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Erklärung der US-Außenministerin Rice bei der Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel

Berlin, 6. Dezember 2005

 

English

Außenministerin Rice: Vielen Dank, Bundeskanzlerin Merkel. Zunächst möchte ich sagen, wie wunderbar es ist, wieder in Berlin zu sein. Diese großartige Stadt ist so etwas wie ein Wunder, angesichts der Tatsache, dass sie noch vor zwei Jahrzehnten - oder sogar weniger - geteilt und ein Symbol des Konflikts zwischen Ost und West war. Es ist großartig, hier in dieser schönen Stadt zu sein und die Vorweihnachtszeit hier genießen zu dürfen.

Ich freue mich sehr, mit Bundeskanzlerin Merkel zusammenzutreffen, und ich gratuliere ihr zu ihrem Wahlsieg.
Wir haben - nachdem ich mich bereits mit Außenminister Steinmeier getroffen hatte - ein sehr ausführliches Gespräch geführt. Ich freue mich, ebenso wie der Präsident, auf Ihren Besuch in Washington im Januar, um die Grundlagen der Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten, dieser transatlantischen Beziehungen, weiter zu stärken. In dem Bemühen, Demokratie zu stützen und in Ländern zu verbreiten, die die Segnungen der Freiheit noch nicht erlebt haben, ist noch viel zu tun.

Wie die Kanzlerin bereits erwähnte, haben wir über ein breites Themenspektrum gesprochen: Afghanistan, Irak, das Potenzial für Fortschritte im Nahen Osten zwischen Israel und Palästina. Wir sprachen über die Herausforderungen in Europa, die Fortsetzung demokratischer Fortschritte in Russland und die Hoffnung auf Fortschritte in Ländern wie Weißrussland, der letzten Diktatur Europas.

Ich erwähnte der Bundeskanzlerin gegenüber, dass ich bald in die Ukraine reisen werde. Dies ist ein Land, das sich in einem sehr bedeutender Übergang befindet, und wir freuen uns hier auf intensivere Zusammenarbeit. Die Europäische Union hatte großen Anteil an der Ausarbeitung eines Aktionsplans mit der Ukraine, ebenso wie die Vereinigten Staaten, und dies ist ein Bereich, der unsere Aufmerksamkeit wirklich erfordert. Die Menschen, die die Orange Revolution ins Leben gerufen haben, müssen die Versprechen der Revolution nun einlösen, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Deutschland bei dieser sehr wichtigen Aufgabe.

Lassen Sie mich auch sagen, dass ich voll und ganz mit Bundeskanzlerin Merkel darin übereinstimme, dass die Herausforderungen, denen wir uns in diesem neuen Krieg gegenübersehen, dem Krieg gegen den Terrorismus, in der Tat Herausforderungen sind, die von uns verlangen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere Bürger vor den Bedrohungen derer zu schützen, die mutwillig Unschuldige töten wollen. Allerdings müssen wir dies im Rahmen der Gesetze und unserer internationalen Verpflichtungen tun.

In diesem Zusammenhang haben wir über Probleme in Bezug auf Gefangene gesprochen, über die in der Presse berichtet wurde. Ich wiederholte gegenüber der Kanzlerin, was ich bereits gestern gesagt habe, dass die Vereinigten Staaten keine Folter dulden. Es verstößt gegen amerikanische Gesetze, sich an Folter oder einer Verschwörung zur Ausübung von Folter zu beteiligen. Es verstößt außerdem gegen die internationalen Verpflichtungen, und der Präsident hat sehr deutlich gemacht, dass Mitarbeiter der amerikanischen Regierung und amerikanischer Behörden im Rahmen der amerikanischen Gesetze und unserer internationalen Verpflichtungen handeln werden.

Ich wiederholte auch, dass unsere Zusammenarbeit mit unseren Partnern auf der ganzen Welt, unsere nachrichtendienstliche Zusammenarbeit, für den Schutz der Bürger der Vereinigten Staaten, aber auch der Bürger unserer Partnerländer, von außerordentlicher Bedeutung ist. Wir brauchen Nachrichtendienste, die zusammenarbeiten können, die effektiv arbeiten, die Erkenntnisse über das Terrorismusproblem einbringen können, denn ohne gute nachrichtendienstliche Erkenntnisse ist es einfach nicht möglich, unschuldige Zivilisten vor der Art von Anschlägen zu schützen, die wir auf der ganzen Welt erlebt haben.

Ich habe außerdem bekräftigt, dass wir die Souveränität unserer Partner respektieren. Wir werden den Krieg gegen den Terrorismus und den Schutz unserer Bürger am besten meistern, wenn wir zusammenarbeiten. Und wir haben zusammengearbeitet. Ich möchte hervorheben, wie außerordentlich wichtig und auch angemessen es ist, wenn auftretende Probleme in Demokratien erörtert werden. Es ist auch richtig, dass Freunde über diese Belange reden können. Es ist allerdings auch wichtig, dass jede Debatte der Herausforderung angemessen Rechnung trägt, vor der wir stehen, wenn wir uns mit einem Feind konfrontiert sehen, der aus unserer Gesellschaft heraus agiert, mit der Absicht – nicht als Kollateralschaden – sondern mit der Absicht, unschuldige Zivilisten zu töten, wie er es in New York und Washington, in London und Madrid, in Casablanca und Amman und auf der ganzen Welt getan hat. Wir haben die Pflicht, unsere Bürger zu verteidigen, und wir werden hierzu jedes legale Mittel einsetzen.

Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin, für den freundlichen Empfang.

Frage: Frau Bundeskanzlerin. (Unverständlich.) Sind Sie zufrieden mit den Informationen und Erklärungen, die die amerikanische Außenministerin Ihnen über die CIA-Flüge und die Entführung eines deutschen Staatsangehörigen übermittelte?

...
Außenministerin Rice: Vielen Dank. Was die Frage der deutschen Geisel angeht, so habe ich Bundeskanzlerin Merkel gesagt, dass wir über unsere Leute im Irak und unsere Nachrichtendienste alles in unserer Macht Stehende tun werden, um dieses Problem zu lösen, hoffentlich mit einem glücklichen Ausgang.

Was den Fall el Masri angeht, so werde ich nicht auf einen konkreten Einzelfall eingehen. Es gibt natürlich Presseberichte hierüber, und ich denke, es wird ein Fall für die Gerichte werden, der auf diesem Weg angemessen behandelt werden kann. Ich habe der Kanzlerin allerdings gesagt, dass wir, falls und wenn Fehler geschehen, sehr hart und zügig arbeiten, um sie zu berichtigen. In jeder Politik gibt es manchmal Fehler, und es ist unser Versprechen an unsere Partner, dass wir gegebenenfalls alles in unserer Macht Stehende tun werden, um diese Fehler zu berichtigen. Ich denke, dass diese Frage vor den zuständigen Gerichten hier in Deutschland und, falls erforderlich, auch vor den amerikanischen Gerichten behandelt werden wird.

Frage: Frau Außenministerin, ich weiß, sie haben gerade gesagt, sie wollen nicht auf einen konkreten Fall eingehen, aber in der Sache el Masri – gibt es überhaupt einen Fall, wo es für die Vereinigten Staaten angebracht wäre, eine souveräne Regierung zu bitten, keine Informationen über einen ihrer eigenen Staatsbürger zu veröffentlichen? Natürlich wandte er sich am Ende selbst an die Öffentlichkeit, aber können Sie erklären, wie es zu dieser Entscheidung kam? ...

Außenministerin Rice: Zu Ihrer ersten Frage, die Bundeskanzlerin hat erklärt, wie sie mit dieser Sache hier in Deutschland umzugehen beabsichtigt. Wir respektieren die Tatsache, dass nachrichtendienstliche Angelegenheiten vertraulich behandelt werden müssen, denn wenn unsere Nachrichtendienste wirksam arbeiten sollen, können wir nicht alles veröffentlichen, was sie tun. Es sollte niemanden überraschen, dass Nachrichtendienste nachrichtendienstliche Erkenntnisse sammeln und dass das ein Prozess und eine Aktivität ist, die hauptsächlich außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet. Aber wir unterstützen voll und ganz die Art und Weise, wie die Kanzlerin diesen Fall handhabt.

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Frage: Vielen Dank. Nicholas Kralev von der Washington Times. ...
Und Frau Außenministerin, sie haben gestern über die Verantwortung jeder Regierung gesprochen, ihre Bürger zu schützen. Denken Sie, dass in Europa zu viel mit dem Finger auf Washington gezeigt wurde und dass die Regierungen hier eigentlich einige der Antworten auf die Fragen liefern sollten, die in den letzten Wochen aufgeworfen wurden?

...
Außenministerin Rice: Ich möchte einfach unterstreichen, dass wir Rechtsstaaten sind. Einer der Gründe, warum unser Bündnis so gut funktioniert hat, ist, dass wir gemeinsame Werte haben und von der Rechtsstaatlichkeit überzeugt sind. Wir werden in den Vereinigten Staaten unseren Verpflichtungen im Einklang mit unseren Gesetzes und internationalen Vereinbarungen nachkommen. Wir werden in diesem rechtlichen Rahmen alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere Bürger zu schützen. Wir werden alles tun, was wir tun können, um mit gleichgesinnten Nachrichtendiensten zu kooperieren. Wir müssen uns vor Augen führen, dass dies im Prinzip ein Krieg ist, in dem nachrichtendienstliche Erkenntnisse im Wesentlichen der Schlüssel zum Erfolg sind. Wenn man Pläne aufdecken will, wenn man Verdächtige aufspüren will, bevor sie ein Verbrechen begehen, ist das hauptsächlich eine Aufgabe unserer Nachrichtendienste.

Wenn man sie nicht fasst, bevor sie ihre Verbrechen begehen, werden sie, anders als bei der traditionellen Strafverfolgung, Massenmorde an unschuldigen Menschen begangen haben, die sie im Übrigen als Ziel auswählen. Sie wählen unschuldige Menschen als Ziel aus. Es war eine Hochzeit in Amman. Es waren Schulkinder in Beslan. Es war eine U-Bahn in Madrid und eine U-Bahn – Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Arbeit in London. Sie hatten keine "feindlichen Soldaten" zum Ziel. Sie hatten unschuldige Menschen zum Ziel.

Wenn man sich mit einer derartigen Bedrohung konfrontiert sieht, hat man die Pflicht, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Menschen zu schützen. Das bedeutet, die Täter zu fassen, bevor sie derartige Verbrechen begehen können. Deshalb bin ich unseren Partnern so dankbar für alles, was sie getan haben. Ich glaube, wir haben das Leben von Amerikanern gerettet, wir haben das Leben von Europäern gerettet und auch das Leben von Menschen in anderen Teilen der Welt.

Ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit mit den deutschen Nachrichtendiensten und den deutschen Strafverfolgungsbehörden und natürlich auf die weitere Zusammenarbeit auf politischer Ebene. Denn letztlich, und das haben die Bundeskanzlerin und ich heute auch besprochen, wollen wir natürlich jeden Terroranschlag verhindern, den wir verhindern können, aber wir müssen uns auch mit den grundlegenden Bedingungen auseinandersetzen, die Terrorismus hervorbringen. Und deshalb ist die Arbeit im Rahmen der Initiative für den Nahen und Mittleren Osten oder der Prozess von Barcelona, die Arbeit, die wir für eine gerechte und friedliche Beilegung des Konflikts zwischen Israel und Palästina und die Arbeit, die wir gemeinsam zur Stärkung der neuen Demokratien in Ländern wie Afghanistan und Irak leisten, von so zentraler Bedeutung im Krieg gegen den Terrorismus.

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Frage: ... Und eine Frage für die Außenministerin. Können Sie sagen, dass diese Praxis nie gegen einen deutschen Staatsangehörigen angewandt wurde und nie gegen einen deutschen Staatsangehörigen angewandt werden wird?

Außenministerin Rice: Wir handeln im Einklang mit unseren internationalen Verpflichtungen, mit unseren eigenen Gesetzen in den Vereinigten Staaten, und das habe ich auch der Bundeskanzlerin gesagt. Natürlich kann ich nicht über konkrete Details sprechen, was wir bei bestimmten nachrichtendienstlichen Einsätzen getan oder nicht getan haben, denn diese Art von Einsatz kann leicht gefährdet werden. Ich habe jedoch gesagt, obwohl ich nicht über die konkreten Details des Falls el Masri sprechen kann, dass wir anerkennen, dass die Bundeskanzlerin diesen Fall in einem Ausschuss des Bundestags überprüfen lassen wird. Wir wissen auch, dass jede Politik manchmal zu Fehlern führen kann, und wenn das geschieht, werden wir alles tun, um diese Fehler zu berichtigen.

 

 

 
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Aktualisiert: April 2006