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Die Vereinigten Staaten und Europa: Die Freiheitsagenda gemeinsam voranbringen
Rede des Abteilungsleiters für europäische und eurasische Angelegenheiten, Daniel Fried,
vor dem Rat für auswärtige Angelegenheiten
Baltimore, Maryland
18. Januar 2006

 

English

Es ist mir eine Ehre, hier bei Ihnen zu sein. Es ist gut, eine Gelegenheit zum Gespräch über die Strategie der Vereinigten Staaten auf der Welt und unser Bündnis mit Europa bei der Umsetzung zu haben. Wir müssen über die Tagesmeldungen in den Medien und das politische Tagesgeschäft hinaus blicken. Das Schwierigste an unserem strategischen außenpolitischen Denken ist es, den Unterschied zwischen den Schlagzeilen und dem, was zählt zu verstehen, zwischen der dringlichen Aufgabe des Tages und dem, was man wirklich zu tun versucht. Wie meine Chefin, Condoleezza Rice gesagt hat, besteht Strategie darin zu verstehen, welchen Weg die Geschichte einschlägt und sich dann dahinter zu stellen und sie anzustoßen.

Meines Erachtens, und das wird auch das Thema meiner Rede heute Abend sein, bewegt sich die Geschichte in die Richtung der Freiheit, und die Rolle der Vereinigten Staaten besteht darin, sich hinter die Freiheit zu stellen, und sie in der Tat anzustoßen. Die amerikanische Unterstützung für die Freiheit ist die Grundlage für die Außenpolitik der Regierung Bush. Von den aufkeimenden Demokratien entlang der europäischen Grenzen zur Freiheit und den Reformern in China bis zu den befreiten Menschen in Afghanistan und im Irak zu den Menschen im Iran, die Freiheit verdienen, ist die Unterstützung der Freiheit eine Aufgabe für die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft. Ich habe gesagt, dass die Unterstützung der Freiheit zentraler Bestandteil der Außenpolitik der Regierung Bush ist, und so ist es auch, aber ich bin auch der Meinung, dass die Unterstützung der Freiheit bereits seit den machtpolitischen Anfängen der Vereinigten Staaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein dauerhaftes Thema der amerikanischen Außenpolitik gewesen ist. Die Unterstützung der Freiheit ist nicht lediglich eine Taktik oder ein Werkzeug der amerikanischen nationalen Sicherheitspolitik, sie ist DAS Kernkonzept unserer nationalen Gesamtstrategie und ist dies meines Erachtens bereits seit über einem Jahrhundert.

Das ist ein Punkt. Mein zweiter Punkt heute Abend ist, dass die Vereinigten Staaten die Freiheit nicht alleine voranbringen können. Und wir sind auch nicht alleine. Europa und die Vereinigten Staaten sind bei dieser großen Aufgabe im Wesentlichen geeint. Gemeinsam setzen wir die politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Ressourcen der transatlantischen Gemeinschaft außerhalb von Europa zur Unterstützung der Freiheitssuchenden auf der ganzen Welt ein.

Die konzertierten Anstrengungen freier Nationen

Vielleicht fragen sich viele unter Ihnen inzwischen, warum ich das transatlantische Einvernehmen in diesem Maße betone, angesichts der vielen Dinge, die über die so genannte Krise des transatlantischen Bündnisses geschrieben wurden.

Außenministerin Rice und unser Chef, Präsident Bush, glauben an dieses Bündnis. In seiner zweiten Amtseinführungsrede sagte der Präsident sehr deutlich: "Alle Bündnispartner der Vereinigten Staaten können wissen, dass wir Ihre Freundschaft honorieren, Ihren Rat brauchen und auf Ihre Hilfe angewiesen sind. Die gemeinsamen Anstrengungen der freien Nationen zur Förderung der Demokratie sind der Beginn der Niederlage unserer Feinde." Das möchte ich wiederholen: Die gemeinsamen Anstrengungen der freien Nationen zur Förderung der Demokratie sind der Beginn der Niederlage unserer Feinde."

Seit der zweiten Amtseinführungsrede des Präsidenten, in der die Freiheitsagenda dargelegt wurde, haben wir entscheidende Fortschritte bei der Umsetzung dieser "gemeinsamen Anstrengungen freier Nationen" im Sinne der Agenda weltweiter Maßnahmen gemacht.

Erst vorige Woche haben Sie Bundeskanzlerin Merkel im Weißen Haus neben Präsident Bush gesehen, wie sie ihre Verpflichtung zur transatlantischen Einheit bei der Bewältigung der Herausforderung durch den Iran und der solidarischen Förderung der Freiheit auf der ganzen Welt erklärte.

Am Tag vor dem Besuch der Bundeskanzlerin in Washington war ich in Österreich und traf mich mit meinen Kollegen aus den 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir erörterten, wie wir die Freiheit in Weißrussland fördern, sie in der Ukraine konsolidieren und die Kräfte der Freiheit in anderen Ländern unterstützen könnten.

Vorigen November trafen sich die europäischen Außenminister mit Außenministerin Rice und Kollegen aus dem Nahen und Mittleren Osten beim "Forum für Zukunft" in Bahrain, um ihre Unterstützung für demokratische Reformen und Reformer in dieser Region zuzusagen. Im Dezember trafen sich die NATO-Außenminister in Brüssel, um die erweiterte Mission der NATO für mehr Sicherheit in Afghanistan zu billigen.

Das ist die Realität der transatlantischen Kooperation heute; Bundeskanzlerin Merkels Erklärung über gemeinsame Zielsetzungen ist der Tenor der europäischen Regierungen uns gegenüber, so dass ein starkes Europa in Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten handeln kann. Was wir nicht mehr hören sind die Stimmen, die ein starkes Europa als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten fordern – als Ausgleich für die wirtschaftliche, politische und militärische Macht der Vereinigten Staaten. Trotz der Debatten der Jahre 2003 und 2004 über den Irak entwickelt sich meines Erachtens ein transatlantischer Konsens, dass unsere gemeinsamen Interessen nicht von unseren gemeinsamen Werten getrennt werden können, dass demokratische Regierungsführung eine größere Legitimität hat als andere Regierungsformen, und dass dies überall auf der Welt gilt. Mehr noch, es existiert ein zunehmender Konsens, dass Zweck der Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa nicht lediglich die Lösung von Problemen oder die Regulierung wertfreien Wettbewerbs ist, sondern die Unterstützung gemeinsamen Handelns im Streben nach Freiheit.

Mir ist die Skepsis der europäischen Öffentlichkeit gegenüber den Vereinigten Staaten und, offen gesagt, gegenüber der derzeitigen Regierung, schmerzlich bewusst. Skeptiker schaffen es von Natur aus in die Schlagzeilen. Die Medien haben gelegentlichen reißerischen Ergebnissen von Meinungsumfragen, die Spaltungen, Trennungen, Gräben und gegenseitige Skepsis zwischen Amerikanern und Europäern widerspiegeln, lange mehr als genug Aufmerksamkeit gewidmet. Aber die meisten haben andere, hoffnungsvollere Zeichen übersehen. Laut einer im September veröffentlichten Meinungsumfrage des German Marshall Fund unterstützt eine deutliche Mehrheit der europäischen Öffentlichkeit – 74 Prozent – gemeinsame europäisch-amerikanische Maßnahmen zur Förderung der Demokratie auf der Welt. Die gleiche Meinungsumfrage zeigte zwar den europäischen Wunsch nach dem "Status einer Supermacht", allerdings wollen die Europäer, dass ihre "Supermacht" gemeinsam mit den Vereinigten Staaten deren oberstes außenpolitisches Ziel verfolgt – die Förderung der Freiheit.

Maßnahmen zur Förderung der Freiheit

Nun, reden lässt es sich natürlich einfach. Und auch Theorien sind leicht aufzustellen. Theorien sind in dem Maße nützlich, in dem sie zu nützlichen Handlungen führen, und es ist an der Zeit, die Theorie im Dienste der Freiheit umzusetzen. Das ist unser Ziel für 2006.

Ich möchte Ihnen über die Maßnahmen der Vereinigten Staaten und Europas zur Förderung der Freiheit berichten und kurz darlegen, was wir dieses Jahr gemeinsam zu erreichen hoffen.

Auf dem Balkan hat die so genannte Kontaktgruppe, die sich aus den Vereinigten Staaten, Russland und zentralen Ländern Europas zusammensetzt, nicht darauf gewartet, von der nächsten Katastrophe überrollt zu werden, sondern Bestrebungen zur Beantwortung der letzten großen offenen Frage in dieser Region initiiert, nämlich der nach dem endgültigen Status des Kosovo. Teil dieser Bestrebungen ist auch die Förderung der Aussichten Bosniens, Kroatiens, Mazedoniens, Albaniens sowie Serbien und Montenegros auf eine Zukunft in der Europäischen Union, wenn sie die Bedingungen erfüllen. Über die letzten Monate wurde der Weg dafür bereitet, und 2006 werden wir – die Vereinigten Staaten und Europa – gemeinsam Stärke zeigen müssen, um den Balkan von der Nachkriegszeit in die Vorbeitrittszeit zu leiten.

In Osteuropa und Eurasien haben die Vereinigten Staaten und Europa gemeinsam an der Unterstützung und nun der Konsolidierung der Demokratie in der Ukraine, in Georgien und Kirgisistan gearbeitet, den Menschen in Weißrussland geholfen, Demokratie zu erreichen und Länder wie Aserbaidschan und Kasachstan ermutigt, sich bestimmt und beständig in Richtung Demokratie zu bewegen.

Im Jahr 2006 müssen wir bereit sein, unseren Freunden – wie Präsident Saakaschwili aus Georgien und Präsident Juschtschenko aus der Ukraine – zur Seite zu stehen, wenn sie unter Druck geraten, wie es manchmal geschieht, und unsere Freunde zu drängen, auch in schwierigen Zeiten ihre Reformen durchzuführen.

Gerade in den letzten Wochen haben wir gesehen, wie real dieser Druck ist. Am Neujahrstag unterbrachen die Russen die Erdgaslieferung an die Ukraine – allem Anschein nach, um politischen Druck auszuüben. Dies warf neue Fragen bezüglich der Absichten Russlands gegenüber seinen Nachbarn auf sowie der Bereitschaft, seiner Verantwortung als wichtiger, verlässlicher Energielieferant nachzukommen. Die klare und rasche Reaktion Europas und der Vereinigten Staaten beschwichtigte diese Krise für den Augenblick und zeigte sowohl Russland als auch der Ukraine, welche Schritte sie zu unternehmen haben. Die Vereinigten Staaten und Europa werden 2006 mit willigen Partnern in der Region, hoffentlich mit Russland und den Gasproduzenten Zentralasiens, zusammenarbeiten müssen, um Transparenz, wirkliche marktwirtschaftliche Grundsätze und Offenheit in den europäischen und eurasischen Energiemarkt zu bringen.

In Eurasien werden wir Klarheit bezüglich unserer Ziele demonstrieren müssen – Demokratie und durch Demokratie Stabilität und gestärkte Souveränität. Gleichzeitig müssen wir realistisch bleiben in unseren Annahmen, was wir in einem gegebenen Jahr und bei einer gegebenen Wahl erreichen können.

2006 müssen wir bereit sein, Freiheit gegenüber Diktatoren zu vertreten.

In Usbekistan standen die Vereinigten Staaten vorigen Sommer vor der Wahl. Wir hätten unseren militärischen Stützpunkt in Karschi-Khanabad behalten können, wenn wir den Versuch von Präsident Karimow, 450 Flüchtlinge nach den Vorfällen in Andijon festzuhalten, ignoriert hätten. Wir hätten eine wichtige Einrichtung zur Unterstützung unserer Einsätze in Afghanistan retten können, wenn wir unsere Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen abgemildert hätten. Wir hätten das tun können, haben wir aber nicht. Wir haben uns für die Rettung von Leben entschieden und gegen die Diktatur. Der Druck auf Taschkent kam nicht nur aus Washington, sondern auch von Großstädten aus ganz Europa. Als es darum ging, die usbekischen Flüchtlinge aus der Gefahrenzone zu bringen, öffnete die Regierung Rumäniens ihre Türen. Amerikaner und Europäer zeigten also wieder ihr Engagement für die gleichen Ziele.

In Bezug auf Weißrussland stehen wir mit unserem Ruf nach Wahlen im März an der Seite der Europäischen Union. Während die Länder entlang der Grenzen zur Freiheit ihre Gesellschaft öffnen und wieder Anschluss an diese Welt finden, weiß die Regierung Weißrusslands, dass sie zur Isolation verdammt ist, wenn sie weiterhin versucht, die Stimmen der Freiheit zu ersticken. In Bezug auf Weißrussland besteht Geschlossenheit zwischen Europäern und Amerikanern.

Die transatlantische Zusammenarbeit konzentriert sich auch auf den Nahen Osten. Wir haben die Friedensbestrebungen zwischen Israelis und Palästinensern weiter vorangebracht, als man in Europa je für möglich gehalten hätte. Der Rückzug Israels aus dem Gazastreifen und die Öffnung des Grenzübergangs Rafah – wobei die Europäische Union im Übrigen zentrale sicherheitspolitische Verantwortung übernimmt – gibt dem palästinensischen Volk die Möglichkeit, ihren zukünftigen Staat nicht lediglich theoretisch, sondern praktisch aufzubauen. Jetzt stehen wir bereit, den Palästinensern bei der Entwicklung der effektiven Instrumente der Regierungsführung behilflich zu sein, die sie für den souveränen Staat benötigen, den sie anstreben und verdienen.

Die NATO als Kern der globalen demokratischen Sicherheitsgemeinschaft

Die NATO steht im Mittelpunkt der globalen demokratischen Sicherheitsgemeinschaft. Die NATO ist außerdem ein Ort, an dem transatlantische Macht – und ich meine Macht im weitesten Sinne, einschließlich politischer, wirtschaftlicher und moralischer Macht – in Taten umgesetzt wird. Wir haben den Weg zur Stärkung der NATO und zu ihrer Ausstattung mit den erforderlichen Werkzeugen zur Sicherung und Förderung der Freiheit dargelegt. Die Aufgaben, die die NATO während des Kalten Kriegs hatte, verändern sich weiterhin radikal. Als die Mauer fiel, war die NATO wunderbar darauf vorbereitet, einen großen Krieg in Europa auszutragen, hatte aber noch nie einen Schuss in einer Auseinandersetzung abgefeuert. Ständig wurde kommentiert, die NATO sei aus dem Geschäft. Und es gab energische Debatten darüber, ob die NATO jemals "out of area" handeln solle, also außerhalb Europas.

Die NATO ist heute ein Bündnis in Aktion, das überall auf der Welt Operationen durchführt – in Afghanistan, im Irak, dem Mittelmeerraum und auf dem Balkan – und somit die transatlantische Sicherheit unterstützt. Die Mission der Internationalen Schutztruppe (ISAF) in Afghanistan veranschaulicht die Fähigkeiten, die das Bündnis entwickelt hat – und unterstützt dabei die Anstrengungen der Regierung von Präsident Karsai, Freiheit und Sicherheit in der Nation aufzubauen, noch während die Vereinigten Staaten und andere Koalitionspartner die Überbleibsel der Taliban und ihre terroristischen Verbündeten bekämpfen.

Auf dem NATO-Gipfeltreffen in Riga im November müssen wir der NATO die Instrumente an die Hand geben, die sie für ihre Aufgabe benötigt.

"Gemeinsames Vorgehen" im Irak

Lassen Sie mich jetzt auf drei weitere Themen eingehen, die im kommenden Jahr in den transatlantischen Beziehungen große Aufmerksamkeit erfordern werden.

Im Irak finden nach den Wahlen im Dezember verstärkt politische Debatten und Machtrangeleien statt. Wir neigen oft dazu, nur die aktuellen Nachrichten zu sehen, aber wenn man einen Schritt zurück tritt und sich das vergangene Jahr ansieht, wird deutlich, dass der Irak eine bemerkenswerte politische Wandlung durchgemacht hat.

In den Vereinigten Staaten ist die Debatte über den Irak auf eine Weise eskaliert, die ich verständlich finde – ich bin froh, in einem Land zu leben, in dem über das Thema Krieg oder Frieden debattiert wird – aber sie erscheint oft von den Fortschritten vor Ort abgekoppelt. In der Zwischenzeit hat sich die Debatte in Europa auf interessante Weise und, offen gestanden, in eine willkommene Richtung weiterentwickelt. Ich höre immer mehr Ansichten wie die von Bundeskanzlerin Merkel, die sowohl Amerikanern, als auch Europäern in Erinnerung rief, dass ein demokratischer Irak in jedermanns Interesse ist. Sogar französische Regierungsbeamte wie der französische Premierminister Dominique de Villepin sagen jetzt, dass die internationale Gemeinschaft "gemeinsam vorgehen" muss, um Erfolg zu gewährleisten.

Wenn man sich den Verlauf der Debatte zwischen Amerikanern und Europäern zum Thema Irak ansieht und Deutsche und Franzosen jetzt solche Ansichten äußern, haben wir offensichtlich eine neues Kapitel aufgeschlagen.

Wie unsere Meinungsverschiedenheiten mit Europa in der Vergangenheit bezüglich der Entscheidung, Saddam Hussein zu entmachten, auch geartet waren – die Europäer haben jetzt erkannt, dass ein Misserfolg der Demokratie im Irak ein ernster Rückschlag für unsere gemeinsame Sicherheit und die Aussicht auf Reformen und Stabilität im Nahen Osten wäre. Erfolg im Irak würde dagegen den Grundstein für eine Förderung der Freiheitsagenda überall in der Region legen.

Aber Worte sind nicht genug. Es ist wichtig, dass die Europäer als Folge dieser Erkenntnis auch handeln. Die neue irakische Regierung nimmt Form an und wird die demokratischste Regierung der Region sein, von den Menschen für die Menschen dieser Nation gewählt, die so lange gelitten hat. Diese neue Regierung verdient unsere Unterstützung sowie die Unterstützung demokratischer Verbündeter überall auf der Welt. Die Europäer haben die Chance, die Iraker und ihre gewählte Regierung vollständig zu unterstützen. Diese Unterstützung kann zahlreiche Formen annehmen – militärische Hilfe, Kapazitätenaufbau, politische Hilfe – aber sie muss großzügig sein.

Agenda der Hoffnung in Iran

In den vergangenen Wochen hat die Geduld der Amerikaner, Europäer sowie der gesamten internationalen Gemeinschaft mit Iran ihr Ende erreicht. Während des vergangenen Jahres haben wir eng mit den EU3 zusammengearbeitet – Frankreich, Deutschland, Großbritannien – um das iranische Atomwaffenprogramm einzuschränken und einen Weg in die Zukunft zu finden. Wir teilen die Einschätzung der Europäer, aber das iranische Regime agiert in seiner eigenen Welt.

Das Streben von Iran nach Atomwaffen ist alarmierend. Aber das Problem ist größer. Das Regime in Teheran ist nicht nur entschlossen, Atomwaffen zu entwickeln; es unterstützt auch den Terrorismus. Es unterstützt nicht nur den Terrorismus, sondern steht der Demokratie im Allgemeinen feindlich gegenüber. Ahmadinedschads bizarre Äußerungen darüber, Israel zu zerstören, erinnern an eine andere Ära. Einerseits handelt es sich bei der iranischen Regierung um eine weitere Diktatur, die ihre Herrschaft legitimieren will, indem sie eine eingebildete Bedrohung öffentlich propagiert. Andererseits handelt es sich auch um eine Diktatur, die den Islam – eine Religion, der die Vereinigten Staaten mit größtem Respekt gegenüberstehen – als Entschuldigung missbrauchen will, Drohungen und Gewalt zu rechtfertigen. In seiner derzeitigen antisemitischen, den Holocaust leugnenden Form erscheint dieser Fanatismus jedoch genauso vertraut wie hässlich.

Diese Hässlichkeit widerspricht der Ehre und dem Respekt, die wir den Iranern entgegenbringen. Außenministerin Rice sagte vergangene Woche: "Hier geht es um das iranische Regime, und es ist das iranische Regime, das Iran isoliert." Außerdem sagte sie: "Die Iraner verdienen ehrlich gesagt etwas Besseres."

Wir müssen also in der Tat eine Unterscheidung treffen. Haben sich die Iraner für die zunehmende internationale Isolation entschieden? Unterstützen sie das Regime und seine hasserfüllte Sprache? Wir sollten das nicht annehmen. Iran ist das Land einer großartigen Zivilisation, von Menschen mit einer ruhmreichen Vergangenheit und, so hoffen wir, einer ebenso ruhmreichen Zukunft.

Um eine Parallele zu ziehen: wir haben den Kalten Krieg nicht gegen die Völker der unterdrückten Nationen geführt. Wir wussten, dass die kommunistischen Regime nicht mit ihren Einwohnern gleichzusetzen waren. Ebenso wenig sollten wir heute akzeptieren, dass Theokratie und Isolation das Schicksal oder der Wunsch der Iraner sind. Der internationale Druck auf das Regime wird sich 2006 möglicherweise erhöhen. Das sollte auch so sein, aber die Demokratien der Welt sollten gleichzeitig den Iranern die Hand reichen. Zusätzlich zu unseren Bestrebungen, uns des Atomproblems anzunehmen, sollten die Vereinigten Staaten und Europa Iran 2006 eine Agenda der Hoffnung anbieten.

Nicht weit weg von Teheran, jenseits der westlichen Grenze, verwirklichen Schiiten und andere Volksgruppen im Irak ihre Ziele durch Demokratie. Die Veränderungen, die sich dort abspielen, die Hoffnung auf ein besseres Morgen, werden auch von den Iranern bemerkt.

Reformen im Nahen und Mittleren Osten

Das bringt mich zum dritten und letzten Thema der amerikanisch-europäischen Agenda: unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Förderung von Reformen im Nahen und Mittleren Osten. Sie erinnern sich vielleicht – ich erinnere mich deutlich – an die Skepsis und sogar den Hohn, mit dem diese Initiative der Regierung vor zwei Jahren begrüßt wurde. Aber ebenso wie die europäischen Haltungen zum Thema Irak hat sich diese Skepsis verändert.

Kurz vor Thanksgiving reiste ich mit Außenministerin Rice nach Bahrain. Wir trafen dort mit hochrangigen Beamten und führenden Vertretern der Zivilgesellschaft aus Europa und der Region zusammen.

Was die führenden Vertreter der Zivilgesellschaft wie Saad Ibrahim aus Ägypten erzählten, war erstaunlich. Während zahlreiche Europäer bei der Diskussion über die Reformen im Nahen und Mittleren Osten eher zurückhaltend reagieren und zu große Erwartungen befürchten, hörten wir von den Bürgern der Region die zuversichtlichsten Worte und ehrgeizigsten Hoffnungen.

Die Frage ist: Stehen die Regierungen der Region diesen demokratischen Träumen mit demselben Enthusiasmus gegenüber? Vielleicht noch nicht. Aber es gibt Reformer, innerhalb und außerhalb der Regierung. Die Vereinigten Staaten und Europa, die beiden großen Zentren demokratischer Legitimität auf der Welt, stehen ihnen zur Seite. Unser Glaube an die Demokratie – unser Glaube an das naturgegebene Recht und die Sehnsucht jeder Frau, jedes Kindes und jedes Mannes, ihre beziehungsweise seine Zukunft zu bestimmen – sollte nicht hinter dem der Reformer in der Region zurückbleiben.

Lassen Sie uns 2006 den Reformern im Nahen und Mittleren Osten zur Seite stehen und ihnen bei ihren Reformen helfen. Wie Außenministerin Rice sagte, sollten wir mit ihnen zusammenarbeiten, um instabile Status quo, die keine Zukunft und wahrscheinlich oder vielmehr sicherlich keinen Zweck haben, zu verändern. Wir dürfen dabei nicht ungeduldig sein. Wir haben einen Prozess begonnen und müssen unseren Werten und jenen Menschen in der Region vertrauen, die diese Werte teilen.

Regierungen überschätzen oft, was kurzfristig erreicht werden kann. Aber wir unterschätzen auch, was wir langfristig erreichen können. Jene, die die dramatischen Veränderungen miterlebt haben, die innerhalb einer kurzen Zeitspanne in der Geschichte zu großen Veränderungen in Osteuropa geführt haben, wissen, dass der Status quo nicht für immer anhält. Im Nahen und Mittleren Osten haben wir etwas begonnen und müssen es auch fortführen.

Welchen Beitrag leistet Europa?

Bevor ich auf Ihre Anregungen eingehe, möchte ich noch ein Thema ansprechen.

Warum Europa? Welchen Beitrag leistet Europa? Was können wir mit Europa erreichen, das wir allein nicht schaffen?

Ich muss an dieser Stelle einräumen, wobei ich das Risiko eingehe, eine Debatte aus der jüngeren Vergangenheit erneut zu entzünden, dass unilaterale amerikanische Aktionen immer eine Option sind. Aber Sie und ich wissen, dass das nicht die beste Option ist. Wir und unsere Freunde überall auf der Welt, zuvorderst Europa, können und müssen mehr leisten.

Zusammen sind die Vereinigten Staaten und Europa eine gemeinsame demokratische Zivilisation mit gemeinsamen Werten. Zusammen bilden die Vereinigten Staaten und Europa ein Quorum demokratischer Legitimität. Das ist eher eine politische Beobachtung als eine rechtliche, aber ich bin der Meinung, sie ist zutreffend. Wenn wir entzweit sind, entsteht ein moralischer Nebel über den Ereignissen und ihrer Bedeutung. Wenn wir zusammenstehen, herrscht Klarheit. Die Freunde der Freiheit wollen, dass die Vereinigten Staaten und Europa zusammenstehen. Die Feinde der Freiheit hätten es lieber, wir würden im Nebel bleiben.

Haben wir bezüglich der anzuwendenden Taktik andere Ansichten als die Europäer? Gelegentlich. Und sie bezüglich unserer Taktik auch. Während des Kalten Krieges hatten wir nahezu jeden Tag unterschiedliche Ansichten. Aber unsere gemeinsame Strategie, die in gemeinsamen Werten verwurzelt ist, führte uns zum Sieg. In der derzeitigen Schlacht für die Freiheit, angesichts dieser neuesten Ausprägung totalitärer Ideologie, wird unsere aktuelle Strategie, die ebenso in diesen Werten verwurzelt ist, auch zum Sieg führen, wenn die Vereinigten Staaten und Amerika zusammenhalten.

Vielen Dank. Ich freue mich auf Ihre Anregungen.

(Rede unwesentlich gekürzt)

 
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Aktualisiert: April 2006