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Thema im Unterricht

Bernhard Heckel

 Die Kenntnis des politischen Systems unseres wichtigsten Partners ist die Voraussetzung einer soliden politischen Bildung und sachgerechter Beurteilung sowohl der gesellschaftlichen Entwicklungen und politischen Ereignisse innerhalb der USA als auch der außenpolitischen Entscheidungen, die die größte Wirtschafts-, Finanz- und Militärmacht mit ihren weltweiten Interessen und Engagements trifft. Hinzu kommt, daß die USA durch das zweimalige weltgeschichtliche Eingreifen gegen den deutschen Staat in der Weimarer Republik und dann zunächst wenigstens im westlichen Teil Deutschlands freiheitlich demokratischen Lebensformen zum Durchbruch verholfen haben.

Bezeichnenderweise war es das Amerika Präsident Bushs, das ohne Vorbehalte die deutsche Wiedervereinigung unterstützte, als sich die Chance dazu bot, und ihr den Weg ebnen half. Es liegt nahe, die politischen Systeme der USA und der Bundesrepublik Deutschland mit ihren zumindest strukturähnlichen Gesellschaften bei ihren Versuchen zu vergleichen, Lösungen für die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Krisenerscheinungen zu finden.

Die Kenntnis der Unterschiedlichkeit der Verfassungen und politischen Institutionen hier und dort ist nicht allein Grundlage für die sachgerechte Beurteilung innenpolitischer Vorgänge und für die Berechnung außenpolitischen Verhaltens der USA; sie soll zugleich als eine Art Folie dienen, vor der sich die deutschen Strukturen politischer Willensbildung und demokratischen Zusammenlebens vorteilhaft oder nachteilig abheben. Insofern kann die kritische Reflexion über das unterschiedliche politische System einer strukturähnlichen Gesellschaft zugleich einen Beitrag dazu liefern, die Besonderheiten des eigenen Systems besser zu erkennen, dessen spezifische politische Verhaltensanforderungen vor dem Hintergrund des anderen Systems zu verstehen und auch zu relativieren. (Man denke etwa daran, wie oft aus Mangel an Verständnis für die funktionalen Voraussetzungen des jeweiligen Systems die selbstverständlich geübte Fraktionsdisziplin zum "undemokratischen Fraktionszwang", das ebenso selbstverständliche cross-voting zur "Interessentenhaltung" abqualifiziert werden.)

Es wird oft übersehen, daß die von Jean-Jacques Rousseau beeinflußten Demokratievorstellungen in Europa sich an einem verabsolutierten vermeintlichen Gemeinwohl der "einheitlichen und unteilbaren Nation" orientieren, die eine Berücksichtigung partikularer Interessen schwer erträgt, während die amerikanische Vorstellung in viel stärkerem Maße das pursuit of happiness der Einzelnen oder Gruppen in Rechnung stellt und als eine politische Voraussetzung für die Verwirklichung von Demokratie empfindet, als ein natürliches Element derselben. Deshalb qualifiziert sie Kompromißbereitschaft nicht etwa von vornherein als "faul" oder als "politischen Kuhhandel" ab.

Solche Urteile erklären sich leicht aus der Funktionsweise des parlamentarischen Regierungssystems, wo Stabilität und Effizienz einer Regierung unter anderem auf Fraktionsdisziplin und parteiprogrammatischer Prinzipientreue beruhen. Tugenden, die im amerikanischen System eher von untergeordneter Bedeutung sind und einer Mehrheitsbildung häufig im Weg stehen.

Im Gegenteil, am amerikanischen System kann beispielhaft Kompromißfähigkeit und pluralistischer Interessenausgleich als politische Tugend gezeigt werden, eine politische Kultur pragmatischen Vorgehens, ohne die im System der checks and balances die unabhängigen staatlichen Gewalten sich gegenseitig lahmlegten. Daß dies auch unter schwersten Belastungen wie Bürgerkrieg oder Großer Depression nicht geschah, zeigt die Integrationskraft der amerikanischen Demokratie.

Durch diese vergleichende Beurteilung soll der Blick geschärft werden für den beiden Systemen zugrunde liegenden demokratischen Gehalt unterschiedlich zustandegekommener Politik. Ein solcher Systemvergleich könnte in der Erörterung enden, welches der beiden Systeme ein realistischeres Menschenbild zugrundelegt und die gesellschaftlichen Voraussetzungen moderner Demokratien angemessener in Rechnung stellt.

Deshalb sollte eine dreifache Absicht die methodisch-didaktischen Überlegungen für den Unterricht bestimmen:

  • Die Kenntnis der Institutionen und Einsicht in die Funktionsabläufe des amerikanischen politischen Systems.
  • Ein Vergleich mit den Institutionen und Funktionsabläufen des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland und in den Vereinigten Staaten sowie die Untersuchung der jeweiligen politischen und historischen Voraussetzungen.
  • Beurteilung der Systeme nicht allein nach vordergründig funktional bedingten Verhaltensmustern, sondern auch nach Kriterien der Verwirklichung von Demokratie.

Thema im Lehrplan

 Was die Verankerung des Themas im Lehrplan der Schulen anbelangt, so ist die Situation einigermaßen unübersichtlich. Dies rührt nicht einmal so sehr vom Bildungsföderalismus mit seinen oft stark divergierenden Lehrplänen her, sondern liegt vor allem darin begründet, daß der Politikunterricht differenzierende Themen überhaupt erst in der Sekundarstufe II aufnehmen kann, während aus Gründen der altersgemäßen Auswahl der Unterricht auf der Sekundarstufe I über für die Schüler überschaubare Bereiche und eine eher schematisierende Institutionenlehre nicht weit hinausgehen kann. Verfassungsvergleiche, die das sozio-ökonomische und sozio-kulturelle System mit einbeziehen und Funktionsabläufe und Legitimationsprobleme demokratie-theoretisch reflektieren, sind erst in den sozialwissenschaftlichen Leistungskursen der Sekundarstufe II möglich. Dort sind sie auch in den Lehrplänen mit ausreichender Unterrichtszeit verankert - so zum Beispiel in Sachsen oder in Baden-Württemberg.

Dieser Unterricht erreicht jedoch nur einen verschwindend kleinen Teil der Schülerinnen und Schüler, er geht an allen, die andere Leistungsfächer gewählt haben, vorbei. In den Grundkursen für Geschichte, Politik, Erdkunde und Englisch ist zwar Amerika in vielfältiger Weise aufgegriffen, das politische System wird aber, wenn überhaupt, meist mit viel zu wenig Unterrichtszeit bedacht -, oft stehen kaum zwei Stunden dafür zur Verfügung. Wenn überhaupt ausdrücklich genannt, ist das amerikanische Regierungssystem im Sozialkundeunterricht in viel zu kurzer Zeit zu behandeln, so daß nicht viel mehr als eine oberflächliche Institutionenkunde möglich ist. Leider scheinen auch die Lehrpläne der neuen Bundesländer sich des Themas nur sehr stiefmütterlich anzunehmen (bei allem Verständnis für den Vorrang der auf die Umbrüche im Osten gerichteten Themen), obwohl ja gerade dort ein Defizit an amerikakundlichem Wissen zu vermuten wäre. Dennoch erlauben hinreichend elastisch gefaßte Themenbereiche in beiden Sekundarstufen ee Vertiefung amerikanischer Themen, eventuell auch fächerübergreifend oder fächerverbindend, zum Beispiel im Englischunterricht. Hierzu hat Werner Kremp überaus interessante Anregungen gegeben (in: Lehren und Lernen, Heft 10, Okt. 1988). Auch sind die Geschichtskenntnisse aus den Klassenstufen 9, 10 und 11 für das Thema nutzbar zu machen. Doch gerade da muß man sich vergegenwärtigen, daß im Rahmen eines vor allem auf Deutschland und Europa zentrierten Geschichtsunterrichts bei der Behandlung des Eingreifens der USA in die Weltpolitik und ihres europäischen Engagements die Einfallstore für genau jene verzerrenden antiamerikanischen Stereotype aufgetan werden, die mit den Begriffen "Imperialismus", "heuchlerischer Idealismus", "Umerziehung" hinreichend angedeutet sind.

Eine genaue Kenntnis vom Zustandekommen der außenpolitischen Entscheidungen der USA, etwa des Kriegseintritts 1917, seine ideellen und ökonomischen Hintergründe ist im Unterricht eher vorausgesetzt als jemals wirklich behandelt. Schülern mit einem häufig idealisierenden Bild der Demokratie will es oft nicht in den Kopf, daß ideelldemokratisch geprägte Entscheidungen (to make the world safe for democracy oder Marshall-Plan) nicht rein altruistisch zu verstehen sind, sondern ebenfalls interessenorientiert sind, ja sein müssen. Aus solchen Mißverständnissen resultieren oft die emotional gefärbten Ressentiments oder auch umgekehrt unkritische Amerikabegeisterung.

Lehrer und Lehrerinnen müssen diese Situation an den Schulen in Rechnung stellen und deshalb eine langfristige Strategie entwickeln. Ziel sollte dabei sein, anhand der auf verschiedenen Klassenstufen zu behandelnden amerikakundlichen Themen den Schülern eine Vorstellung vom politischen System zu vermitteln, die den oben genannten Punkten nahekommt.

Die Motivation der Schüler und Schülerinnen sollte bei diesem Thema keine Schwierigkeiten bereiten. Eine Vielzahl von in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Themen können als Einstieg verwendet werden; es kommt allerdings darauf an, das Interesse an solchen aktuellen Themen auf die Frage umzulenken, auf welche Weise diese politischen Entscheidungen getroffen werden und ob und wie sie demokratisch legitimiert werden.

Unterrichtseinheiten

 Die nachfolgenden Vorschläge für die Unterrichtsplanung sind bewußt nicht für S I und S II aufgeschlüsselt.Im allgemeinen wird der Unterricht an S 1 nicht weit über die Institutionenkunde hinaus zur vergleichenden Beurteilung vordringen und nur selten zu demokratie-theoretischen Fragestellungen. Insofern sollten die Vorschläge für die Unterrichtseinheiten 1-4 auch für die S I verwendbar sein. Der Lehrer oder die Lehrerin muß selbst beurteilen, welche Vorkenntnisse man bei den Schülern zur Bewältigung der jeweils angegebenen Schritte voraussetzen kann. Welche Schritte intensiv behandelt, welche wiederholend übersprungen werden können, auf welchem Niveau der Arbeitsunterricht oder die problematisierende Diskussion einsetzen kann, hängt vom Kenntnisstand und von der Leistungsfähigkeit der Klasse ab. Für die Unterrichtseinheit 5 zeigt sich jedoch die beschränkte Tauglichkeit der von den Institutionen ausgehenden Analyse, sofern nicht (zum Beispiel aus dem Englischunterricht) Kenntnisse des sozio-kulturellen Umfds (Puritanismus, Pragmatismus, Missionsgedanke, Pioniergeist) mit in die Diskussion einbezogen werden können.

 Unterrichtseinheit 1:

Die Originalität der amerikanischen Verfassung von 1787

Üblicherweise begegnen die Schüler diesem Thema erstmals in der Mittelstufe bzw. Sekundarstufe I - es käme darauf an, sie von vornherein an eine vergleichende Betrachtungsweise heranzuführen.

Einstieg: Zum Beispiel Unabhängigkeitserklärung (Passage: ... eine neue eigene Regierung einzusetzen und diese in der Weise zu organisieren ...") Wie geben sich neue Staaten eine Verfassung? Indien - Bundesrepublik 1949? Die USA 1787: Orientierung am traditionell britischen Verfassungsdenken und damaligen englischen Modell in Umdeutung und Umgestaltung der Institutionen:

  • Krone - Präsidentenamt
  • Oberhaus - Senat
  • Unterhaus - Repräsentantenhaus

Parallelen und Anklänge an englischen Verfassungszustand hinsichtlich der Befugnisse, Ämter und Häuser, ihrem Rang und Ansehen.

1. Schritt: Darstellung der Grundzüge und Einrichtungen der amerikanischen Verfassung - Erarbeitung oder Erläuterung eines Schaubilds - ein ebensolches der damaligen englischen Verfassung verdeutlicht die Orientierung an diesem konstitutionellen Modell.

 2. Schritt: Übertragung des Prinzips der Gewaltenteilung von einer feudal-ständischen Privilegiengesellschaft auf eine egalitär-demokratische Leistungsgesellschaft. Auflösung des theoretischen Widerspruchs "Gewaltenteilung - Volkssouveränität". (Alle Gewalt geht vom Volke aus!), indem die Gewalten so organisiert werden, daß jede vom Volk in ihre jeweiligen Rechte eingesetzt wird, so daß sie die anderen Gewalten kontrolliert und beschränkt.

3. Schritt: Das Prinzip der Repräsentation für den neuen Staat kontinentalen Zuschnitts (Textarbeit: Federalist Papers - evtl. zusammen mit E. Burke; zugänglich in H. Wasser: Demokratie als Prinzip staatlich-politischer Herrschaftsordnung, Klett Verlag, Stuttgart 1976).

4. Schritt: Pragmatik des "großen Kompromisses" der 13 Gründerstaaten in den Verfassungsberatungen. (Ausklammerung der Sklavenfrage - Einigung auf unterschiedliche Repräsentationsprinzipien für Senat und Repräsentantenhaus, Wahlmodus für das Amt des Präsidenten)

Diese vier Schritte sollen

  • zeigen, daß die Institutionen der USA nicht aus der Luft gegriffen, sondern alterprobte Einrichtungen britischer Tradition sind;
  • die revolutionäre Umgestaltung erprobter Einrichtungen für die Neue - demokratische - Welt verdeutlichen;
  • den konservativen Grundzug der amerikanischen Revolution gegen alle plebiszitär-demokratischen Forderungen Rousseauscher Prägung herausarbeiten;
  • den unter den Bedingungen der Neuen Welt besonders ausgeprägten Sinn für die Notwendigkeit von Anpassung an andere Gegebenheiten und Kompromißbereitschaft aufzeigen - auch um den Preis der Verschleppung von Problemen (Sklavenfrage).

Insgesamt soll der Vorschlag, von der englischen Verfassung auszugehen, zweierlei leisten: Zum einen den Durchbruch der Amerikaner zu einem neuen demokratischen Verfassungsdenken erläutern; zum anderen den Schülerinnen und Schülern von vornherein verdeutlichen, daß das präsidiale System der USA und das parlamentarische System in England zwar unterschiedliche, aber doch gleichwertige Ausprägungen der modernen Demokratie sind.

 Unterrichtseinheit 2:

Das präsidiale Regierungssystem der USA im Vergleich zur parlamentarischen Regierungsweise

(Diese Unterrichtseinheit bildet den Schwerpunkt des Themas. Sie setzt Kenntnisse des Grundgesetzes voraus, eignet sich jedoch auch für die S I.)

Einstieg: Historischer Vergleich: Wilsons Versailler Friedensordnung wird 1919 vom Senat abgelehnt - kein Regierungswechsel. Ostverträge Brandts stoßen auf Widerspruch im Parlament - Mißtrauensvotum. Oder: aktuelle Meldungen über Schwierigkeiten des Präsidenten, Mehrheiten im Kongreß für Gesetzesvorhaben, Haushalte usw. zu bekommen (zum Beispiel Clintons Sozialpolitik).

1. Schritt: Die Beispiele sollen die unterschiedliche Verklammerung der exekutiven und legislativen Gewalten verdeutlichen. In einem Schaubild sind die Unterschiede festzuhalten: strikte Trennung der Gewalten, Inkompatibilität von Amt und Mandat - Integration von Exekutive und Legislative, personelle Verklammerung.

2. Schritt: (Schülerreferate, Gruppenarbeit) a) Aufbau der Exekutive in den USA, Bestellungsverfahren, Machtfülle des Präsidenten, Mitarbeiter und Berater. b) Aufbau der Exekutive in der Bundesrepublik Deutschland, Bundespräsident - Bundeskanzler. Unterschiedliche Bedeutung der Begriffe Präsident, Regierung, Kabinett, Minister bzw. Staatssekretär. c) Lehrervortrag/Arbeitsunterricht: Herausbildung des dignified und efficient part der Exekutive in England. Neue Anforderungen an die Exekutive durch Entwicklungen des 19./20. Jahrhunderts; Demokratisierung. Vom Nachtwächter- zum Daseinsvorsorge- und Sozialstaat. d) Transfer: Folgen dieser Entwicklung für das Amt des Präsidenten. e) Vergleich von a) und b) unter den Gesichtspunkten der Effizienz und der Machtkontrolle. f) Problematisierung: Erörterung der Auswahlkriterien für das Amt des Präsidenten. Wie groß ist die Chance der Amtseignung aufgrund des Wahlverfahrens?

 3. Schritt: Analoge Behandlung der Legislative zu Schritt 2a-f: beide Häuser des Kongresses - Bundestag/Bundesrat im Systemvergleich. (Es empfiehlt sich, in diesem Zusammenhang die komplizierten legislativen Befugnisse des Bundesrates auf eine generalisierende Formel zu bringen.)

4. Schritt: Arbeitsunterricht: Rückgriff auf Schaubild aus dem ersten Schritt. Welche Folgen ergeben sich aus Gewaltentrennung bzw. Gewaltenintegration für Regierungsbildung, Regierungssturz, Regierungsstützung, Regierungskontrolle? (Chancen und Voraussetzungen der Verwirklichung einer politischen Konzeption für Präsident/Kanzler. Chancen der Einflußnahme auf Politik für Kräfte des Pluralismus. Verhinderung von Machtmißbrauch oder unpopulärer Politik zwischen den Wahlen. Was ist Opposition in den USA? - Hearings und Untersuchungsausschüsse). Die Lehrer sollten ein ganzes Arsenal an Beispielen zur Verfügung haben, um das andersartige Funktionieren des Präsidialsystems anschaulich belegen zu können.

5. Schritt: Gruppenarbeit, evtl. Rollenspiel: Hineindenken in die Rollen eines Senators/Repräsentanten - MdB oder Bundesratsmitglieds. Welche Verhaltensanforderungen (aus dem funktionalen Zusammenhang) und Verhaltensweisen (aus Wahlverfahren abzuleitende Interessen) ergeben sich im jeweiligen System? Pragmatismus/Anpassung an Wahlkreisinteressen/Cross-Voting/Kompromißbereitschaft/Courtesy in den USA. Ideologische Profilierung, Programmatische Konsequenz/Fraktionsdisziplin/Konfrontation für die Regierungs- und die Oppositionspartei. Hier wird eine Erörterung der Rolle der Parteien/Fraktionen nicht zu umgehen sein. Vorarbeit für die fünfte Unterrichtseinheit.

6. Schritt: Abschlußdiskussion. Kann das präsidiale System die Probleme der USA von heute politisch bewältigen? Welche Schwächen hat es, welche Stärken? Alternativen? Die Schüler sollen dabei ihre Beurteilungskriterien selbst benennen.

 Unterrichtseinheit 3:

Der Oberste Gerichtshof als unabhängige politische Gewalt

(Diese Unterrichtseinheit soll vor allem informativen, erst im letzten Teil problematisierenden (S II) Charakter tragen. Der institutionelle Vergleich des Obersten Gerichtshofes mit dem Bundesverfassungsgericht kann in den Hintergrund treten, da dieses ganz nach dem amerikanischen Modell ausgerichtet ist. Jedoch ist die Unterschiedlichkeit des politischen Verhaltens des Obersten Gerichts und des Bundesverfassungsgerichts kennzeichnend für die andersartige politische Kultur in den USA und hierzulande.)

Einstieg: Wieviele Verfassungen galten in Deutschland zwischen 1787 und heute? Frage nach Grund für Flexibilität der US-Verfassung.

1. Schritt: Information durch Lehrer oder Schülerreferat: Politische Befugnisse des Obersten Gerichtshofs im System der checks and balances.

2. Schritt: Die Entwicklung der judicial review - des Normenkontrollverfahrens. Textarbeit: Der Fall Marbury vs. Madison (abgedruckt in E. Angermann, Der Aufstieg der Vereinigten Staaten von Amerika. Innen- und außenpolitische Entwicklung 1607-1917, Klett Verlag, Stuttgart 1981.3 S. 14 f.).

3. Schritt: Die Entwicklung der Implied-powers-Theorie. Textarbeit: McCulloch vs. Maryland (a. a. O., S. 15 ff.).

4. Schritt: Problematisierung: Steht das Verfassungsgericht über der Verfassung - Möglichkeiten und Grenzen der Verfassungsinterpretation. Die Schüler und Schülerinnen sollen selbst einen Katalog von Kriterien erarbeiten. Danach Veranschaulichung durch Beispiele aus der amerikanischen Geschichte: Streit um den New Deal - politische Zurückhaltung heute (Political-question-Doktrin) - Vgl. dazu: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Rolle der Bundeswehr.

5. Schritt: Transfer/Abschlußdiskussion: Ergeben sich Rückwirkungen aus der parlamentarischen bzw. präsidialen Verfassungskonstruktion für die richterliche Gewalt? Versuchung, Verfassungsgerichtsbarkeit in politische Auseinandersetzung hineinzuziehen in den USA/in der Bundesrepublik Deutschland, Behutsamkeit im Umgang mit der Verfassung in den USA.

 Unterrichtseinheit 4:

Der Föderalismus als konstitutives Element der amerikanischen Demokratie

Einstieg S I: Flaggensymbolik: vgl. US-Flagge im Gegensatz zum Union-Jack.

Einstieg S II: Eingangsfrage: Welches Strukturprinzip, Zentralismus oder Föderalismus, ist dem Begriff der Demokratie eher wesensverwandt? Das Spannungsverhältnis von Volkssouveränität und Föderalismus (als einer Form vertikaler Gewaltenteilung - analog zur Unterrichtseinheit 1, 2. Schritt).

1. Schritt: Föderalismus als Wachstumsgesetz der Vereinigten Staaten. Textarbeit: Nordwestordonnanz von 1787 (in den relevanten Abschnitten abgedruckt in: Geschichte in Quellen. Amerikanische und Französische Revolution, Bayer. Schulbuchverlag, München 1981). Folgende Prinzipien sind zu erarbeiten: Politische Gleichberechtigung neuer Staaten der Union (vgl. dazu das Reichsland Elsaß-Lothringen 1871-1918). Sicherung der konstitutionellen Rechte aller Bürger der neuen Staaten. Sicherung der politischen Mitwirkungsrechte und -pflichten im Einzelstaat und in der Union im Sinne der britischen Verfassungstradition "No taxation without representation". Grassroots-Demokratie und Selbstverwaltung.

2. Schritt: Arbeitsunterricht: Die föderalistischen Elemente in der Bundesverfassung - historische Beispiele für "dualistischen Föderalismus" (vgl. dazu Unterrichtseinheit 3 - Implied-powers-Theorie).

3. Schritt: Auswertung von statistischem Material: Was ist kooperativer Föderalismus und wodurch ist er verursacht? Statistiken zur Ausgabenentwicklung von Bund, Einzelstaaten und Kommunen, Höhe der Bundeszuschüsse, nach Sachbereichen gegliedert (abgedruckt in H. Wasser, Die USA - der unbekannte Partner, Schöningh Verlag, Paderborn 1983, S. 159 ff.).

4. Schritt: Eine abschließende Betrachtung könnte zwei gegenläufige Tendenzen konstatieren: Einerseits rufen die komplexen Probleme unserer Industriewelt nach bundesstaatlichen Regelungen und drohen die autonomen föderalistischen Einrichtungen auszuhöhlen, andererseits kommen gerade aus den überschaubaren Bereichen der Kommunen und Einzelstaaten Ansätze zu einem geänderten, eher plebiszitär als repräsentativ geprägten Demokratieverständnis, die diese Einrichtungen demokratisch aufwerten.

 Unterrichtseinheit 5:

Die Träger der politischen Willensbildung

(Diese Unterrichtseinheit ist umfassend nur auf S II zu behandeln. Sie setzt die Behandlung der Träger der politischen Willensbildung, ihrer Struktur und Funktionen voraus. Die Besinnung auf diese Kenntnisse könnte als Einstieg verwendet werden, sofern nicht handgreifliche Beispiele der Einflußnahme pluralistischer Kräfte auf politische Entscheidungen der USA aktuell vorliegen, anhand derer sich die Verklammerung gesellschaftlicher Interessen und staatlicher Politik zeigen läßt. Zweckmäßigerweise wird man mit einem Parteienvergleich beginnen und danach Verbände und öffentliche Meinung behandeln.)

1. Schritt: Beschreibung der amerikanischen Maschinen- und Plattformpartei. Textarbeit: Gegenüberstellung deutscher Grundsatzprogramme von CDU/SPD/FDP und Aussagen der Demokraten und Republikaner bei der Präsidentenwahl. Wählerbindung an die Parteien. Wählerverhalten. (Texte und Material dazu bei H. Wasser, a. a. O., S. 166 ff.)

2. Schritt: Arbeitsunterricht: Gegenüberstellung der unterschiedlichen Aufgaben deutscher und amerikanischer Parteien. 1. Unterschiedliche Funktionen aus dem parlamentarischen bzw. präsidialen System für die Fraktionen. 2. Unterschiedliche Aufgaben aus jeweiligen Wahlsystemen. Kandidatenaufstellung. Tradition des spoils system und Konsequenzen für US-Parteien. 3. Tradition des Pragmatismus - Ablehnung doktrinärer Festlegung in der Geschichte des amerikanischen Parteiwesens (Texte in H. Wasser, a. a. O., S. 96 ff.). Gründe für die zentralistische Struktur der deutschen, für föderalistische, ja fragmentarisierte Struktur der amerikanischen Parteien sollen aus diesen drei Erörterungen gefunden werden.

3. Schritt: Problematisierung: Vorteile/Nachteile der amerikanischen Parteienstruktur für die demokratische Willensbildung - auf Unionsebene (bes. außenpolitische Entscheidungen), auf einzelstaatlicher und kommunaler Ebene.

4. Schritt: Verklammerung der Parteien mit dem Verbandspluralismus. Auswertung von statistischem Material (H. Wasser, a. a. O., S. 205 ff.). Herauszuarbeiten sind: Vergleichbarkeit der pluralistischen Struktur in den USA und der Bundesrepublik Deutschland; Umstrittenheit der These vom dominierenden Einfluß des militärisch-industriellen-Komplexes; andere Ansatzpunkte des Verbandseinflusses aufgrund der Unterschiedlichkeit der politischen Struktur; besonders sorgfältig: Chancen des Einflusses auf amerikanische Parteien). Gleichartigkeit der Problematik: Offenlegung von Parteispenden und Kontrolle der Lobby. (Texte und Material dazu H. Wasser, a. a. O., S. 200 ff.) Diskussion: Ansatzpunkte für Einflußnahme der Wirtschaft in den USA - in der Bundesrepublik Deutschland; ihre Grenzen.

5. Schritt: Wirksamkeit der öffentlichen Meinung als Kontrollinstanz. Textarbeit: Tradition des Populismus in den USA (Wasser, a. a. O., S. 87 ff.). Erörterung der Problematik von Manipulierbarkeit (Medien in den USA) und Emotionalität der öffentlichen Meinung (schweigende Mehrheit/Forderungen nach Einsatz von Nuklearwaffen während der iranischen Geiselkrise bei öffentlichen Demonstrationen).

Abschlußdiskussion: Politische und moralische Kraft der öffentlichen Meinung als Gradmesser für Vitalität der amerikanischen Demokratie (Watergate-Affäre/ Bewegung gegen den Vietnam-Krieg/Bürgerrechtsbewegung).