Navigationsleiste U.S. Diplomatic Mission to Germany About the USA Sitemap Suche

US Siegel

Rede von US-Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld bei der 42. Münchner Sicherheitskonferenz
München, 4. Februar 2006

 

English

Sehr geehrte Minister und Abgeordnete, meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, wieder an dieser überaus wichtigen Veranstaltung teilnehmen zu dürfen und so viele alte Freunde wiederzusehen.

Man sagt manchmal, dass die Vereinigten Staaten eine ungewöhnliche Nation sind, weil die Vorfahren der meisten unserer Bürger aus einem anderen Land stammen. Aus Asien oder Afrika. Aus dem Nahen Osten. Aus Mittel- und Südamerika. Und natürlich auch hier aus Europa. Während des amerikanischen Bürgerkriegs sagte ein Befehlshaber der Konföderierten, der Süden könne leicht gewinnen, wenn man die Deutschen aus der Unionsarmee herausnehme. Auf einer Liste von Abkömmlingen deutscher Einwanderer seit diesem Zeitpunkt stünden so weltberühmte Amerikaner wie Präsident Eisenhower, Elvis und sogar Babe Ruth, um nur einige zu nennen. Ich erwähne dies, denn wir neigen oft dazu, an zwei verschiedene Einheiten zu denken, wenn wir über die Vereinigten Staaten und Europa sprechen. Aber wir sind im wirklichen Sinne eine Gemeinschaft, mit gemeinsamer Geschichte, gemeinsamen Werten und dem beständigen Glauben an die Demokratie.

Heute wird unsere Gemeinschaft – ja unsere Lebensweise - bedroht. Gewalttätiger Extremismus ist ebenso eine Gefahr für Europa wie für die Vereinigten Staaten und andere Länder. Wie auch der Kalte Krieg verspricht die uns bevorstehende Auseinandersetzung ein "langer Kampf" zu werden, der zu einer Neubewertung unserer Strategien, möglicherweise einer weiteren Anpassung unserer Institutionen und sicherlich zu enger Zusammenarbeit führen wird. Wir haben seit dem Weckruf am 11. September 2001 viel geleistet. Wir haben die historische Umgestaltung der NATO in Angriff genommen, Ländern, die keine NATO-Mitglieder sind, die Partnerschaft angeboten und voller Mitgefühl auf die Tsunami-Katastrophe in Südostasien und das zerstörerische Erdbeben in Pakistan reagiert. Wir tragen zur Bekämpfung entschlossener Feinde in Afghanistan und im Irak bei, und wir werden gegen sie weiterhin in der Offensive bleiben müssen.

Anders als bei vorherigen Auseinandersetzungen ist der Feind heute kein Land und auch keine bestimmte Organisation. Die Al Kaida ist zwar der Hauptfeind, aber es gibt andere, die ebenso gefährlich sind. Führen Sie sich vor Augen, dass Terroristen vor dem 11. September 2001:

· ein Air-France-Flugzeug entführt haben
· Bombenanschläge auf verschiedene Flugzeuge, die von und nach Europa reisten, ausgeübt haben – einschließlich des Lockerbie-Flugs
· Flughäfen in Rom und Wien angegriffen haben und
· hier in dieser Stadt elf Olympioniken entführt und getötet haben.

Und seit dem 11. September 2001, als mehr als 3.000 Menschen an einem einzigen Tag starben, haben Terroristen hunderte weitere getötet, unter anderem:

· in Karachi
· in Jerusalem
· auf Bali
· in Casablanca
· in Istanbul
· in Madrid
· in Beslan
· in Jakarta
· in Kairo
· und in London.

Allen unseren Nationen wurde der Krieg erklärt. Unsere Zukunft hängt von Entschlossenheit und Einigkeit angesichts der terroristischen Bedrohung ab, die Bundeskanzlerin Merkel völlig richtig "die größte Herausforderung für unsere Sicherheit im 21. Jahrhundert" nannte. Und die größten Demokratien der Welt – verankert in der NATO – müssen zur Bewältigung dieser Herausforderung geeint bleiben. Es besteht kein Zweifel – die Terroristen beabsichtigen noch mehr Bürger unserer Länder zu töten. Das haben sie gesagt.

· Ein Al-Kaida-Kämpfer in Afghanistan sagte über Zivilisten in Europa und den Vereinigten Staaten: "Ihre Frauen werden Witwen und ihre Kinder Waisen sein."

· Ein extremistischer Geistlicher sagte nach den Bombenanschlägen von London: "Ich würde die islamische Flagge nicht nur gerne über der Downing Street Nr. 10 gehisst sehen, sondern auf der ganzen Welt."

· Der Anführer der Anschläge auf die Khobar Towers prahlte: "Wir banden den Ungläubigen [einen Briten] an einem Bein [an ein Auto] ... Die Kleidung des Ungläubigen wurde zerfetzt ... Wir haben einen schwedischen Ungläubigen gefunden. [Wir] köpften ihn und spießten den Kopf an einem Tor auf, so dass ihn alle, die hinein und hinaus gingen, sehen würden. ... Wir haben philippinische Christen ... und hinduistische Ingenieure gefunden, und wir haben auch ihnen die Kehle durchgeschnitten."

Nicht weniger als 18 – lose an die Al Kaida angeschlossene - Organisationen haben Terroranschläge in Ländern wie Israel, Saudi-Arabien, Pakistan, Somalia, Algerien, Russland und Indonesien verübt. Dabei muss festgestellt werden, dass diese Länder angegriffen wurden, obwohl sie keine Streitkräfte im Irak stationiert haben. Also stimmt das Argument, der Irak könne ein Auslöser gewesen sein, nicht mit den Tatsachen überein.

Wie die Terroristen selbst sagen, streben sie die Übernahme von Regierungen von Nordafrika bis Südostasien sowie die Gründung eines Kalifats an, von dem sie hoffen, dass es eines Tages alle Kontinente einschließen wird. Sie haben eine Karte entworfen und verteilt, in der die nationalen Grenzen ausradiert und durch ein globales, extremistisches islamisches Reich ersetzt wurden. Heute nennen sie den Irak die zentrale Front in ihrem Krieg gegen die zivilisierte Welt. Sie wollen ihn in die gleiche Art Basis für die Ausbildung und Rekrutierung verwandeln, wie es einst Afghanistan für die Al Kaida war. Das ist ihre Strategie. Aber wir und unsere Freunde und Verbündeten haben ebenfalls eine Strategie.

· Erstens, der Einsatz aller Instrumente der nationalen Macht, um zu verhindern, dass Terroristen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen.
· Zweitens, die Verteidigung unserer Länder durch den Austausch von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen, durch Strafverfolgung und integrierteren Schutz der inneren Sicherheit.
· Drittens, die Unterstützung befreundeter Nationen bei der Verbesserung ihrer Fähigkeiten zur Bekämpfung des Terrorismus in ihren eigenen Ländern.

Mit der Ausweitung der NATO-Mission in den Süden Afghanistans müssen wir den Afghanen die Unterstützung zukommen lassen, die sie benötigen, um ihre neue Demokratie zu fördern. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten haben ihre besten Frauen und Männer in den Irak entsandt, um den Irakern beim Aufbau einer Regierung behilflich zu sein, die sich von dem Regime, das sie ersetzt, stark unterscheidet. Wir müssen unseren Beitrag leisten um sicherzustellen, dass die neue Regierung Erfolg hat. Im Iran müssen wir die Zusammenarbeit bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung fortsetzen, um die Entwicklung des iranischen Urananreicherungsprogramms zu verhindern. Das iranische Regime ist heute der Staat, der den Terrorismus am meisten unterstützt. Die Welt will keinen Iran mit Atomwaffen – und muss zusammenarbeiten, um ebendies zu verhindern. Wir lehnen zwar das Vorgehen des iranischen Regimes ab, stehen jedoch hinter dem iranischen Volk, das sich eine friedliche, demokratische Zukunft wünscht. Sie haben nicht den Wunsch, das Land, das sie lieben, vom Rest der zivilisierten Welt isoliert zu sehen.

In diesem langen Krieg hat der Feind versucht, diesen Konflikt als einen Krieg zwischen dem Westen und er muslimischen Welt darzustellen. Tatsächlich ist es vielmehr ein Krieg innerhalb der muslimischen Welt. Die meisten Menschen im Nahen Osten sind keine Anhänger der gewaltverherrlichenden Ideologie der Al Kaida oder anderer gewalttätiger Extremisten. Sie möchten nicht, dass die Terroristen obsiegen. Für viele Menschen im Nahen Osten sind die etwa 50 Millionen Muslime in den neuen Demokratien Afghanistans und des Irak eine Inspiration. Eine vor kurzem erstellte Studie zeigt, dass eine große, zunehmende Zahl Muslime glaubt, dass Freiheit in ihren Ländern funktionieren kann, und sie zeigt, dass die Unterstützung für Al Kaida und bin Laden zurückkgeht. Eine andere Studie weist auf, das mehr als 80 Prozent der Afghanen meinen, ihr Land bewege sich in die richtige Richtung. Nur fünf Prozent haben eine positive Meinung von bin Laden. Im Irak wünscht sich eine zunehmende Mehrheit eine repräsentative Regierung.

Wir haben eine Chance – eine Gelegenheit, die wir ergreifen müssen – zu einem neuen Kapitel in der Geschichte der Freiheit beizutragen, während diese Feinde in der Defensive sind. Dies ist – wie in früheren Jahrzehnten – eine Zeit für enge Zusammenarbeit. Kein Land kann im Krieg gegen den Terror erfolgreich sein, ohne eng mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten. Bei unserer Zusammenarbeit liegen folgende Aufgaben vor uns:

· Alle Kräfte für den Erfolg der Initiative zur Bekämpfung der Weiterverbreitung (Proliferation Security Initiative – PSI) zu mobilisieren. Führen Sie sich vor Augen, wie sehr sich unsere Welt – über Nacht – verändern würde, wenn eine Hand voll Terroristen in den Besitz einer chemischen, biologischen oder radiologischen Waffen gelangte und sie in München, Paris oder New York zündete.
· Die Unterstützung von Ländern wie Georgien bei der Ausbildung ihrer Sicherheitskräfte sowie die Arbeit mit Ländern im Kaukasus und in Zentralasien im Rahmen der immer mehr an Bedeutung erlangenden Programme der Partnerschaft für den Frieden (Partnership for Peace – PfP).
· Die weitere Umgestaltung der NATO für das 21. Jahrhundert, die Investition in die Eingreiftruppe der NATO, umfassendere Finanzierung und die Unterstützung der NATO bei der Entwicklung einer Expeditionskultur und –fähigkeit.

Diesem Engagement können wir nicht auf kostengünstige Art und Weise nachkommen. Es mag einfacher für uns alle sein, unsere knappen Steuergelder für dringende Bedürfnisse innerhalb unserer Länder einzusetzen. Aber solange wir nicht in unsere Verteidigung und Sicherheit investieren, werden unsere Heimatländer in Gefahr sein. Heute gehen 3,7 Prozent der amerikanischen Steuergelder in die nationale Verteidigung sowie die Verteidigung unserer Freunde und Verbündeten. Sechs unserer 25 NATO-Verbündeten wenden 2 Prozent oder mehr ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auf, aber 19 der Verbündeten –19 –wenden nicht einmal 2 Prozent auf. Ohne die Beiträge der Vereinigten Staaten wenden die NATO-Mitgliedsnationen zusammen nur 1,8 Prozent auf. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Höhe der Investitionen sich in der Zukunft als ausreichend erweisen wird, die freien Bürger in den NATO-Ländern in den kommenden Jahrzehnten zu schützen.

All dies geschieht zudem angesichts der Realität, dass immer tödlichere Waffen immer leichter verfügbar sind. Wir müssen uns alle Gedanken darüber machen, wohin uns diese riskante Entwicklung führen kann. Dieser Krieg unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von allen Kriegen, die wir in der Vergangenheit geführt haben. Aber andererseits ähnelt unsere derzeitige Situation der der freien Nationen am Anfang des Kalten Krieges. Im Laufe eines Konfliktes, den Präsident Kennedy als "langen Kampf im Zwielicht" bezeichnete, waren unsere Länder gelegentlich in bestimmten Fragen unterschiedlicher Meinung. Aber zum Glück für uns und unsere Kinder verloren wir unsere Entschlossenheit nicht – über Jahrzehnte hinweg und angesichts zahlreicher Veränderungen in der politischen Führung in allen unseren Ländern. Unsere freien Nationen wankten nicht, als der Regierungschef der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, versprach, uns zu "begraben". Auch nicht, als er voraussagte, dass unsere Enkelkinder unter kommunistischer Herrschaft aufwachsen würden. Ganz im Gegenteil. Wir leben heute in einer Welt, in der sich der Sohn von Nikita Chruschtschow entschieden hat, amerikanischer Staatsbürger zu werden. Wir leben in einer Welt, in der eine Frau, die östlich der Sowjetunion in einem kommunistischen Land aufwuchs – in dem der Staat entschied, wo man arbeitete, was man lesen oder ob man beten durfte – heute die neu gewählte Bundeskanzlerin der wiedervereinigten und demokratischen Bundesrepublik Deutschland ist.

Ich habe gehört, dass Kanzlerin Merkel sagte: "Ich habe nicht mit dem Geschenk der Freiheit vor meinem Rentenalter gerechnet." Während wir diese Worte nachhallen lassen, müssen wir uns dessen bewusst sein, dass der Kalte Krieg nicht durch Schicksal oder Glück gewonnen wurde. Die Freiheit siegte, weil unsere freien Nationen entschlossen handelten, als Rückzug die einfachere Möglichkeit gewesen wäre, und Mut bewiesen, als Zugeständnisse leichter erschienen. Heute müssen unsere Länder eine weitere Entscheidung treffen. Wir könnten uns dafür entscheiden vorzugeben, dass der Feind sich nicht an der Schwelle zu unseren Ländern befindet, wie es einige vorschlagen. Wir könnten uns auch dafür entscheiden, zu glauben, dass die Bedrohung übertrieben dargestellt wird, wie einige behaupten. Aber jene, die einen solchen Kurs einschlagen, müssen sich fragen: Was, wenn das nicht stimmt? Was ist, wenn der Feind gerade in diesem Moment damit rechnet, unterschätzt oder vergessen zu werden oder auf unser Beschäftigtsein mit etwas anderem setzt? Letzten Endes lehrt uns die Geschichte, dass Erfolg von Willensstärke abhängt. Lassen Sie uns also heute mit einer Stimme sprechen:

· Zu jenen, die Kinder töten
· Zu jenen, die Diplomaten entführen
· Zu jenen, die Hilfskräfte enthaupten
· Zu jenen, die Journalisten brutal ermorden
· Und zu jenen, die sich moralisch im Recht fühlen in einer Sache, die alles andere ist als moralisch.

Lassen Sie uns diese Menschen warnen, periodisch wiederkehrende Meinungsverschiedenheiten nicht mit Uneinigkeit und unseren Respekt vor dem Leben nicht mit Angst vor dem Kampf zu verwechseln. Lassen Sie uns ihnen weiterhin zeigen, dass sich die Nationen dieses großartigen Bündnisses den großen Gefahren unseres Zeitalters entgegenstellen werden. Und diese Freiheit, das Vermächtnis unserer Vorfahren und das Recht unserer Kinder, werden wir nicht leichtfertig aufgeben oder eintauschen. Stattdessen wird die Freiheit leben und noch für zukünftige Generationen weiterbestehen.

 

 
HINWEIS
Verweise dieses Servers auf bestimmte Produkte oder Dienste stellen keine Unterstützung der US-Regierung für das Produkt oder dessen Produzenten bzw. Anbieter dar. Ansichten und Meinungen, die in den Verweisdokumenten geäußert werden, entsprechend nicht zwingend denen der US-Regierung und spiegeln diese auch nicht wider.
U.S. Diplomatic Mission to Germany /Public Affairs/ Information Resource Centers  
Aktualisiert: April 2006