Navigationsleiste U.S. Diplomatic Mission to GermanyAbout the USASitemapSuche

US Siegel

Gemeinsame Grundsätze

Die transatlantischen Beziehungen sind besser als ihr Ruf
Von Colin Powell, Außenminister der Vereinigten Staaten
Frankfurter Allgemeine Zeitung,
31. März 2004

English

Die Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland genauso wie die transatlantische Partnerschaft, in der sie ein Schlüsselelement darstellt, ist über viele Jahre stark geblieben, weil wir in der Lage waren, uns den Veränderungen anzupassen. Die Geschichte meiner Reisen nach Deutschland erläutert diesen Punkt.

Ich kam zum erstenmal im Jahr 1958 hierher, als Westdeutschland noch im Begriff war, das Dunkel des Zweiten Weltkrieges abzuschütteln, eine junge Demokratie, die sich in spannungsreichen Zeiten ihren Weg bahnte. Ich war damals ein 21 Jahre alter Heeresleutnant, der in Gelnhausen, einer malerischen Stadt an der Kinzig, stationiert war. Unser Auftrag war die Verteidigung der Fulda-Senke, eines Einschnitts im Vogelsberg, durch den der Eiserne Vorhang verlief und durch den eines Tages die Rote Armee massiv einzubrechen drohte.

Etwas mehr als dreißig Jahre später kam ich als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs in ein wiedervereintes Deutschland, das inzwischen eine reife Demokratie und eine globale Wirtschaftsmacht geworden war. Ein anderes Stück des Eisernen Vorhangs - die Berliner Mauer - war unter dem Jubel von Deutschen in Ost und West gefallen. Als wir uns gemeinsam diesen Veränderungen anpaßten, wurde meine alte Garnison in Gelnhausen kurz darauf geschlossen, und das Fuldatal wurde eine Touristenattraktion.

Heute kehre ich als amerikanischer Außenminister in ein selbstbewußtes, vereintes Land zurück, das in Frieden lebt. Die frostigen Zeiten des Kalten Krieges sind vorbei. Und selbst die Tage des Feierns an seinem Ende sind bereits verblassende Erinnerungen für uns. Es ist Jahre her, daß wir einen gemeinsamen Feind in den Sowjets hatten, und viele unserer Führungspersönlichkeiten haben keine persönlichen Erfahrungen mit den gemeinsamen amerikanisch-deutschen Anstrengungen früherer Jahre. Fast alle Herausforderungen für die Nato kommen jetzt von außerhalb Europas.

Im Laufe der Zeit haben sich unsere Interessen anderen Dingen zugewandt, und unser Gefühl der gegenseitigen Abhängigkeit ist schwächer geworden. Für die Amerikaner haben Ereignisse der jüngeren Vergangenheit - insbesondere die Tragödie des 11. September 2001 - unser Weltbild neu geformt. Für Deutschland und seine Nachbarn prägt das Projekt des Aufbaus eines neuen Europas nun die Einstellungen und Erwartungen. Durch diese Verschiebung in den Schwerpunkten wurde unsere während der Zeit des Kalten Krieges entstandene Kameradschaft geschwächt, und unsere Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Art und Weise, wie man am besten mit dem Irak Saddam Husseins umgehen sollte, haben manche dazu veranlaßt, das Ende der Nato und selbst den Zusammenbruch der transatlantischen Partnerschaft vorherzusagen.

Ich gehörte allerdings nicht zu dieser Gruppe. Und Präsident Bush auch nicht. Wir wissen, daß uns weit mehr eint, als uns trennt. Sowohl Deutsche wie auch Amerikaner haben die gleichen Kernideale demokratischer und freier Völker. Wir haben ein gemeinsames, bis in das klassische Altertum zurückreichendes, europäisches Erbe.

Wir teilen auch mit unseren europäischen Partnern wesentliche Interessen bei der Bewältigung der größten Herausforderungen unserer Zeit im Bereich der Sicherheit, Wirtschaft und Politik. Diese Herausforderungen reichen von der Notwendigkeit, akute regionale Konflikte zu lösen und gegen pandemische Krankheiten wie etwa HIV/Aids zu kämpfen, bis zu der Verpflichtung, die Verbreitung von Waffen und Terrorismus - wie wir ihn in diesem Monat in Madrid gesehen haben - zu verhindern.

Wir werden diesen Herausforderungen gerecht werden. Die Nato und auch die Europäische Union werden in diesem Jahr erweitert, und das ist in zweifacher Hinsicht gut. Die beiden Erweiterungen werden den Frieden konsolidieren, den Wohlstand verbreitern und unsere gemeinsamen Anliegen voranbringen. Diese Erweiterungen beweisen auch, daß trotz der vielen Veränderungen in den vergangenen Jahren die Bande der Verbündeten flexibel und auch unzerreißbar geblieben sind.

Die Nato verwandelt sich von einem Bündnis, dessen Hauptaufgabe die Verteidigung des gemeinsamen Hoheitsgebietes gewesen war, in ein Bündnis, dessen Hauptaufgabe die Verteidigung der gemeinsamen Grundsätze ist. Der Wandlungsprozeß wird sicher nicht gleichmäßig verlaufen, wie man ja auch bei den komplexen Bemühungen, die militärischen Einsatzgrundsätze und die Stationierungsstrukturen für das Bündnis insgesamt und die einzelnen Mitglieder umzustrukturieren, sieht. Aber nirgendwo ist der Erfolg dieser Transformation klarer zu sehen als in Afghanistan - dem Grund für meinen heutigen Besuch in Deutschland.

Es ist in nicht geringem Maße dem deutschen Engagement zu verdanken, daß Afghanistan den Fortschritt gemacht hat, den wir bei dieser internationalen Afghanistan-Konferenz hier in Berlin würdigen wollen. Deutschland hat seine Vision und seine Führungsqualitäten unter Beweis gestellt, indem es den ersten Nato-Einsatz außerhalb Europas in der International Security Assistance Force (Isaf) gestalten half. Deutschland kann besonders stolz sein auf die Stationierung von Bundeswehrsoldaten in Kundus, wo die deutschen Soldaten das erste Regionale Wiederaufbau-Team (Provincial Reconstruction Team) im Rahmen der Isaf leiten.

Deutschland und die Vereinigten Staaten arbeiten auch anderswo im Mittleren Osten zusammen. Wir befürworten beide einen freien, geeinten und intern sowie mit den Nachbarn in Frieden lebenden Irak. Wir danken Deutschland für die Ausbildung der irakischen Polizeibeamten, für seine Bereitschaft, einen wesentlichen Teil der irakischen Schulden zu erlassen, und für seine Hilfe bei der Wiederherstellung der Wasserversorgung im Irak sowie für sein Berufsbildungsprogramm. Unsere beiden Länder begrüßen auch die vitale und zunehmend wichtiger werdende Rolle der Vereinten Nationen im Irak und sehen der Wiederherstellung der Souveränität des Iraks am 30. Juni mit Zuversicht entgegen.

Wir arbeiten auch für den Frieden zwischen Israel und all seinen arabischen Nachbarn, und ich begrüße nachdrücklich die Zusage der deutschen Regierung bezüglich der Mitgliedschaft der Türkei in der EU. Die Türkei kann eine unverzichtbare Brücke zwischen Europa und dem Nahen Osten und zwischen den christlichen und muslimischen Kulturen sein.

Am positivsten und vielleicht vielversprechendsten ist, daß unsere beiden Länder sich der Förderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reform im Nahen und Mittleren Osten verpflichtet fühlen. Hierbei handelt es sich um eine generationenübergreifende Herausforderung, die Menschen in diesem erweiterten geographischen Gebiet zu unterstützen, damit sie Stagnation und Ressentiment durch Freiheit und Hoffnung ersetzen. Deutschland und die Vereinigten Staaten arbeiten gemeinsam an spezifischen Vorschlägen bezüglich des Nahen und Mittleren Ostens im weiteren Sinne für die im Juni stattfindenden Gipfeltreffen der G 8, der Vereinigten Staaten mit der EU und der Nato.

Im Jahr 1958 stand ich gemeinsam mit Deutschen im Schatten des Vogelsbergs. Heute stehen amerikanische und deutsche Soldaten gemeinsam im Schatten des Hindukusch. Damals verbündeten wir uns, um eine sicherere und bessere Welt zu schaffen. Wir sind auch heute noch verbündet, und wir bauen noch immer an dieser Welt. Sollte ich in zehn Jahren wieder Deutschland besuchen, bin ich sicher, daß ich eine noch stärkere und weiterhin flexible, leistungsstarke transatlantische Partnerschaft vorfinden werde.

 
HINWEIS
Verweise dieses Servers auf bestimmte Produkte oder Dienste stellen keine Unterstützung der US-Regierung für das Produkt oder dessen Produzenten bzw. Anbieter dar. Ansichten und Meinungen, die in den Verweisdokumenten geäußert werden, entsprechend nicht zwingend denen der US-Regierung und spiegeln diese auch nicht wider.
U.S. Diplomatic Mission to Germany/Public Affairs/Information Resource Centers 
Aktualisiert: April 2004