Navigationsleiste U.S. Diplomatic Mission to Germany About the USA Sitemap Suche

US Siegel

Ansprache von Außenminister Colin L. Powell vor dem Transatlantischen Zentrum des German Marshall Fund in Brüssel

Brüssel, 8. Dezember 2004

 

English

(Unwesentlich gekürzt)

Die Wurzeln der amerikanischen Zivilisation - die Erfahrungen meiner Nation in den letzten zwei Jahrhunderten - liegen in Europa.

Die Gründungsdokumente, die allen Amerikanern so viel bedeuten, haben ihren Ursprung in der Aufklärung, in unseren europäischen Wurzeln. Wenn man sich die Unabhängigkeitserklärung und die darin enthaltene Beschreibung der Funktion einer Regierung ansieht, erkennt man, dass wir diese Gedanken von Europa übernommen haben.

Die Funktion einer Regierung ist es, die Rechte der Menschen zu schützen. Regierungen vergeben keine Rechte, sie gewähren kein Rechte, diese Rechte kommen von einer überirdischen Kraft, und die wichtigste Aufgabe einer Regierung ist es, diese gottgegebenen Rechte der Menschen zu schützen, indem sie eine Regierung schafft, die den Willen der Menschen widerspiegelt. Die einzige Machtquelle in einer Nation ist der Wille der Menschen, den sie einer Regierung übergeben. Das ist also die Aufgabe einer Regierung, die Rechte der Menschen zu schützen, die ihnen von Gott gegeben wurden. Diese einfache Philosophie hat meine Nation und die transatlantische Gemeinschaft angetrieben - im Falle meines Landes seit zweihundert Jahren, im Falle von Europa seit mehr als fünfzig Jahren in der jüngeren Geschichte dieses Kontinents.

Wie der Präsident in seiner ersten Pressekonferenz nach der Wiederwahl deutlich gemacht hat, will er mit ganz Europa eng zusammenarbeiten. Präsident Bush erklärte: "Alles, das wir erreichen wollen, erfordert eine weiterbleibend enge Partnerschaft zwischen Amerika und Europa. Wir sind die Pfeiler der freien Welt. Wir sind denselben Bedrohungen ausgesetzt und teilen den Glauben an die Freiheit und die Rechte jedes Einzelnen." Aus diesem Grund ist es nur natürlich, dass der erste offizielle Besucher des Präsidenten in seiner zweiten Amtszeit der NATO-Generalsekretär war und sein erster Auslandsbesuch nach Europa gehen wird.

Präsident Bush wird in die Zukunft blicken, wenn er hierher kommt. Aber er wird auch von der Vergangenheit überzeugt sein. Ich bin mir darüber im Klaren, dass einige der Schlüsselentscheidungen des Präsidenten in den letzten vier Jahren in Europa umstritten waren, vor allem die Entscheidungen zum Irak. Was immer die Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Vergangenheit und des Einsatzes im Irak auch waren, wir blicken jetzt nach vorn. Wir reichen Europa die Hand, und hoffen, dass Europa uns ebenfalls die Hand reicht.

Übertönt von dem Hintergrundlärm der letzen Jahre erfolgte eine Umgestaltung der transatlantischen Partnerschaft. Sie ist zunehmend globaler geworden. Wie auch der Marschall Fund waren wir in unseren Aktivitäten auf einen halben Kontinent beschränkt, bis wir dann nach 1989 auf einem ganzen Kontinent tätig sein konnten. Und heute, in einer Welt nach dem 11. September, entwickeln wir die transatlantische Partnerschaft weiter – über die Grenzen Europas hinaus. Und das ist sehr gut, weil die transatlantische Gemeinschaft eine Gemeinschaft der Freiheit, der Demokratie und des Friedens ist – Werte, die heute überall auf der Welt angenommen werden, universelle Werte.

Aber wir befinden uns jetzt in einer anderen Welt als zuvor. Die Bedrohungen haben sich verändert. Heute ist nicht mehr die Sowjetunion die allgegenwärtige Bedrohung, auf die wir unsere gesamte Aufmerksamkeit und Energie richten. Die Bedrohung ist diffuser, schwerer zu bekämpfen, und wird von uns in vielerlei Hinsicht größere Bemühungen erfordern. Terrorismus, Waffen-, Drogen- und Menschenhandel, transnationale Verbrechen – das sind die neuen Bedrohungen. Europa, die Russische Föderation und die Vereinigten Staaten konzentrieren sich jetzt intensiv auf die Bekämpfung dieser Gefahren des 21. Jahrhunderts.

Mehr als jemals zuvor müssen wir unsere Ressourcen mobilisieren und unsere Partnerschaft in den Dienst der Welt stellen. Das ist die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft, und meine Reise diese Woche soll dies verdeutlichen. Ich bin wegen drei Treffen hier: dem Ministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), dem Ministertreffen des Nordatlantikrats und dem US-EU-Ministertreffen. Meine Vorgänger als Außenminister waren dort, und meine Nachfolger werden ebenfalls dort sein, da wir uns auf diesen Treffen mit Themen von höchster Bedeutung auseinandersetzen. Alle drei Treffen weisen auf die vor uns liegenden Aufgaben.

Seit ihrer Geburtsstunde während des Kalten Krieges in Helsinki im Jahre 1975 ging es der OSZE um Freiheit, Demokratie und Frieden. Heute, lange nach Ende des Kalten Krieges, führt die OSZE ihre wichtige Arbeit fort. In der OSZE kommen Nordamerika und Europa zusammen, um sich für die Menschenrechte einzusetzen und gegen alle Formen von Antisemitismus, Bigotterie gegen Moslems und Bigotterie aller Art zu kämpfen. Wir können stolz sein, dass die OSZE auch bei der Überwachung von Wahlen Expertenwissen erlangt hat. Wenn die OSZE und andere Beobachter im letzten Monat nicht die Wahlen in der Ukraine überwacht hätten, wäre der Wille des ukrainischen Volks mit ziemlicher Sicherheit nicht zum Tragen gekommen und verfälscht worden. Es stand extrem viel auf dem Spiel, wie auch heute noch – weswegen wir gestern volle Unterstützung für die Weiterführung der Beobachtung der anstehenden Wahlen in der Ukraine durch die OSZE gaben.

Wahlen in jungen Demokratien können Ereignisse sein, die wachrütteln, die ganzen Nationen Zuversicht und Mut einflößen können, so dass die Menschen sich für ihre Rechte einsetzen und eine Wahl fordern, sich versammeln, wie wir es im letzten Herbst in Tbilisi und während der letzten Wochen in der Ukraine gesehen haben. Wir können es heute beobachten, wie wir es im Oktober in Afghanistan beobachten konnten, als die Menschen wählten, damit ihre Stimme gehört wird. Die Wahl in Afghanistan schlug ein neues Kapitel in der Geschichte eines Volkes, einer Region, einer Ära auf. Die OSZE spielte hierbei eine entscheidende Rolle.

Am Sonntag, dem 9. Oktober, wachte ich auf und sah, was sich über Nacht bei den Wahlen in Afghanistan ereignet hatte. Ich wachte auf und sah den Bericht des Leiters der OSZE-Beobachtermission, der erklärte, dass die Wahlen in Afghanistan trotz aller Herausforderungen frei und fair gewesen seien. Die Menschen verließen ihre Häuser, trotz des Terrors, der Gewalt und der tödlichen Gefahr. Der Präsident erzählt gerne die Geschichte einer 19-jährigen Frau, die sich unter den ersten Wählern befand und sich nie erträumt hätte, dass sie die Chance bekäme, ihre Meinung auf diese Art auszudrücken, aber sie bekam sie. Millionen von Afghanen wählten. Und gestern sahen wir etwas im Fernsehen, das in Afghanistan noch nie gesehen wurde: ein neuer, frei gewählter Präsident bei seinem Amtsantritt. Die afghanischen Parlamentswahlen im April werden auf diesen Erfolg aufbauen, aber für einen erneuten Erfolg wird die OSZE benötigt, und sie wird wieder vor Ort sein.

Jetzt ist es an der Zeit, dass die OSZE ihre Arbeit erweitert. Wir wollen, dass sich der Erfolg Afghanistans in den palästinensischen Wahlen am 9. Januar wiederholt, und ich hoffe, dass die OSZE dort sein wird. Wir glauben auch, dass es unsere Pflicht im Sinne der Schlussakte von Helsinki ist, den Irakern zu helfen, die Art von Wahl abzuhalten, die sie verdienen, und ich hoffe, dass wir uns diesbezüglich einigen können, so dass die OSZE bei den Wahlen im Irak am 30. Januar eine Rolle spielen kann.

Aber die OSZE steht nicht nur für Demokratie und Menschenrechte. Tatsächlich ist es so, dass sich die meisten der gestern bei unseren Treffen in Sofia gefällten 21 Entscheidungen auf die Wirtschafts- und Sicherheitsdimensionen der OSZE konzentrierten: Containersicherheit, Passsicherheit sowie die Kontrolle von Handfeuerwaffen und kleinen Waffen sind jetzt Teil des OSZE-Aktionsplans. Keine dieser Maßnahmen wird Schlagzeilen machen, sie erscheinen nicht weltbewegend, aber zusammengenommen sind sie ein Maßnahmenkatalog, der wichtig und entscheidend für den Umgang mit den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts ist.

Die herausragende transatlantische Sicherheitsorganisation ist natürlich die NATO, und ich freue mich schon heute auf die Treffen, die morgen hier stattfinden. Die Mission der NATO, Sicherheit für die atlantische Welt zu garantieren, hat sich nie verändert, jedoch hat sich die ganze Welt verändert, hauptsächlich als Konsequenz des Erfolgs der NATO. Die NATO musste sich also anpassen, um ihrer Mission unter neuen strategischen Bedingungen gerecht zu werden. Ich habe diesen Prozess seit vielen Jahren mit meinen eigenen Augen verfolgt. Morgen ist mein letztes NATO-Treffen in einer langen Reihe von NATO-Treffen.

Ich kann mich an mein erstes NATO-Treffen erinnern, das im nächsten Monat 46 Jahre her ist. Ich war ein junger Leutnant und scharte die 40 Mitglieder meines Zuges in der Fuldaer Sende um mich und sagte: "Wir sind die NATO, und solange wir die Schlacht um dieses kleine Stück der Fuldaer Sende gewinnen, werden Westeuropa und Nordamerika in Sicherheit sein. Verstanden, Männer?" "Ja, verstanden." Und deswegen gebe ich gerne an und sage, wenn Sie wissen wollen, wer den Kalten Krieg gewonnen hat, dann war ich das mit meinen 40 Soldaten in der Fuldaer Sende. Aber der Kern der Geschichte ist, dass wir alle wussten, warum wir dort waren, als ich vor 46 Jahren mit meinen jungen Soldaten zum ersten Mal diesen Fleck Erde betrat. Wir waren uns der wichtigen Rolle dieses Bündnisses für die Wahrung von Frieden und Freiheit, unserer Ideale und Lebensweise bewusst, zu dem wir gehörten.

Und 28 Jahre später kehrte ich als Kommandeur an denselben Ort in dieselbe Fuldaer Sende zurück, und sie war noch da, und die 8. Russische Armee stand noch immer auf der anderen Seite. Aber die Dinge hatten angefangen, sich zu verändern, und ich konnte diese Veränderungen bei allen NATO-Treffen sehen, die ich anfing, zu besuchen, zuerst in den frühen Achtzigern als Militärassistent eines großartigen Mannes, Verteidigungsminister Cap Weinberger. Wir gingen zu den NATO-Treffen, und es gab die verzwicktesten Auseinandersetzungen über alle möglichen Dinge. Sie denken, dass die jüngsten Auseinandersetzungen schlimm waren... Sie hätten dabei sein sollen, als die INF-Stationierung aktuell war und es überall in Europa Demonstrationen gegen diesen schrecklichen amerikanischen Einfall gab, Pershing-2-Raketen und bodengestützte Marschflugkörper gegen die russischen SS-20 zu stationieren. Schrecklich! Das darf nicht sein! Demonstrationen, schlechte Idee, das zu tun. Wir taten es. Europa stand an der Seite von Nordamerika.

Und einige Jahre später war ich auch stolz, der Verhandlungsführer des INF-Vertrages zu sein, zusammen mit Minister Schultz und Herr Nitze und vielen anderen, die den INF-Vertrag aushandelten, der die ganzen Raketen abschaffte. Entschlossene Zielgerichtetheit, der Wille, gegen die damals vorherrschende öffentliche Meinung zu handeln, weil wir wussten, was das Richtige war. Und das Ergebnis war, dass wir alle diese Waffen beseitigten und anfingen, den Weg zu bereiten für das, was folgte.

Ein paar Jahre später war ich wieder dort, diesmal als Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Reagan, und wir gingen 1987 und 88 zu den NATO-Treffen. Sie hatten etwas Einzigartiges – man saß da und wartete, dass alle 16 Staats- und Regierungschefs zu Wort kamen, und jeder von ihnen hatte eine andere Geschichte über Gorbatschow zu erzählen. Und jeder hatte Gorbatschow gerade erst getroffen. "Mit diesem Mann können wir verhandeln", "Das ist ein Mann, der einen Unterschied bewirkt." Perestroika, Glasnost, ich erinnere mich lebhaft an diese Zeit. Und wir alle beobachteten die Lage. Konnte es wahr sein? Konnte es sein, dass die Dinge sich ändern würden?

Und ich beobachtete weiter in meiner Rolle als Nationaler Sicherheitsberater, besuchte fünf Gipfeltreffen mit Gorbatschow und werde nie den Tag vergessen, als er mich über den Tisch hinweg ansah in Anwesenheit von Minister Schulz, und er wusste, dass ich mir nicht sicher war, worauf er hinaus wollte. Und er sah mich über den Tisch hinweg an und sagte: "Oh, Herr General, es tut mir so leid, Sie werden sich einen neuen Feind suchen müssen." Ich erinnere mich an meine Reaktion. "Das will ich nicht. Sie müssen wissen, ich habe viel in diesen Feind investiert, ändern Sie mein Leben nicht, nur weil Sie einen schlechten Tag haben." Ich kann nur sagen, mein Leben änderte sich, unser Leben änderte sich, das transatlantische Bündnis veränderte sich.

Ich war bei einem Treffen mit den Vereinigten Stabschefs an dem Abend im November 1989, als die Menschen in Berlin zur Mauer gingen und gegen sie hämmerten, bis sie vor ihnen zusammenbrach. Ich war dort als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs am Anfang des nächsten Jahrzehnts, als die Sowjetunion und der Warschauer Pakt zusammenbrachen, und die Freiheit sich ihren Weg bahnte. Überall in Eurasien erblühten zarte Pflanzen der Freiheit wie wilde Blumen im Frühjahr. Wir standen das alles durch, das Gute, das Schlechte und das vorübergehend Mysteriöse.

Und heute befinden wir uns am Ende des Jahres 2004. Als ich Ende des Kalten Krieges noch Vorsitzender war, habe ich öfter mit russischen Generälen diskutiert, als die Sowjetunion anfing, zu zerbrechen. Und sie sagten: "Jetzt gibt es keinen Warschauer Pakt mehr, dann sollte es auch keine NATO mehr geben. Wenn wir keinen Warschauer Pakt haben, braucht ihr keine NATO." Und meine Antwort war: "Wisst ihr, das klingt irgendwie logisch, ich kann das nachvollziehen, aber es gibt ein kleines Problem." "Was für eines?" "Ich werde immer noch nach Mitgliedschaftsanträgen für die NATO gefragt." Sie ist also noch eine funktionierende, lebendige Organisation. Die Menschen sehen noch eine Notwendigkeit für sie.

Warum ist das so? Weil die NATO die Grundlage des transatlantischen Friedens und der Sicherheit ist. Außerdem ist sie eine politische und militärische Organisation, die sich verändern kann, wenn sich die Bedrohung und Anforderungen ändern. Und wir haben festgestellt, dass die NATO nicht einfach für die Sowjetunion existierte. Sie hat einen anderen Zweck, ein anderes Leben. Sie bezieht die ehemaligen Nationen der Sowjetunion ein, sie arbeitet im NATO-Russland-Rat mit Russland zusammen, um eine sicherere transatlantische Union und sicherere Beziehungen zu schaffen und sich aktiv auf die anderen Bedrohungen außerhalb des Bündnisses konzentrieren zu können und auf sie zu reagieren .

Am Ende des Jahres 2004 tritt die NATO aktiver als je zuvor auf und stellt sich den neuen Herausforderungen eines neuen Zeitalters. Mit 26 Mitgliedern erreicht die NATO mehr, als ihre Gründungsväter je für möglich gehalten hätten, und sie ist weiterhin offen für neue Mitglieder. Es war trotzdem keine Überraschung, dass all dies geschah. Es ist für mich nicht erstaunlich, dass die ehemaligen Mitglieder des Warschauer Pakts der NATO beitreten wollten. Sie sahen die NATO als das, was sie ist – eine Organisation, die sich auf die Prinzipien des Friedens, die Menschenwürde jedes Einzelnen und Demokratie stützt – sowie eine Organisation, die Europa mit Nordamerika und Amerika mit Kanada verbindet, so dass Sicherheit für die transatlantische Region gewährleistet ist. Lassen Sie mich nur kurz auf die Veränderungen in den letzten 15 Jahren eingehen...

Während dieser letzten 15 Jahre ist sehr viel passiert. Die erweiterte NATO ist nicht mehr nur ein Bündnis, das hauptsächlich der Verteidigung des gemeinsamen Gebiets dient, sondern auch der Verteidigung gemeinsamer Prinzipien, wo immer auf der Welt gegen diese gemeinsamen Prinzipien verstoßen wird oder wo immer sie bedroht werden. Der NATO ging es hauptsächlich um Europa; out-of-area-Einsätze waren nur von zweitrangiger Bedeutung. Ich kann mich an so viele Diskussionen erinnern, die wir über out-of-area-Einsätze hatten – das Thema ist eines der Klischees, über die wir uns ständig gestritten haben. "Was genau ist die Zuständigkeit der NATO, warum machen wir uns Sorgen über diese weit entfernten Orte?" Jetzt stehen wir meistens dieser Art von Herausforderung gegenüber, und da sie out-of-area sind, muss die NATO dort vor Ort sein.

Was mich persönlich jedoch beeindruckt, ist, wie schnell und erfolgreich sich die NATO auf die Herausforderungen nach dem Kalten Krieg eingestellt hat. Die Anpassung begann in Europa, auf dem Balkan. Die NATO spielte in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo eine unentbehrliche Rolle, und wir standen unerschütterlich an der Seite unserer NATO-Kollegen. Manche machten sich am Anfang der Präsidentschaft Bushs Sorgen, aber wir haben es klar mit einem einfachen amerikanischen Klischee ausgedrückt: "Wir sind zusammen gekommen, und wir werden zusammen gehen." So sind wir an die Sache herangegangen, und so haben wir es gemacht.

Die erfolgreiche Sicherheitsmission der NATO in Bosnien endete offiziell vor nur sechs Tagen und die Übergabe an die neue EU-Mission erfolgte reibungslos. Die NATO und die EU haben gelernt, ihre Kräfte unter den Regeln von Berlin-Plus zusammenzuführen; einige dachten, dies sei zu schwierig zu handhaben, aber wir haben es geschafft, und es klappt.

Da die NATO heute auch außerhalb von Europa eine wichtige Rolle spielt, müssen wir Maßnahmen einleiten, um die neuen Herausforderungen der NATO zu erfüllen. Wir müssen die Kürzungen in den Verteidigungsetats und beim Personal in einigen Mitgliedsländern umkehren und die bürokratischen oder nationalen Hindernisse bei der Bereitstellung von Streitkräften abschaffen. Wir müssen bezüglich unserer Fähigkeiten mehr tun. Wenn wir diese zusätzlichen Missionen annehmen – und das müssen wir tun – dann müssen wir diesem Vorhaben und diesen Worten reale Fähigkeiten zuordnen.

Der erste große Militäreinsatz der NATO außerhalb Europas in Afghanistan zeigt, zu was wir fähig sind, wenn wir nur wollen. Die NATO schuf eine NATO Response Force, die sich bereits in Afghanistan unter Beweis stellt. Die Internationale Schutztruppe besteht aus 9.000 NATO-Soldaten und wird von einem französischen General geführt. Da jetzt die Wahlen anstehen, sollten wir die Chance nutzen, die Internationale Schutztruppe zu stärken und zu erweitern. Wir müssen uns zusammen an einen Tisch setzen und herausfinden, wie die internationalen und amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan am besten mit den afghanischen Streitkräften zusammenarbeiten können. Eine Fusion aller ausländischer Sicherheitskräfte in Afghanistan wäre wohl am sinnvollsten. Wir müssen das in den nächsten Monaten prüfen.

Wir arbeiten an einem weiteren Vorhaben, das die Vitalität des Bündnisses demonstriert: Im Juli haben wir auf dem NATO-Gipfel zusammen beschlossen, eine Übungsmission für irakische Sicherheitskräfte aufzubauen, wie sie von der irakischen Interimsregierung erbeten worden war. Die Regierung bat uns um Hilfe, um unsere Unterstützung. Diese Mission läuft bereits. Die NATO hat auch ein großes Einbindungsvermögen externen Partnern gegenüber bewiesen. Wir haben die Istanbuler Kooperationsinitiative in die Welt gerufen. Sie unterstützt Reformen im Nahen und Mittleren Osten und in Nordafrika, indem Übungskapazitäten, gemeinsame Friedenssicherung und andere Möglichkeiten zur koordinierten Sicherheitsarbeit angeboten werden. Der Mittelmeerdialog der NATO stärkt den Barcelona-Prozess der Europäischen Union. Beide Projekte werden jetzt im Rahmen der Istanbuler Initiative zusammengeführt. Und beide Projekte, alle diese Projekte, unterstützen die Initiative für den Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika der G8. Beim Abendessen heute Abend werde ich zahlreiche andere Außenminister anlässlich des NATO-Mittelmeerdialogs treffen.

Es wird das erste Treffen auf Ministerebene seit zehn Jahren sein, bei dem wir vertiefen können, wie wir am besten mit den Partnern im Nahen Osten zusammenarbeiten können. Die Nationen des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrikas brauchen unsere Unterstützung, und wir sind auf eine Weise bereit, diese Unterstützung zu leisten, wie es sich die Gründungsväter der NATO nie hätten vorstellen können.

Ich freue mich darauf, am Sonntag in Marokko auf dem ersten Treffen des Forums für die Zukunft mit unseren Partnern in der G8 und NATO zusammenzuarbeiten, um unsere gemeinsame Agenda im Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika voranzutreiben. Im Rahmen des Forums treffen sich 28 Länder von innerhalb und außerhalb der Region, um ihre Anstrengungen und Ressourcen zum Vorantreiben der Reformen zu bündeln. Wir versuchen nicht, anderen unsere Ansichten aufzuzwingen. Wir versuchen nicht einmal, Diagnosen bezüglich der Probleme anderer Menschen abzugeben. Die Araber haben selbst in den Berichten über die menschliche Entwicklung der UN gezeigt, dass sie die ihnen bevorstehenden Defizite und Herausforderungen besser als alle anderen kennen.

Überall in der Region geschieht etwas. In manchen Fällen handeln die Regierungen und fordern Veränderungen von ihrer Bevölkerung. Manchmal handeln Zivilorganisationen, die Zivilgesellschaft und mutige Einzelpersonen und fordern Veränderungen von ihren Regierungen. Jede Situation ist anders, jedes Land hat seinen eigenen Weg in die Zukunft, der abhängig ist von seiner Geschichte, seiner derzeitigen politischen Situation und seiner Kultur. Wir können ihnen helfen. Wir haben Unruhen gesehen, wir haben die Stimmen gehört, die Modernisierung und Reformen fordern, und es ist die Pflicht der Industriestaaten, der G8, der EU und der NATO, diese Menschen einzubeziehen und ihnen zu helfen.

Die Initiative für den Nahen und Mittleren Osten soll denen helfen, die Veränderungen möchten, ihre Stimme zu verstärken. Außerdem können die Reformen den Menschen in der Region reale Verbesserungen bringen. Wirtschaftliche Reformen fördern den Handel, schaffen Arbeitsplätze und erhöhen den Wohlstand. Daran sind wir im Nahen und Mittleren Osten interessiert, daran sind wir überall in der transatlantischen Region interessiert. Politische Reformen verbessern die Möglichkeit eines Mitspracherechts der Bürger an Entscheidungen, die sie, ihre Familien und Gemeinden betreffen. Die Stärkung der Rechte der Frau gibt Frauen die Möglichkeit, ihre Kinder zu ernähren, zu kleiden, zu erziehen und ihre Gesundheit zu bewahren. Die Gewährleistung von Bildungschancen bereitet die jungen Menschen von heute darauf vor, die Führungskräfte unserer Welt von morgen zu sein.

Wir möchten gemeinsam mit unseren europäischen Bündnispartnern Frieden und positiven Wandel unterstützen – nicht nur durch die OSZE, die NATO und die G 8, sondern auch durch die europäisch-amerikanischen Beziehungen. Ein Großteil unserer Beziehungen zu Europa betrifft Wirtschaftsangelegenheiten, Handel und Investitionen, wissenschaftlich-technischen Austausch, Forschung im Bereich von Energie und Umwelt sowie andere ähnliche Projekte. Vor allem arbeiten wir äußerst eng zusammen, um Terroristen das Handwerk zu legen, indem wir die Kanäle der Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden sowie eine Vielzahl anderer Mittel nutzen. Dies ist die Frontlinie unserer gemeinsamen Verteidigung gegen den Terrorismus.

Darüber hinaus kooperieren die Vereinigten Staaten und die Europäische Union unter der Federführung Italiens im Auftrag der G 8, um internationale Polizeieinheiten in ehemalige Krisengebiete zu entsenden. Während wir an der Frontlinie in der Terrorismusbekämpfung kämpfen, arbeiten wir auch darauf hin, den Terroristen den Raum und die Chance zu verweigern, Pläne zu schmieden und Anhänger zu werben. Im gleichen Tenor sind die Vereinigten Staaten und die Europäische Union im Hinblick auf die Beilegung von Konflikten in der arabischen und muslimischen Welt zunehmend einer Meinung.

Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union sind sich beispielsweise bezüglich der Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts einig. Wir sind uns beide bewusst, dass dieser Konflikt einen Schatten auf all unsere Bemühungen in der Region wirft. Wir unterstützen beide zwei unabhängige Staaten – einen unabhängigen palästinensischen Staat und den Staat Israel - die Seite an Seite in Frieden leben. Wir unterstützen beide den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands im Rahmen des Friedensprozesses, um zu diesem Prozess zurückzukommen. Wir möchten beide freie und faire Wahlen für die Palästinenser, und wir sind beide bereit, zu diesem Ergebnis beizutragen.

Wie erreichen wir das alles? Wir arbeiten als Quartett, das die diplomatische Macht der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Russlands und der Vereinten Nationen vereinigt. Angesichts der Veränderungen in der palästinensischen Führung ist Präsident Bush entschlossen, die Gunst der Stunde zu nutzen. Wir werden unsere diplomatischen Bemühungen verstärken, weil wir eine Chance sehen, reale, hoffentlich entschiedene Fortschritte zum Frieden zu erzielen. Auch im Irak haben wir eine Chance zur Zusammenarbeit.

Ich habe es bereits erwähnt, aber ich möchte diesen Punkt hervorheben. Viele der 25 Mitglieder der EU sind im Irak vor Ort, um dem irakischen Volk und der irakischen Übergangsregierung zu helfen, und ihr Beitrag ist von entscheidender Bedeutung.

Das irakische Volk strebt nach Freiheit. Die Iraker möchten ihre Politiker selbst wählen. Sie möchten wählen, sie möchten unverzüglich wählen, sie möchten nächsten Monat wählen. Wir dürfen die Zukunft und die Hoffnungen der Iraker nicht an Terroristen und Schergen verpfänden, die sie einzuschüchtern versuchen. Das können und werden wir nicht zulassen. Wir sehen also diese schlechten Nachrichten, aber es kommen auch gute Nachrichten von dort. In über 80 Prozent des Landes werden Wahlen abgehalten, um über die politische Führung vor Ort zu entscheiden. Wir sehen, dass Schulen, Krankenhäuser und Unternehmen den Betrieb aufnehmen; im ganzen Land geht das Leben weiter und die Menschen nehmen die Gestaltung ihrer Zukunft in die Hand.

Oft würdigen wir den außerordentlichen Mut so vieler Iraker nicht genug - Politiker und Bürger gleichermaßen - die ihre Chance für eine bessere Zukunft sehen und bereit sind, sie jeden Tag, wenn sie aufstehen, aufs Spiel zu setzen, weil sie an diese Zukunft glauben. Und wir müssen ihnen helfen. Ich habe Grund, an diese Zukunft zu glauben, weil ich weiß, dass diese Zukunft kommen wird - weil wir hier sein werden, um ihnen zu helfen.

Wir müssen uns unser Ziel vor Augen führen. Wir möchten der arabischen Demokratie im Irak, in Palästina und andernorts eine Chance geben. Wir möchten die Kraft der Freiheit freisetzen, wo immer sie am dringendsten benötigt wird. Wir wissen, dass das nicht leicht ist; wir wissen, dass Demokratie von bestimmten Verhaltensweisen und Institutionen abhängt, die nicht über Nacht entstehen.

Aber sehen Sie sich die Ukraine an. Betrachten Sie sich, was das ukrainische Volk getan hat. Die ukrainischen und russischen Behörden vernehmen eine deutliche Botschaft aus Nordamerika und Europa – in diplomatischem Stereoton. Dieser Stereoton bewirkt etwas, und wir sagen: Lasst das Volk entscheiden!

Mehr als je zuvor liegt das Schicksal der Ukraine dort, wo es hingehört – in den Händen des ukrainischen Volks. Wir in den Vereinigten Staaten und Sie in Europa bewundern den Mut so vieler, die für Rechtsstaatlichkeit und die Verfassung eingetreten sind, die friedlich versucht haben, die bei der letzten Wahl aufgetretenen Schwierigkeiten zu meistern. Wir unterstützen eine zweite Stichwahl am 26. Dezember als besten Weg zur Wiederherstellung des Vertrauens und der Integrität der politischen Institutionen der Ukraine. Unseres Erachtens hat das Oberste Gericht der Ukraine eine kluge Entscheidung getroffen. Und ich habe mich sehr gefreut, heute Morgen zu erfahren, dass sich die Rada - das ukrainische Parlament - dieser Entscheidung anschließt. Die Rada hat das erforderliche Gesetz verabschiedet, um einen Prozess in Gang zu setzen, der zu einer zweiten Stichwahl am 26. Dezember führt. Die Ukrainer schließen sich zusammen, um eine ukrainische Lösung für dieses Problem zu finden, und wir alle stehen bereit, um zu helfen. Alles, was wir fordern, alles, was wir möchten, alles, was wir immer gewollt haben, sind freie, faire, offenen Wahlen, damit die Stimme des ukrainischen Volkes gehört werden kann.

In der heutigen Welt ist die Macht der Ideen stärker als je zuvor. Und wo die globale Gemeinschaft der Demokratien größer ist als je zuvor – wie in der Ukraine – unternehmen viele Gesellschaften gemeinsame Schritte. Es wird unsere gemeinsamen Bemühungen erfordern, sicherzustellen, dass die Ukraine die Hilfe erhält, die sie benötigt, denn wir haben im Nahen Osten und andernorts gemeinsam so viel zu tun. Die Vereinigten Staaten können viel von einem weiteren fähigen, demokratischen Partner in Europa profitieren. Wir unterstützen die europäische Integration nach wie vor. Wir unterstützen die künftige Erweiterung der Europäischen Union. Wir möchten, dass die Europäische Union globale Präsenz entwickelt, so dass wir den starken Partner haben, den wir benötigen.

Während sich unser Bündnis für die Herausforderungen der Zukunft wappnet, möchte ich Ihnen einige Anregungen zum Nachdenken geben. Die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder ruht in der Stabilität und den Chancen, die Demokratie mit sich bringt. Die Faktoren Demokratie, öffentliche Meinung, Bildung, Information und Kommunikation betreffen sogar undemokratische Regime. Man kann diese Ideen nicht mehr aussperren. Es gibt keine politischen oder geistigen Grenzen, die diese Ideen davon abhalten können, in die dunkelsten Ecken der Welt vorzudringen.

Wir müssen demokratischen Wandel unterstützen, wo immer er sich vollzieht. Das ist gleichermaßen unsere Politik und unser Credo. Was Präsident Bush als die "wandelnde Kraft der Freiheit" bezeichnet, ist das zentrale Element, die zentrale Triebkraft der amerikanischen Politik auf Jahre hinaus.

Wir müssen den Mut aufbringen, grundlegenden Wandel herbeizuführen und dürfen uns nicht damit zufrieden geben, Bedrohungen nur zu bewältigen oder einzudämmen. Wir haben zu viele Jahre darauf gewartet, dass Saddam Husseins Irak und das Talibanregime den Willen der internationalen Gemeinschaft befolgen. Wir müssen bereit sein, Chancen zu schaffen und zu ergreifen. Die rasche Umgestaltung Libyens von einer Gefahr zu einem rehabilitierten Mitglied der internationalen Gemeinschaft ist ein beeindruckendes Beispiel.

Gemeinsam müssen die Vereinigten Staaten und Europa durch die NATO, die EU, die OSZE und andere transatlantische Institutionen der Umsetzung unserer gemeinsamen Vision eines freien, friedlichen und demokratischen Nahen und Mittleren Ostens oberste Priorität einräumen. Unsere Arbeit am israelisch-palästinensischen Frieden geht Hand in Hand mit unserer Unterstützung der Reformen und Modernisierung in der Region. Die Vereinigten Staaten und Europa müssen die Umsetzung von Demokratie als zentrales Element beim Kampf gegen den Terrorismus ansehen. Gesunde demokratische Gesellschaften sind das beste Bollwerk gegen den Terrorismus, obwohl unsere Erfahrungen und die Spaniens, Russlands und anderer Länder zeigen, dass keiner von uns gegen Terrorismus gefeit ist.

Die Vereinigten Staaten und Europa sind Partner, nicht nur aufgrund dessen, was wir sind und wofür wir eintreten. Wir sind Partner, weil wir auf der Grundlage gemeinsamer Grundsätze und Werte gemeinsam handeln.

Unsere Werte und unsere Interessen sind letztlich untrennbar. Wir sind uns auch bewusst, dass wir nur effektiv sein können, wenn die Vereinigten Staaten und Europa als Partner zusammenarbeiten, als Partner in Freiheit und als Partner beim Handeln. Das haben wir seit Jahrzehnten getan. Wir waren erfolgreich, und wir müssen weiterhin erfolgreich sein um sicherzustellen, dass wir unsere Erfolgsbilanz fortsetzen.

Sie können sicher sein, dass Präsident Bush und seine Regierung alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um Europa ihre Verpflichtung zu dieser Partnerschaft zu beweisen. Unser Verständnis der erzielten Erfolge und unsere Bereitschaft, den erforderlichen Preis zu bezahlen und die erforderlichen Lasten zu tragen, sollen sicherstellen, dass wir in den vor uns liegenden Jahren der Herausforderungen weiterhin erfolgreich sind.

Vielen Dank.

Originaltext: Powell Urges Europe to Work with U.S. to Support Democracy

 
HINWEIS
Verweise dieses Servers auf bestimmte Produkte oder Dienste stellen keine Unterstützung der US-Regierung für das Produkt oder dessen Produzenten bzw. Anbieter dar. Ansichten und Meinungen, die in den Verweisdokumenten geäußert werden, entsprechend nicht zwingend denen der US-Regierung und spiegeln diese auch nicht wider.
U.S. Diplomatic Mission to Germany/Public Affairs/Information Resource Centers 
Aktualisiert: Februar 2005