Ich trat 1949 in
Deutschland in den Foreign Service ein. Ich hatte bei einer Bank in
Stuttgart gearbeitet, und meine Freunde im Konsulat rieten mir, nach
Frankfurt zu gehen und mich dort zu bewerben. Ich folgte diesem Rat
und wurde zu einer Dame geschickt, die die Leiterin des Amerika Haus-Programmes
war. lch wußte nicht einmal, was ein Amerika Haus war. AIs ich
ankam, wurde ich von ihrem SteIlvertreter begrüßt, der mir
mitteilte, daß sie im Augenblick beschäftigt sei. Er bat
mich zu warten und bot mir auf einem Tisch liegende lnformationsschriften
als Lektüre an. lch bemerkte einen Bericht über das Amerika
Haus-Programm und las den ganzen Artikel. AIs mein Vorstellungsgespräch
begann, wurde ich gefragt, wie ich ein Amerika Haus aufbauen würde,
ich strengte meine Gehirnzellen an und ging Schritt für Schritt
durch den Bericht, den ich gelesen hatte. Die Direktorin, eine eindrucksvolle
Dame, stellte mich auf der SteIle ein.
Am Ende des Krieges waren alIe kulturellen Strukturen der deutschen
Städte zerstört. Mit der Militärbesatzung begannen die
amerikanischen Behörden mit der Einrichtung der Amerika Häuser
in verschiedenen Städten, die als Zentren der Kultur und der Information
dienten. Jedes dieser Häuser verfügte über eine Bibliothek
und die notwendigen Einrichtungen, um Englisch zu unterrichten. Es wurden
auch Musikprogramme, Vorträge und Kinderprogramme organisiert.
Meiner Meinung nach halfen sie den Deutschen emotional und kulturell
sehr bei dem Wiederaufbau ihrer Gesellschaft. Es gab z.B. in jedem Amerika
Haus eine Leihbibliothek, wo Besucher sich ihre Bücher aussuchen,
ansehen, lesen oder mit nach Hause nehmen konnten. Dies waren die ersten
öffentlichen Bibliotheken dieser Art in Deutschland, sie trugen
auf ihre Art zur Demokratisierung der Bevölkerung bei. Die Direktoren
der Universitätsbibliotheken in Frankfurt und Berlin waren von
dem Konzept so beeindruckt, daß sie ihre eigenen Bibliotheken
entsprechend umstrukturierten.
1951 gab es in jeder größeren Stadt in Deutschland Amerika
Häuser - insgesamt ungefähr 25. lch wurde zunächst Direktor
des Amerika Hauses in Wiesbaden und wurde nach fünf Monaten nach
Frankfurt versetzt, wo ich als Direktor bis zum März 1955 tätig
war. Für mich war das eine sehr befriedigende Zeit. Obwohl ich
erst am Anfang meiner Beamtenlaufbahn stand, hatte ich 55 Mitarbeiter
unter mir. lch war für ein Abendprogramm mit Vorträgen, Diskussionen
und Konzerten verantwortlich. Ebenso für ein enormes Englischprogramm,
ein Kindertheater und eine Jugendbibliothek. Das Amerika Haus wurde
von Besuchern geradezu überschwemmt. Ich dachte oft, daß
ich das, wofür ich bezahlt wurde, eigentlich aus Spaß tat.
In den achtziger Jahren kam ich als Leiter des Referates für ÖffentIichkeitsarbeit
in Bonn nach Deutschland zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich
das Verhältnis unser beider Gesellschaften geändert, besonders
zwischen den jüngeren Generationen. Zu Anfang der achtziger Jahre
stand die Stationierung der Mittelstreckenraketen zur Debatte, und wir
hatten die Friedensbewegung zu beachten. Wir hatten das Gefühl,
daß wir uns, um die Iangfristigen Beziehungen zwischen unseren
Ländern zu vertiefen, auf die Jugendlichen konzentrieren mußten,
bevor sie ein Universitätsstudium aufnahmen. Das Ergebnis war ein
deutsch-amerikanisches Kongreß - Bundestags Austauschprogramm,
bei dem ein Bundestags- oder Kongreßabgeordneter einen Jugendlichen
auswählen konnte, der dann ein Jahr im jeweils anderen Land verbringen
durfte. Diese jungen Leute lebten bei einer Gastfamilie, besuchten Schulen
und waren in die Gesellschaft integriert. Wir waren davon überzeugt,
daß diese Art der Integration in diesem Alter eine Erfahrung für
das ganze Leben darstellte. Diese jungen Leute würden nicht notwendigerweise
unkritisch werden, aber welche Meinungen auch immer sie sich bildeten
- diese würden auf Erfahrung beruhen und nicht auf Gerüchten.
Hans,"Tom" Tuch ist 1938 von Deutschland in die USA ausgewandert
und diente im Zweiten Weltkrieg in der amerikanischen Armee. Seine Laufbahn
bei USIS führte ihn nach Deutschland sowie Tätigkeiten in
Washington D.C. Rußland, Bulgarien und Brasilien. In Deutschland
diente er mehrere Male.
Aus: A Vision Fulfilled. 50 Jahre Amerikaner am Rhein. United States
Embassy Bonn, 1949 - 1999. Edited by Christine Elder and Elizabeth G.
Sammis. Published by United States Embassy Bonn.
© Department of State, 1999.
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