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Antisemitismus darf unter uns keinen Platz haben
Rede von Außenminister Colin L. Powell

Originaltext: Anti-Semitism Shall Have No Place Among Us

Nachfolgend veröffentlichen wir eine Rede des amerikanischen Außenministers Colin L. Powell bei der Antisemitismuskonferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Berlin vom 28. April 2004

Vielen Dank Herr Moderator, Herr Vorsitzender Passy, Minister Fischer, Ministerkollegen und Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren. Es ist mir eine große Freude, hier Präsident Bush und das amerikanische Volk zu vertreten.

Herr Vorsitzender Passy, ich möchte Ihnen meinen Dank aussprechen für Ihre Führungsrolle, bei der Planung und Organisation dieser wichtigen Antisemitismuskonferenz. Ich möchte auch der deutschen Regierung und meinem guten Freund Joschka Fischer meinen aufrichtigen Dank für ihre Rolle als Gastgeber unserer Zusammenkunft und für die entschiedene Position aussprechen, die sie gegen diese jahrhundertealte noch immer bestehende und sich entwickelnde Form der Intoleranz vertreten. Ich möchte ferner die Gelegenheit ergreifen, meine Wertschätzung für Bundespräsident Johannes Rau zum Ausdruck zu bringen - nicht nur für die Eröffnung dieser Konferenz, sondern auch für die Führungsrolle, die er während der 52 Jahre im Dienste der Deutschen und der Weltöffentlichkeit im Kampf gegen den Antisemitismus und bei so vielen anderen dringenden Fragen übernommen hat.

Berlin bietet für unser Treffen den passenden Rahmen. Der Feuersturm des antisemitischen Hasses - der Holocaust - fand hier in Berlin statt. Der Holocaust war keine normale Feuersbrunst, sondern ein ungeheurer Akt der Brandstiftung in nie dagewesenem Ausmaß mit dem Ziel der Vernichtung eines Volkes. Sechs Millionen Juden und Millionen anderer Männer, Frauen und Kinder starben in den Flammen des Faschismus. Die europäische Zivilisation, wie wir sie zu kennen glaubten, war auseinander gebrochen.

Und doch war es ebenfalls hier in Berlin, dass sich ein neues, demokratisches Deutschland aus der Asche des Zweiten Weltkriegs erhob. In dieser Stadt wurde auch ein neues Europa geboren - ungeteilt und frei - nach dem Niedergang der anderen großen Tyrannei des 20. Jahrhunderts: des Kommunismus.

Jetzt, im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, sind unsere 55 demokratischen Staaten aus Europa, Eurasien und Amerika nach Berlin gekommen, um die neuen Feuer des Antisemitismus in unseren Gesellschaften auszutreten und eine Flamme der Toleranz zu entzünden, damit zukünftige Generationen niemals das unbeschreibliche Grauen kennen lernen, dass durch Hass hervorgerufen werden kann.

Als Präsident Bush letztes Jahr das Konzentrationslager Auschwitz besuchte, erneuerte er die Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Bekämpfung des Antisemitismus mit folgenden Worten: "Dieser Ort ist eine ernste Mahnung, dass die Menschheit beim Auftreten von Antisemitismus - sei es in Europa, Amerika oder andernorts - zusammenkommen muss, um diese dunklen Impulse zu bekämpfen."

Heute sehen wir uns mit der hässlichen Realität konfroniert, dass Antisemitismus nicht nur eine geschichtliche Wahrheit, sondern ein gegenwärtiges Problem ist.

Bei einem Planungstreffen für diese Konferenz sagte Benjamin Meed, der Präsident des American Gathering of Holocaust Survivors: "Ich hätte niemals gedacht, dass ich sechzig Jahre nach dem Holocaust zu einer Antisemitismuskonferenz in Europa eingeladen würde."

Wir sind entsetzt, dass in jüngster Zeit die Fälle antisemitischer Hassverbrechen in unserer Gemeinschaft demokratischer Staaten zugenommen haben. Wir alle sind uns darüber im Klaren, dass wir entschlossen Maßnahmen zur Umkehr dieser beunruhigenden Entwicklung treffen müssen.

Unsere Staaten müssen mit Nichtregierungsorganisationen, religiösen Führern und anderen geachteten Persönlichkeiten in unseren Gesellschaften zusammenarbeiten, um Antisemitismus durch Worte und Taten zu bekämpfen. Wir müssen partnerschaftlich zusammenarbeiten, um eine Kultur der gesellschaftlichen Toleranz und der Zivilcourage zu schaffen, in der Antisemitismus und andere Formen von rassischem oder religiösem Hass auf aktiven Widerstand unserer Bürger, Behörden und der politischen Führung stoßen.

Wir müssen die eindeutige Botschaft überall verbreiten, dass Antisemitismus immer falsch und gefährlich ist.

Wir müssen ferner die eindeutige Botschaft vermitteln, das antisemitische Hassverbrechen genau dies sind: Verbrechen - und dass diese Verbrechen entschieden verfolgt werden.

Wir dürfen nicht hinnehmen, dass antisemitische Verbrechen als unvermeidliches Nebenprodukt interethnischer Konflikte abgetan werden. Politische Unstimmigkeiten sind keine Rechtfertigung für tätliche Angriffe auf Juden auf unseren Straßen, die Zerstörung jüdischer Schulen oder die Schändung von Synagogen und Friedhöfen. Für Antisemitismus gibt es keine Rechtfertigung.

Es ist kein Antisemitismus, die Politik des Staates Israel zu kritisieren. Die Schwelle wird allerdings überschritten, wenn Israel oder seine politischen Führer verteufelt oder verunglimpft werden, zum Beispiel durch Nazisymbole oder rassistische Karikaturen.

Wir müssen eine eindeutige Botschaft an Extremisten des rechten und des linken politischen Spektrums senden, dass all jene, die Hass als Wahlwerbung missbrauchen, sowohl sich selbst als auch ihre Sache entehren.

Leider gibt es auch in meinem Land Antisemiten, Skinheads, andere Rassisten, Fanatiker und Extremisten, die Angst und Ignoranz schüren und sich die Schwachen als Opfer aussuchen.

Als Einwanderernation sind wir entschlossen, uns zu Wort zu melden und sowohl bei uns als auch im Ausland gegen Antisemitismus und andere Formen der Intoleranz vorzugehen, sowie die Rechte Angehöriger von Minderheiten zu fördern. Präsident George W. Bush erklärte: "Amerika steht für die nicht verhandelbaren Forderungen der menschlichen Würde."

Glücklicherweise fühlt sich die überwältigende Mehrheit der Amerikaner von jenen, die Hass schüren, abgestoßen und lehnt ihr bösartiges Handeln, ihre bösartigen Einstellungen und ihre bösartige Haltung ab. Ein Großteil der Amerikaner betrachtet Vielfalt als nationalen Vorteil und Toleranz als bürgerlichen Wert. In unseren Gesetzen und durch unsere Führungspersönlichkeiten wird diese aufgeklärte Sicht wiedergespiegelt.

Wir glauben nicht nur, dass die Bekämpfung des Hasses richtig ist, wir denken auch, dass die Förderung von Toleranz wesentlich zum Aufbau einer demokratischen, wohlhabenden und friedlichen Welt beiträgt. Hass bedeutet Zerstörung, nicht Aufbau. Menschen, die vom Hass zerfressen werden, können keine bessere Zukunft für sich oder ihre Kinder aufbauen.

Ein Großteil des Elends und der Instabilität auf der heutigen Welt werden durch ethnische und religiöse Intoleranz verursacht oder verstärkt, sei es in Zentralafrika, im Nahen und Mittleren Osten, in Nordirland oder Zypern, im Kosovo oder in der sudanesischen Darfur-Region. Der Weg vom Vorurteil zur Gewalt, von Intoleranz zu Gräueltaten kann gefährlich kurz sein. Die Lehren, die wir aus dem Holocaust gezogen haben, sind immer gültig und sie sind dringlich. In diesem neuen Jahrhundert ist es für unsere Politiker und Bürger wichtiger als je zuvor, Antisemitismus und anderen Formen des Hasses abzuwehren, wann und wo immer diese auftreten.

Entscheidend ist es, unseren Kindern Werte und Verhaltensweisen beizubringen, durch die sich neue Katastrophen vermeiden lassen. Die aus sechszehn Nationen bestehende Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research hat schon eine ganze Menge getan, um bei jungen Leuten das Verständnis für den Holocaust und die daraus folgenden Lehren zu verbessern. In diesem Zusammenhang begrüßen wir das wachsende Interesse einiger anderer Länder, der Task Force beizutreten.

Toleranz ist genau wie Hass ein erlerntes Verhalten, das von einer Generation an die nächste weitergegeben wird, wenn die neue Generation nicht anders erzogen wird. Machen wir Toleranz zu unserem Erbe. Mögen zukünftige Generationen von Schulkindern lesen, dass die Menschheit den Antisemitismus in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts endgültig der Geschichte übergeben hat, damit er niemals wieder die Welt verdunkeln kann.

Die Delegation der Vereinigten Staaten unter Führung des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Ed Koch ist hier um zuzuhören. Sie sind hier, um vom besten Vorgehen gegen Antisemitismus zu lernen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Uns kommen Bürgermeister Kochs direkte Erfahrungen im Umgang mit Hassverbrechen in der ethnisch vielfältigsten Metropole der Welt, meiner Heimatstadt New York City, zugute. Unsere Delegation stützt sich außerdem auf die Sachkenntnis von Mitgliedern des Kongresses und auf enge partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, die auf dem Gebiet der Toleranz Pioneerarbeit leisten.

Der Austausch von Erkenntnissen und Ideen zwischen unseren Delegationen hier in Berlin sollte eine solide Grundlage für praktisches Handeln jeder einzelnen Nation sein. Aufbauend auf den Entscheidungen, die wir letzten Dezember in Maastricht getroffen haben, gibt es noch jede Menge Handlungsbedarf in so wichtigen Bereichen wie Strafverfolgung, Gesetzgebung und Bildung.

Darum freue ich mich besonders, dass der Ständige Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa letzte Woche alle 55 Mitgliedstaaten zu weiteren konkreten Maßnahmen gegen den Antisemitismus verpflichtet hat. Das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Dieses Büro hat jetzt ein eindeutiges Mandat zur Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten beim Zusammenstellen von Statistiken zu Hassverbrechen, der Verfolgung antisemitischer Vorfälle und öffentlichen Berichten über solche Angelegenheiten. Das Büro wird die Staaten auch bei der Entwicklung nationaler Gesetze gegen Hassverbrechen und der Förderung von Toleranz durch Bildung unterstützen. Ich weiß, dass im Laufe Ihrer Beratungen hier neue Ideen entstehen werden, mit deren Hilfe wir unsere Worte durch Taten untermauern und feststellen können, ob diese bereits fachgerecht institutionalisiert wurden.

Liebe Freunde, hier in Berlin sind die 55 demokratischen Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zusammengekommen und werden gemeinsam mit einer Stimme erklären: "Antisemitismus darf unter uns keinen Platz haben. Hass soll in einem ungeteilten, freien und friedlichen Europa keine Heimat finden."

Vielen Dank, Herr Moderator.


 

 
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