Rede
des Präsidenten John F.Kennedy |
Meine Berliner und Berlinerinnen, ich bin stolz, heute in Ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden Regierenden Bürgermeisters, der in allen Teilen der Welt als Symbol für den Kampf- und Widerstandsgeist West-Berlins gilt. Ich bin stolz, auf dieser Reise die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihrem hervorragenden Herrn Bundeskanzler besucht zu haben, der während so langer Jahre die Politik der Bundesregierung bestimmt hat nach den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des Fortschritts. Ich bin stolz darauf,
heute in Ihre Stadt in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers
gekommen zu sein, General Clays, der hier in der Zeit der schwersten
Krise tätig war, durch die diese Stadt gegangen ist, und der wieder
nach Berlin kommen wird, wenn es notwendig werden sollte. Vor zweitausend
Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte, der: Ich
bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in
der freien Welt sagen kann: Ich bin ein Berliner. Ich bin dem Dolmetscher
dankbar, daß er mein Deutsch noch besser übersetzt hat. Wenn
es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht verstehen oder nicht
zu verstehen vorgeben, worum es heute in der Auseinandersetzung zwischen
der freien Welt und dem Kommunismus Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit dem Kommunismus zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, daß der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei, aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber laßt auch sie nach Berlin kommen. Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen. Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt lebt, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, daß meine amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Denn ich weiß nicht, daß jemals eine Stadt 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit wie heute West-Berlin. Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen. Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren Frieden und der erprobten Verläßlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die Familien und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt zu sehen, in gutem Willen gegen jedermann. Sie leben auf einer
verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist mit dem des Festlandes
verbunden, und deshalb fordere ich Sie zum Schluß auf, den Blick
über die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen
zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin und über
die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall
in der Welt, über die Mauer hinweg auf den Tag des Friedens mit
Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt
ist, dann sind nicht alle frei. Aber wenn der Tag gekommen sein wird,
an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint
sind, wenn Europa geeint ist und Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner. Quelle: Amerika Dienst, June 27, 1963 |
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