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Abkommen über Entschädigung von in der Zeit des Nationalsozialismus begangenem Unrecht

Abkommen über Entschädigung von in der Zeit des Nationalsozialismus begangenem Unrecht ist „wirklich historisch"
Rede des Stellvertretenden Finanzministers Stuart E. Eizenstat
17. Juli 2000

(Rede des Stellvertretenden Finanzministers Stuart E. Eizenstat anlässlich der Unterzeichnung des Regierungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" zur Entschädigung von Zwangsarbeitern.)


„Historisch" ist ein stark strapaziertes Wort, das so häufig verwendet wurde, dass es gar nicht mehr seiner ursprünglichen Bedeutung entspricht. Aber das heute zu unterzeichnende Abkommen ist wirklich historisch und der Höhepunkt dessen, was wahrscheinlich die letzten umfassenden multilateralen Verhandlungen mit Deutschland über das während der Zeit der schrecklichen Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland von 1933 bis 1945 begangene Unrecht sind.

Zusammen mit der Bundesregierung haben deutsche Unternehmen sich mutig mit den Schäden auseinandergesetzt, die 55 Jahre lang im Großen und Ganzen ignoriert worden waren und von denen sie jahrzehntelang behauptet hatten, sie fielen in den Verantwortungsbereich der Bunderegierung – wenn überhaupt von jemandem. Nur einem kleinen Teil der Opfer widerfährt damit - wenn auch spät – Gerechtigkeit; aber dennoch Gerechtigkeit für die betagten Überlebenden, die nie zuvor für dieses in der Geschichte einmalige schwere Unrecht entschädigt wurden: Sklaven- und Zwangsarbeiter, von denen eine Million von ehemals über zehn Millionen überlebten; diejenigen, deren Eigentum im Rahmen der Arisierung konfisziert wurde; andere, an denen medizinische Versuche und andere rechtswidrige Handlungen vorgenommen wurden; diejenigen, deren Versicherungspolicen nie bezahlt wurden und alle diejenigen, denen durch deutsche Unternehmen Schaden zugefügt wurde.

Alle beteiligten Länder und Organisationen vertreten Menschen, die durch deutsche Unternehmen und das nationalsozialistische Regime ernsthaft verletzt wurden. Dennoch haben wir bei der Zuweisung der Mittel im Großen und Ganzen Diskussionen über das Ausmaß des Leids vermieden. Wir sind uns bewusst, dass alle in Frage Kommenden es verdienen, berücksichtigt und entschädigt zu werden. Jüdische und nichtjüdische Bande wurden dadurch gestärkt. In der Tat wird ein Großteil der Mittel für Sklaven- und Zwangsarbeiter an Nichtjuden gehen, die sie verdienen und die zu lange vergessen wurden.

Erlauben Sie mir, Ihnen den Zusammenhang der Verhandlungen zu erläutern, für deren Abschluss wir 18 Monate benötigt haben. Ich beziehe mich auf die fünf mittel- und osteuropäischen Regierungen, Weissrussland, die Tschechische Republik, Polen, Russland, die Ukraine, den Staat Israel, die deutsche Bundesregierung, Verteter des Bundestags, Rechtsanwälte der Opfer, Verteter deutscher Unternehmen und die Conference on Jewish Material Claims Against Germany.

Der Holocaust

Man muss mit dem Holocaust beginnen – wahrscheinlich dem schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Geschichte und der größte Raub – Raub persönlicher Güter, Raub von Kunst, Eigentum, Versicherungen, des Rechts auf die Entschädigung für Arbeit und letztlich Beraubung der Würde. Jüdische und nichtjüdische Sklavenarbeiter, die in Konzentrationslagern lebten, während sie zur Arbeit gezwungen wurden, werden die höchste Pro-Kopf-Zuweisung erhalten, weil sie beinahe zu Tode geschunden wurden. Die Nationalsozialisten hatten drei Methoden der Ausrottung: Vergasung, Erschießung und Sklavenarbeit – bekannt unter dem Begriff „Vernichtung durch Arbeit".

Zusätzlich zu dem Versuch, Europa zu erobern und Nationen einer rassistischen Ideologie zu unterwerfen, führte das nationalsozialistische Regime auch einen Krieg innerhalb eines Kriegs, um das jüdische Volk zu vernichten. Häufig wurden für den größeren Krieg bestimmte Ressourcen für diesen Krieg gegen ein ganzes Volk geopfert. Ein Historiker beschrieb es folgerndermaßen: „Der nationalsozialistische Holocaust überschreitet die Grenzen der modernen historischen Erfahrung… Nie zuvor in der modernen Geschichte hatte ein Volk die Ermordung eines anderen Volks zur Erfüllung einer Ideologie gemacht…" Das vom Deutschen Bundestag vergangene Woche verabschiedete Gesetz trug diesen historischen Tatsachen Rechnung und übernahm die Verantwortung für sie. Die Präambel des Gesetzes lautet:

„dass der nationalsozialistische Staat Sklaven- und Zwangsarbeitern durch Deportation, Inhaftierung, Ausbeutung bis hin zur Vernichtung durch Arbeit und durch eine Vielzahl weiterer Menschenrechtsverletzungen schweres Unrecht zugefügt hat…",

„dass deutsche Unternehmen, die an dem nationalsozialistischen Unrecht beteiligt waren, historische Verantwortung tragen und ihr gerecht werden müssen…",

„… bekennt sich der Deutsche Bundestag zur politischen und moralischen Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus."

Die Conference on Jewish Material Claims Against Germany hat bei unserem Erfolg eine entscheidende Rolle gespielt. Die Conference wurde von Israel Miller, Israel Singer, Gideon Taylor und Karen Heilig zusammen mit den Rechtsanwälten Stan Chelsey und Jeanne Geoppinger angeführt. Der Staat Israel wurde durch Minister Rabbi Melchoir, Binjamin Shalev, Lenny Ben-David und Bobbi Brown verteten, und auch die Überlebenden des Holocaust Ben Meed, Roman Kent, Noach Flug, Karl Brozik, Saul Kagan und Ben Helfgott spielten eine wichtige Rolle. Sie haben uns alle ständig an die moralische Dimension unserer Bestrebungen erinnert und uns stets das oberste Ziel der Gerechtigkeit für diejenigen vor Augen gehalten, die gelitten haben – Juden und Nichtjuden gleichermaßen. Die Claims Conference ist eine wertvolle Partnerorganisation bei der Handhabung der Ansprüche jüdischer Sklaven- und Zwangsarbeiter.

Dieses Abkommen beendet nicht die moralische Verantwortung für den Holocaust. Nichts kann die Erinnerung auslöschen an die Verstorbenen, an die Kultur und die verlorenen Leistungen, an das Leid der Überlebenden, an die Lektionen, die der Holocaust uns über die Bedeutung von Toleranz und Rechtsstaatlichkeit lehren muss, an die Notwendigkeit, dass gute Menschen angesichts des Bösen nicht schweigen dürfen, und der Notwendigkeit einer unverzüglichen internationalen Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen. All dies sollten wir in unseren Herzen und Köpfen bewahren, solange Menschen auf dieser Erde leben. Aber gleichzeitig trägt dieses Abkommen dazu bei, ein Kapitel für diejenigen zu schließen, die so lange auf ein gewisses Maß an Gerechtigkeit gewartet haben, und es hilft, Wunden zu heilen, die während der Lebenszeit vieler der Überlebenden offen blieben.

Die Mittel- und Osteuropäer

Eine der wichtigsten Leistungen unserer Verhandlungen ist, den doppelten Opfern des schlimmsten Unrechts des 20. Jahrhunderts – Nationalsozialismus und Kommunismus - verspätete Anerkennung und Zahlungen zukommen zu lassen: Rund einer Million Bürgern Mittel- und Osteuropas, die Zwangsarbeiter und in einigen Fällen Sklavenarbeiter der nationalsozialistischen Industrie und Landwirtschaft waren. Sie wurden gezwungen, die deutsche Wirtschaft in Gang zu halten, während die Deutschen in den Krieg zogen. Sie erhielten wenig oder keine Bezahlung und lebten unter harten Bedingungen, in bewachten Lagern und – in einigen Fällen – Konzentrationslagern ähnlichen Lagern. Als wäre das nicht genug, lebten sie dann über vier Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg unter der eisernen Herrschaft kommunistischer Regierungen; Entschädigungen aus Deutschland wurden ihnen bis zu den Programmen der neunziger Jahre verweigert. Endlich wird ihr Leid anerkannt.

Die deutsche Stiftung hat die Verantwortung sicherzustellen, dass sie gerecht und fair behandelt werden und dass alle Menschen in ähnlichen Verhältnissen gleich behandelt werden. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um dieses Ergebnis zu erzielen.

Ich möchte die Vertreter der Regierungen von Weißrussland, der Tschechischen Republik, Polen, Russland und der Ukraine beglückwünschen, die jeweils vom Stellvertetenden Außenminister von Weißrussland, Wladimir Gerasimowitsch, Jiri Sitker aus der Tschechischen Republik, dem polnischen Stellvertretenden Außenminister Jerzy Kranz, dem russischen Botschafter Walentin Kopteltsew, dem ukrainischen Stellvertretenden Außenminister Olexander Maidannyk sowie den Vertretern ihrer Versöhnungsstiftungen angeführt werden, die sich in ihren Ländern mit den Ansprüchen befassen werden. Sie alle haben einen wichtigen Beitrag geleistet und waren ausgezeichnete Vertreter Ihres Volks. Sie alle haben ein wichtiges Kapitel in der Geschichte Ihres Landes geschrieben.

Deutschland

Wir dürfen nie vergessen, dass die Hälfte des Betrags von 10 Milliarden D-Mark, mit dem eine würdige Entschädigung der Opfer erreicht werden soll, von der Bundesrepublik Deutschland über ihre Regierung und ihr Parlament und somit vom deutschen Volk kam. Trotz der Bestrebungen der deutschen Regierungen der Nachkriegszeit, die Konsequenzen der Schrecken des nationalsozialistischen Regimes anzusprechen, mussten wir uns 55 Jahre nach dem Ende Hitler-Deutschlands erneut mit diesem moralischen Anliegen auseinandersetzen. Viele Länder und Politiker zögern, sich mit der Vergangenheit zu befassen. Hier waren die deutschen Politiker bereit, eine wichtige Lücke in den Entschädigungs- und Restitutionsprogrammen der Vergangenheit anzuerkennen. Es trägt auf immer zu Deutschlands Ansehen bei, dass Ihr Regierungschef, Bundeskanzler Schröder, sich entschieden hat, sich mit den von deutschen Unternehmen während des Kriegs und durch den Staat selbst beschäftigten Zwangs- und Sklavenarbeitern auseinanderzusetzen und die überlebenden Opfer einzubeziehen. Die Führungskraft und der Mut von Kanzler Schröder sowie seine Bereitschaft, die seiner Regierung sowie des Bundestags und Bundesrats, in schwierigen haushaltspolitischen und wirtschaftlichen Zeiten fünf Millionen D-Mark zu der deutschen Stiftung beizutragen, ist beispielhaft.

Dies fügt Deutschlands kollektiver und andauernder Übernahme der Verantwortung für das in der Zeit des Nationalsozialismus begangene Unrecht eine neue Dimension hinzu. Deutschland übernimmt eine Verantwortung, die in der Geschichte ihresgleichen sucht. Seit ihrer Gründung hat die Bundesrepublik Deutschland Entschädigungen vorgenommen, und die Versöhnung für das während der Zeit des Nationalsozialismus begangene Unrecht ist ein wichtiger Teil der politischen Tagesordnung des Landes. Das Abkommen, das wir heute unterzeichnen, ist ein bedeutendes neues Kapitel dieser kontinuierlichen und andauernden Verantwortung. Sie haben ein Beispiel für das 21. Jahrhundert gesetzt. Andere Nationen wären gut beraten, diesem Beispiel zu folgen.

Niemand hat den Ton für unsere Arbeit besser getroffen als Bundespräsident Rau, dessen Erklärung vom Dezember, in der er im Namen deutscher Unternehmen und des deutschen Volks für das begangene Unrecht „um Vergebung bat", immer noch die herausragende moralische Position in dieser langwierigen Angelegenheit darstellt.

Dennoch war dies im Grunde von Anfang an eine Initiative deutscher Unternehmen. Es war diese Generation aufgeklärter deutscher Industrieller und Finanziers, die bereit waren, die moralische Verantwortung für die Handlungen ihrer Vorgänger zu übernehmen. Zweifelsohne gab es eine praktische und eine rechtliche Dimension ihrer Handlungen angesichts der gegen sie anhängigen Sammelklagen in den Vereinigten Staaten, einem ihrer größten Märkte. Aber es wäre unfair und irreführend anzudeuten, dass dies ihre einzige Motivation für die von ihnen ergriffenen Maßnahmen waren. Sie haben von Anfang an argumentiert, dass sie heute keine rechtliche Verantwortung tragen. In der Tat besteht eine Reihe rechtlicher Hürden für eine Entschädigung bei amerikanischen Gerichten.

Aber vor amerikanischen Gerichten verklagte deutsche Unternehmen haben eindeutig moralische Verantwortung übernommen und damit einen Standard für gute Unternehmenskultur gesetzt. Dies wird bewiesen durch ihre Bereitschft zur Gründung einer Stiftung, die sehr viel mehr Opfer bezahlen wird als jene überlebenden Arbeiter, die von ihren Unternehmen beschäftigt worden waren oder denen Unrecht zugefügt worden war – vielleicht bis zu einer Million Menschen mehr: Diejenigen, die für ehemalige deutsche Unternehmen arbeiteten, diejenigen, die nicht der Rechtsprechung amerikanischer Gerichte unterliegen, SS-Unternehmen und öffentliche Angestellte. Außerdem sollte man der Versöhnungsstiftung gestatten, die Landarbeiter zu bezahlen. Diese moralische Dimension wird außerdem unter Beweis gestellt durch die Beiträge von buchstäblich Hunderten von deutschen Unternehmen, die in amerikanischen Gerichten oder andernorts absolut kein rechtliches Risiko eingehen. Darüber hinaus bestanden die deutschen Unternehmen auf einem ausreichend finanzierten Zukunftsfonds innerhalb des auf 10 Milliarden D-Mark plus Zinsen festgesetzten Fonds zugunsten der Erben und für Ausbildungsprojekte und –programme zur Förderung von Toleranz und Menschenrechten. Wir sind sicher, dass deutsche Unternehmen sich der Herausforderung stellen, unverzüglich ihren Beitrag in Höhe von fünf Milliarden D-Mark aufzubringen.

Vielen führenden Vertretern deutscher Unternehmen gebührt Dank, unter anderem dem Vorsitzenden der Deutschen Bank, Herrn Breuer, sowie den Mitgliedern der juristischen Arbeitsgruppe der Deutschen Stiftungsinitiative und ihrem Vorsitzenden Dr. Klaus Kohler. Angeführt hat die Bemühungen der deutschen Unternehmen jedoch von Anfang an Manfred Gentz, Finanzvorstand bei DaimlerChrysler. Dr. Gentz hat trotz seiner enormen geschäftlichen Verpflichtungen die zeitraubende Aufgabe übernommen, die Bestrebungen der Unternehmen anzuführen. Er war ein harter, aber gerechter Unterhändler, ein gewissenhafter Verteidiger deutscher Unternehmensinteressen und jemand, der nie die beiden Ziele aus den Augen verlor, ein gewisses Maß Gerechtigkeit für die Opfer und Rechtsfrieden für die deutschen Unternehmen zu erlangen. Beide Ziele sind jetzt in Reichweite gerückt. Ohne ihn wären wir heute nicht hier. Das Rechtsteam der deutschen Unternehmen ist mit der Firma Wilmer, Cutler und Pickering gut vertreten. Zum Team gehören Lloyd Cutler, Roger Witten, Robert Kimmitt, Lou Cohen und John Trenor.

Die amerikanischen Rechtsanwälte

Wir müssen offen sprechen. Es waren die amerikanischen Rechtsanwälte, die mit ihren Klagen vor amerikanischen Gerichten das lange in Vergessenheit geratene Unrecht deutscher Unternehmen in der Zeit des Nationalsozialismus auf die internationale Agenda setzten. Es waren ihre Nachforschungen und ihre Arbeit, die diese alten Ungerechtigkeiten in den Vordergründ rückten und uns zwangen, sie anzusprechen. Zweifellos wären wir ohne sie heute nicht hier. Die von uns getroffene Vereinbarung über 10 Milliarden D-Mark wird Hunderttausenden weiteren Opfern, über diejenigen hinaus, die von den Rechtsanwälten vertreten werden, behilflich sein, ihren Lebensabend bequemer zu verbringen. Für dieses Engagement und diese Verpflichtung gegenüber den Opfern sollten wir diesen Rechtsanwälten stets dankbar sein.

Sie arbeiten auch engagiert an einer Lösung für scheinbar hartnäckige Probleme und kooperierten bei dem Versuch, Rechtsfrieden für deutsche Unternehmen zu erreichen.

Das Honorar, das sie erhalten, ist weitaus niedriger als es normalerweise für eine Vereinbarung über eine solche Summe wäre und beläuft sich nur auf ein Prozent der Gesamtsumme der Stiftung. Das ist in Anbetracht ihrer Leistung durchaus angemessen. Dass sie von der Stiftung erhalten, was mit deutschen Unternehmen und der deutschen Regierung ausgehandelt wurde, ist für die Umsetzung dieser Vereinbarung unerlässlich, und ich habe mich gemeinsam mit Graf Lambsdorff und Dr. Gentz dazu verpflichtet sicherzustellen, dass es auch erreicht wird.

Besondere Anerkennung kommt zu: Mel Weiss, Professor Burt Neuborne, Deborah Sturman, Michael Hausfeld, Martin Mendelsohn, Robert Swift, Ed Fagan, Michael Witti, Steve Whinston, Mel Urbach, Lawrence Kill, Dennis Faucher, Barry Fisher, Carey D’Avino, Linda Gerstel, Irwin Levin, Edward Millstein, Morris Ratner und Richard Shevitz.

Botschaft an die Opfer und Überlebenden

Es ist sehr enttäuschend, dass diese Vereinbarung erst so lange nach dem Krieg erzielt wurde und dass so viele, die einen Anspruch gehabt hätten, bereits tot sind. Mit dieser Stiftungsinitiative werden wir denjenigen gedenken, die während und nach der Zeit des Nationalsozialismus gestorben sind. An diejenigen gerichtet, die noch am Leben sind: Wir wissen, dass keine noch so große Summe Sie je für das Unrecht entschädigen kann, das Ihnen zugefügt wurde. Wir hoffen allerdings, dass die würdige Summe, die sie erhalten werden, als Anerkennung Ihres Leids dienen und es Ihnen ermöglichen wird, Ihr Leben etwas angenehmer zu gestalten als es ohne diese Summe der Fall gewesen wäre.

Zudem hoffen wir, dass der Zukunftsfonds, der weit in die Zukunft reichen wird, für Projekte verwendet wird, die noch nicht geborene Generationen an Ihr Opfer erinnern werden.

Die Rolle der Vereinigten Staaten

Warum haben die Vereinigten Staaten eine so unmittelbare Rolle bei der Verhandlung privater Rechtsstreitigkeiten und bei der Gestaltung der deutschen Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" übernommen? Die deutsche Regierung hatte uns gebeten, sie als Partner bei dieser historischen Initiative zu unterstützen, und alle Parteien des Rechtsstreits erklärten sich mit unserer Beteiligung einverstanden. Es geschah aufgrund der Entschlossenheit Präsident Clintons, den Opfern von Unrecht, das von deutschen Unternehmen und der deutschen Regierung begangen wurde, schnell und zu Lebzeiten zu helfen - viele von ihnen sind amerikanische Staatsbürger. Ein weiterer Grund ist unser nationales Interesse an der Vermeidung von Spannungen in unseren Beziehungen zu Deutschland, die sich aus langwierigen Rechtsstreitigkeiten und der Drohung mit Sanktionen ergeben hätten, denn diese Beziehungen zählen für uns weltweit zu den wichtigsten.

Und schließlich haben die Vereinigten Staaten seit 55 Jahren die Bemühungen Deutschlands unterstützt, den Opfern des Holocaust und des Nationalsozialismus Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - Juden und Nichtjuden gleichermaßen, unabhängig von ihrem Wohnsitz. Diese Vereinbarung war die Fortsetzung dieser Regierungsbestrebungen. Die amerikanischen Besatzungsstreitkräfte verabschiedeten unmittelbar nach dem Krieg das erste Entschädigungs- und Restitutionsgesetz über das Unrecht, das den Opfern der Verfolgung im Nationalsozialismus zugefügt wurde. Dieses Gesetz wurde danach weitgehend in der von den Vereinigten Staaten geförderten nationalen deutschen Gesetzgebung übernommen und erreichte Millionen von Opfern des Nationalsozialismus im Westen (allein 4,4 Millionen Anspruchsberechtigte nach dem deutschen Entschädigungsgesetz). Durch die Zahlungen aus der deutschen Stiftung kommen weitere fünf Milliarden Dollar zu den 100 Milliarden Dollar für Entschädigungen, Restitution und Renten hinzu (in aktuellen Zahlen), die weiterhin von Deutschland für während des Nationalsozialismus begangene Taten gezahlt werden. Diese neue Stiftung wird Zahlungen an mehr als eine Millionen Überlebende des Nationalsozialismus leisten und verkörpert die Erfüllung einer Aufgabe, die über ein halbes Jahrhundert dauerte – nämlich den Opfern ein gewisses Maß an Gerechtigkeit zukommen zu lassen.

Unsere Rolle bestand darin, als Katalysator und Partner mit Deutschland zusammenzuarbeiten, um dabei behilflich zu sein, sehr viel schneller ein gewisses Maß an Gerechtigkeit für sehr viel mehr Menschen zu erreichen, als es vor unseren Gerichten je möglich gewesen wäre und einen Mechanismus zu schaffen, um deutschen Unternehmen dabei behilflich zu sein, Rechtssicherheit vor den Gerichten in den Vereinigten Staaten zu erzielen. Das einzigartige Abkommen, das wir heute unterzeichnen, trägt unserer Verantwortung Rechnung, die wir übernehmen werden, um dieses Resultat zu erreichen.

Die Bedeutung, die die amerikanische Regierung diesen Verhandlungen beimisst, zeigt sich in der unmittelbaren Beteiligung Präsident Clintons in kritischen Zeiten gemeinsam mit seinem Stabschef John Podesta, seinem Nationalen Sicherheitsberater Sandy Berger und seiner Beraterin Beth Nolan sowie Außenministerin Madeleine Albright und Finanzminister Lawrence Summers.

Aber ich muss das bemerkenswerte Team der Vereinigten Staaten herausheben, das sich durch Brillianz, Fantasie, Entschlossenheit, kluge Ratschläge, gute Beratung und moralische Unterstützung für mich und das gesamte Unterfangen auszeichneten. Jedes Mitglied des Teams nahm klaglos trotz eines bereits überfrachteten Terminkalenders an diesen Verhandlungen teil. Es gab kein Hindernis, bei dessen Überwindung sie uns nicht helfen konnten. Botschafter J. D. Bindenagel, Ron Bettauer, Eric Rosand, Basil Scarlis, Jody Manning, Richard Smith, John Becker vom Außenministerium, Anwalt Seth Waxman, David Ogden, David Anderson, David Buchholz vom Justizministerium und Holly Toye Moore, meine Beraterin im Finanzministerium, haben alle ihrem Land und dieser großartigen Sache mit unermüdlichem Engagement gedient und verdienen unser besonderes Lob. Der amerikanische Botschafter in Deutschland, John Kornblum, verdient besondere Anerkennung als einer der Väter dieser Initiative und als kluger Berater, der sich gemeinsam mit seinem Botschaftsteam, insbesondere Mark Scheland, von Anfang bis Ende einsetzte.

Otto Graf Lambsdorff

Das Beste habe ich für den Schluss aufgehoben. Graf Lambsdorff, der gemeinsam mit mir den Vorsitz inne hat und ein langjähriger Freund ist, ist eine für unseren Erfolg unverzichtbare Person. Er hat der Bundesrepublik Deutschland ein Leben lang treu gedient und sich der Stärkung der deutsch-amerikanischen Beziehungen gewidmet. Graf Lambsdorff, Ihre bemerkenswerte Arbeit hier ist ein weiteres Kapitel in einer herausragenden Laufbahn. Er war derjenige, der am ehesten Kompromisse fand und auslotete und uns in schwierigen Zeiten motivierte, nie die Opfer zu vergessen, denen wir zu helfen versuchten. Er war immer, auch in den schwierigsten und spannungsgeladensten Zeiten, loyal und freundlich, kreativ und unermüdlich.

Graf Lambsdorff ist ein großer deutscher Patriot, der eine weitere große Leistung für sein Land erbracht hat. Die Arbeit Ihres Teams – Michael Geier, Otto Löffler, Gerd Westdickenberg, Stephan Keller und viele andere – war hervorragend.

Verbleibende Aufgaben

Um unser übergeordnetes Ziel zu erreichen, den Opfern zu Lebzeiten zu helfen, müssen wir noch viel leisten. Graf Lambsdorff und ich stehen schriftlich in Verbindung mit den Klägeranwälten und den Vertretern der mittel- und osteuropäischen Regierungen sowie der Claims Conference. Wir sprechen dabei eine Reihe von nach der Verabschiedung des deutschen Gesetzes noch zu klärenden Fragen auf Gebieten wie Versicherung, „anderes Unrecht" und Zahlung der Rechtsanwaltshonorare an. Wir sind entschlossen sicherzustellen, dass die in diesen Briefen genannten Verpflichtungen eingehalten werden.

Ich möchte außerdem einige weitere Punkte ansprechen:

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die deutschen Versicherungsunternehmen im Rahmen des von der Internationalen Kommission für Versicherungsansprüche aus der Holocaust-Ära (ICHEIC) eingerichteten Verfahrens vorgehen. Das beinhaltet eine Veröffentlichung der Liste unbezahlter Versicherungspolicen und deren Überprüfung. Ohne die Veröffentlichung dieser Liste durch die deutschen Versicherungsunternehmen über die ICHEIC können die Antragsteller nicht feststellen, ob sie anspruchsberechtigt sind, und die Versicherungsunternehmen hätten sich ihrer moralischen Verantwortung entzogen.

Es ist ebenfalls entscheidend, das die deutschen Unternehmen ihr Archiv für die Erforschung der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs sowie die Identifizierung von Kunstgegenständen öffnen, die während der Zeit des Nationalsozialismus gestohlen worden sein konnten und sich möglicherweise in ihrem Besitz befinden.

Dies ist eine Initiative deutscher Unternehmen, für die sie fünf Milliarden D-Mark zugesagt haben. Wir alle erwarten, dass die Summe so bald wie möglich auf ein verzinstes Konto eingezahlt wird, so dass jegliche Verzögerung bei der Beilegung und Abweisung von Fällen die alternden Opfer nicht weiter benachteiligt.

Die Klägeranwälte arbeiten weiter gemeinsam mit den Anwälten der Beklagten an der Konsolidierung und Abweisung anhängiger Rechtsstreitigkeiten gegen deutsche Unternehmen aufgrund von in der Zeit des Nationalsozialismus begangenem Unrecht.

Die neue Stiftung sollte den Vorstand des Kuratoriums einberufen und die öffentliche Bekanntmachung einleiten, so dass potenzielle Empfänger bereits Ende des Jahres die ersten Zahlungen erhalten können.

Wir alle tragen jetzt eine schwere Verantwortung zur Umsetzung dieser historischen Vereinbarung. Die Opfer haben 55 Jahre auf diesen Tag gewartet. Wir können sie nicht länger warten lassen.

Ich danke Ihnen allen für Ihre Rolle bei diesem historischen Unterfangen.

 
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Aktualisiert: August 2001