. Aus diesen Gründen und im Gegensatz zu dem, was manche sagen, wenden sich die Vereinigten Staaten nicht von multilateralen Institutionen wie der NATO und den Vereinten Nationen ab. Wir haben die Kontakte mit unseren europäischen Partnern auf hoher Ebene intensiviert, um eine Reihe von Initiativen zu auszuloten. Präsident Bush, Außenminister Powell und andere amerikanischen Regierungsvertreter werden in den kommenden Monaten mehrere Gelegenheiten haben, diese Fragen mit europäischen Kollegen zu erörtern. Zu der Liste der Herausforderungen gehört die Beschleunigung der Friedensbestrebungen von Palästinensern und Israelis. Die Bekanntgabe eines Plans für den Nahen Osten durch den Präsidenten am 28. April - eine gemeinsame Initiative der Vereinigten Staaten, der EU und Russlands - ist ein Beispiel unserer engen Zusammenarbeit, auf der wir in den kommenden Monaten aufbauen wollen. In Afghanistan wartet noch Arbeit auf uns, und in den vergangenen 18 Monaten waren die EU und die Vereinigten Staaten die treibende Kraft hinter der globalen Koalition zur Unterstützung des nationalen Wiederaufbaus in Afghanistan. Kommenden August wird die NATO die Führung der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan in Kabul von den Niederländern und Deutschen übernehmen. Vor zehn Jahren, als wir uns fragten, ob es eine Rolle für die NATO gibt, konnte niemand ahnen, dass die NATO Truppen um die halbe Welt nach Asien entsenden würde, um Maßnahmen zur Sicherung des Friedens in einem Land wie Afghanistan umzusetzen. Eine ähnliche Zusammenarbeit war entscheidend für den Frieden und die Stabilität auf dem Balkan, und auch hier erkennen wir den militärischen Beitrag Deutschlands zu diesen Bestrebungen an. Wir intensivieren auch die globalen Handelsgespräche und arbeiten an der Verbesserung unserer Kooperation bei der Unterstützung der Fortschritte in den Entwicklungsländern. Wir werden im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha und mit Initiativen zur Bekämpfung von HIV/AIDS und Hungersnöten gemeinsam daran arbeiten, den Menschen in den Entwicklungsländern Hoffnung und Chancen zu bringen. Und natürlich haben die Vereinigten Staaten und Europa, gemeinsam mit fast 100 Ländern, eine starke Partnerschaft zur Bekämpfung des Terrorismus gebildet - auf dem Gebiet des Nachrichtenaustauschs, der Strafverfolgung, des Finanz-, Verkehrs- und Transportwesens. In allen diesen Bereichen - den weit gefassten aktuellen Zielen, die wir gemeinsam unterstützen - gibt es und wird es Meinungsverschiedenheiten geben, aber diese Meinungsverschiedenheiten konzentrieren sich auf Mittel und Methoden, nicht auf die gewünschten Ergebnisse. Wahrnehmungen Vor 20 Jahren beschrieb einer meiner Vorgänger, Botschafter Arthur Burns, die Welt der Diplomatie als "eine Welt, in der die Wahrnehmung der Fakten häufig die Fakten selbst verschleiert". Er stellte fest, dass die Realitäten - die harten Fakten der Geschichte - oft vergessen wurden und nur Eindrücke übrig blieben. Er war besorgt, dass junge Menschen, beispielsweise während der Diskussion um die Stationierung von Pershing-II-Raketen, anscheinend nicht in der Lage waren, zwischen der moralischen und politischen Ordnung des Westens und dem Totalitarismus der Sowjetunion zu differenzieren. Die sowjetische Wiederaufrüstung war so bedrohlich, dass in Deutschland viele, insbesondere die jungen Menschen, zu dem Schluss gelangten, die Beschwichtigungspolitik sei die einzige Option. Der Wille der Vereinigten Staaten, den sowjetischen Taktiken entgegenzutreten, wurde in vielen Kreisen als eine noch schlimmere Bedrohung empfunden. Botschafter Burns brachte auch die Befürchtung zum Ausdruck, dass die das Atlantische Bündnis verbindenden gemeinsamen Werte nicht richtig verstanden oder geschätzt wurden. Infolgedessen leiteten er und seine Botschaftsmitarbeiter ein ehrgeiziges neues Programm in die Wege, um junge Menschen zu motivieren und Austauschprogramme zu fördern. Während meiner Reisen durch Deutschland werde ich an die Bemühungen von Botschafter Burns erinnert, die Generation von Deutschen zu erreichen, die der unmittelbaren Nachkriegsgeneration folgte. Die Nachkriegsgeneration hatte sehr emotionale und persönliche Bindungen zu den Vereinigten Staaten, insbesondere infolge des Marshallplans, der Berliner Luftbrücke und allen anderen Meilensteinen der transatlantischen Partnerschaft. Diese Bindungen waren in den "Herzen und Köpfen" verankert, wie wir heute sagen. Wie ich feststelle, gründen nachfolgende Generationen jedoch ihr Verständnis auf etwas, was meiner Ansicht nach Fehleinschätzungen sind und nicht auf die von Botschafter Burns erwähnten harten Fakten. Infolge von Globalisierung und Technologie sieht die heutige Generation häufig ein verzerrtes Bild der Vereinigten Staaten. Wie der Redakteur des Wall Street Journal, Frederik Kempe, vor kurzem feststellte, "ist es vielsagend, dass der vielleicht bekannteste Amerikaner in Deutschland Michael Moore ist". In den Vereinigten Staaten ist Michael Moore ein Satiriker. Seine Ansichten sollen Fragen provozieren und nicht unreflektiert akzeptiert werden. Moores Popularität hier in Deutschland hat meines Erachtens ebenso wie eine scheinbar zunehmende Betonung von Stereotypen in der Medienberichterstattung falsche Ansichten über die Amerikaner und die amerikanischen Werte vermittelt. So provokativ und humorvoll sie auch sein mögen, bestärken diese Berichte das allgemeine Gefühl, dass die beiden Kontinente wenig gemeinsam haben und weiter auseinander driften. Erlauben Sie mir, kurz abzuschweifen um festzustellen, dass es in den Gesprächen über die Wahrnehmung der Vereinigten Staaten nach dem 11. September von entscheidender Bedeutung ist zu verstehen, welchen Einfluss dieser Tag auf Amerikaner und ihre Sicht der Welt genommen hat. Erst vorige Woche erklärte Außenminister Powell vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats, dass eine der vor uns liegenden Herausforderungen darin bestehe, die Bedrohung zu "verstehen". Er sagte: "In Europa sehen einige das anders. Einige sehen den Terrorismus als bedauerlichen, aber unvermeidbaren Teil der Gesellschaft, wollen ihn auf Armeslänge von sich halten und ihm so wenig Aufmerksamkeit schenken wie möglich. Es ist unsere Aufgabe, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Dies ist eine Bedrohung, die uns gemeinsam betrifft, die wir gemeinsam bekämpfen müssen, die wir tatsächlich nur gemeinsam bekämpfen können." Der Außenminister fügte hinzu, "der 11. September hat sich in das Bewusstsein jedes Amerikaners eingebrannt. Zu sagen, der internationale Terrorismus sei lediglich eine weitere Bedrohung, heißt, die instinktive Realität, derer sich jeder Amerikaner in seinem Herzen und seiner Seele bewusst ist, zu leugnen. Jeder Amerikaner, der zusah, wie die Türme des World Trade Centers brannten, bröckelten und dann in sich zusammensanken, während sich tausende von Menschen darin befanden, und der zusah, wie das Pentagon brannte, weiß, was Terrorismus unserem Heimatland bringen kann. Diese Wirklichkeit führt die Amerikaner zu der Schlussfolgerung, dass der Terrorismus radikal beseitigt werden muss - insbesondere die Art Terrorismus, die den Besitz von Atomwaffen und andere Mittel der Massenzerstörung anstrebt." Abgesehen vom 11. September gibt es in der Tat immer mehr Beweise, dass die Europäer und die Amerikaner bei einer Reihe von Fragen entgegengesetzte Standpunkte eingenommen haben. Eine vor kurzem durchgeführte Meinungsumfrage des Allensbach-Instituts belegte, dass die Deutschen und die Amerikaner zunehmend negative Meinungen voneinander haben. Nur 11 Prozent der Deutschen betrachteten die Vereinigten Staaten noch immer als Deutschlands "besten Freund", und nur 10 Prozent haben eine hohe Meinung von Präsident Bush. Die Mehrheit der Deutschen sieht die Amerikaner als "rücksichtslos, gewalttätig und arrogant". So beschriebene transatlantische Beziehungen sind beunruhigend. Hier zeigt sich eine gravierende Veränderung der stolzen Partnerschaft, die in den letzten 50 Jahren einige der wichtigsten Leistungen in der amerikanischen und der europäischen Geschichte hervorgebracht hat. Wir haben diese Leistungen und diese historischen Augenblicke insbesondere mit Deutschland bei der vielleicht erfolgreichsten Umgestaltung von Beziehungen zwischen zwei Gegnern in der Geschichte der Nationalstaaten geteilt. Diese Leistungen waren Teil unserer gemeinsamen Bemühungen zur Schaffung von Demokratie, Sicherheit und Wohlstand - vor dem Hintergrund einer überwältigenden militärischen und ideologischen Bedrohung. Heute spricht vieles für eine transatlantische Partnerschaft, die eine gemeinsame Verantwortung für den Aufbau einer Welt mit mehr Sicherheit und Freiheit und die Förderung dieser Vision von Demokratie, Sicherheit und Wohlstand teilt. Es stellen sich jedoch beunruhigende Fragen, die unsere Fähigkeit zur Bewahrung einer solchen Partnerschaft bedrohen. Der amerikanische Journalist Walter Lippmann hat einmal gesagt: "Wir alle sind Gefangene der Bilder in unserem Kopf - unserem Glauben, dass die Welt, in der wir leben, die Welt ist, die wirklich existiert." Die Herausforderung besteht jetzt darin, diesen Bildern in den Köpfen einer neuen Generation von Deutschen und Amerikanern zu Beginn dieses neuen Jahrhunderts einen Kontext, etwas Tiefe und eine neue Perspektive hinzuzufügen. Das Internet, rund um die Uhr berichtende Nachrichtenprogramme oder die Popkultur spiegeln nur einen winzigen Teil der Vereinigten Staaten wider. Was können wir also tun, um die Wahrnehmungen zu beeinflussen, so dass sie den Realitäten unserer Gesellschaften entsprechen und uns helfen, uns gegenseitig besser zu verstehen? In dem Bestreben, diese Probleme anzusprechen, entwickeln wir in der Amerikanischen Botschaft in Deutschland eine Reihe von Initiativen, um mehr Möglichkeiten für einen Dialog zwischen Deutschen und Amerikanern zu schaffen, damit wir die Beziehungen nicht nur nach Äußerlichkeiten beurteilen und ein besseres Verständnis füreinander fördern. Austauschprogramme und persönliche Kontakte bilden das Kernstück unserer geplanten Initiativen. Wir leiten Initiativen in die Wege, um neue, vom Privatsektor finanzierte Austauschprogramme für Lehrer einzurichten. Wir können auf eine Vielzahl von Deutsch sprechenden Amerikanern zurückgreifen, beispielsweise Mitarbeiter des auswärtigen Dienstes in der Botschaft und den Konsulaten, amerikanische Austauschstudenten, Fulbrightstipendiaten und andere, und werden uns bemühen, dem Wunsch jeder deutschen Schule nach einen solchen Redner nachzukommen. Unser Konsulat in Leipzig hat bereits in den drei Bundesländern, für die es zuständig ist, Schulbesuche initiiert. Wir beabsichtigen, diese Initiative auf die neuen Bundesländer zu konzentrieren und sie dann je nach Verfügbarkeit der Mittel auf das ganze Land auszudehnen. Die Redner werden vornehmlich Aspekte des amerikanischen Lebens und der amerikanischen Gesellschaft ansprechen, nicht die aktuelle oder bisherige amerikanische Politik. Erst heute Morgen habe ich meine Frau für diese Aufgabe gewonnen. Sie hat im Paulinum-Gymnasium hier in Münster gesprochen. Marsha war früher als Lehrerin und Familienberaterin tätig und hat mit den Lehrern und Schülern unter anderem über die Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Schulen gesprochen. Nächsten Monat werden Marsha und ich gemeinsam mit einigen unserer jungen Mitarbeiter des auswärtigen Dienstes und ihren Familien an einem Grillfest in Brandenburg teilnehmen, um ein - so hoffen wir - dauerhaftes informelles Programm zwischen einem lokalen Zentrum für Schülerbetreuung am Nachmittag und der Botschaft in die Wege zu leiten. Das Zentrum hat eine Reihe freiwilliger Programme, darunter solche für risikogefährdete Kinder. Unsere jungen Mitarbeiter des auswärtigen Dienstes beabsichtigen, mit Freiwilligen und einigen Footballspielern von Berlin Thunder zusammenzuarbeiten, die wir für diese Aufgabe gewonnen haben. Ich weiß nicht, ob die amerikanischen Footballspieler den Deutschen beibringen, wie man den Ball mit den Händen fängt, oder ob die Deutschen den Amerikanern beibringen, wir man den Ball mit den Füßen kickt, aber es ist die gemeinsame persönliche Interaktion, die zählt. Nächste Woche werden der Bürgermeister von Magdeburg und ich nach Nashville reisen, um das neueste deutsch-amerikanische Städtepartnerschaftsprojekt offiziell einzuweihen. Im weiteren Verlauf des Jahres werden mehrere Delegationen aus Nashville zu Besuch nach Magdeburg kommen. Damit werden viele Möglichkeiten geschaffen, bei denen Deutsche mit Amerikanern zusammentreffen und mit ihnen sprechen können. Letzten Monat war das Konsulat mit einem Besuch von Veteranen in Weimar und Buchenwald befasst - Orten, zu deren Befreiung sie am Ende des Zweiten Weltkriegs beigetragen hatten. Die Veteranen wurden von dankbaren deutschen Bürgern willkommen geheißen. Andere Veteranengruppen planen ähnliche Besuche. Wir sondieren auch Möglichkeiten, damit mehr bekannte Amerikaner - Regierungsvertreter und Popstars gleichermaßen - während ihres Aufenthalts hier im Land Gespräche mit Deutschen, und vor allem jungen Deutschen, einplanen. Wir werden sie ermutigen, sich Zeit zu nehmen und - offen, freimütig und persönlich - über die Amerikaner, amerikanische Werte und die amerikanische Gesellschaft zu sprechen und sich die Ansichten der jungen Deutschen über deutsche Werte und die deutsche Gesellschaft anzuhören. Und weil die Medien sowohl bei der Gestaltung als auch der Widerspiegelung der Stimmung in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen, haben wir bereits begonnen, mit den deutschen Medienpartnern bei der Entwicklung von Dokumentarfilmen, Schulbüchern und Lehrmaterial zusammenzuarbeiten. Wir werden auch mit Bibliotheken zusammenarbeiten, um mehr amerikanische Bücher, Multimedia- und elektronische Ressourcen für öffentliche Gemeinde- und Schulbüchereien zur Verfügung zu stellen - Ressourcen, die amerikanische Sichtweisen zu einer Reihe schwieriger Fragen bieten. Ich habe meine heutigen Ausführungen mit einigen Beispielen der deutsch-amerikanischen Freundschaft begonnen. Meiner Ansicht nach sind diese persönlichen Kontakte die Bande, die verbinden. Nationen sprechen heute auf vielen verschiedenen Ebenen miteinander, aber ein Dialog auf persönlicher Ebene ist am wirkungsvollsten und dauerhaftesten. Einige von Ihnen wissen vielleicht, dass ich viele Jahre lang Mitglied des Kongresses der Vereinigten Staaten war. Ich bin ein relativer Neuling in der Welt der Diplomatie - der Diplomatie, die aus dem Westfälischen Vertrag hervorging, der 1648 hier in Münster unterzeichnet wurde. Ich bin nur Tage vor dem 11. September in Berlin angekommen, um hier als amerikanischer Botschafter tätig zu werden. Ich bekräftige jedoch, dass ebenso wie in der Politik und im öffentlichen Dienst persönlicher Austausch und effektive Kommunikation die Eckpfeiler des Verstehens und der Zusammenarbeit sind - und der Schlüssel zu jeder erfolgreichen Beziehung ein ehrlicher Dialog ist, um Gemeinsamkeiten zu finden und gemeinsam voranzugehen. Vielen Dank, meine Freunde, vielen Dank. |
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U.S. Diplomatic Mission to Germany/Public
Affairs/Information Resource Centers Aktualisiert: Juni 2003 |