Bevor ich anfange,
möchte ich zunächst Präsident Clinton für seinen
Dienst für unsere Nation danken.
Und ich danke
Vizepräsident Gore für einen mit Kampfgeist ausgetragenen
und mit Würde beendeten Wahlkampf.
Ich fühle
mich geehrt und stehe voller Demut hier, wo so viele amerikanische
Regierungsführer vor mir gestanden haben und so viele nachfolgen
werden.
Wir alle haben
unseren Platz in einer langen Geschichte - eine Geschichte, die wir
fortführen, deren Ende wir aber nicht erleben werden. Es ist
die Geschichte einer neuen Welt, die Freund und Befreier der alten
wurde, die Geschichte einer Gesellschaft, die Sklaven hielt und zum
Diener der Freiheit wurde, die Geschichte einer Macht, die in die
Welt zog, um zu schützen, nicht zu besitzen, um zu verteidigen
und nicht zu erobern.
Es ist die amerikanische
Geschichte - eine Geschichte von mit Fehlern behafteten, fehlbaren
Menschen, über Generationen durch große und beständige
Ideale geeint.
Das großartigste
dieser Ideale ist ein sich abzeichnendes amerikanisches Versprechen,
dass jeder dazugehört, dass jeder eine Chance verdient, dass
nie eine unbedeutende Person geboren wurde.
Die Amerikaner
sind dazu aufgerufen, dieses Versprechen in unserem Leben und unseren
Gesetzen zu verwirklichen. Und obwohl unsere Nation manchmal ins Stocken
geriet und Dinge manchmal verzögerte, dürfen wir keinem
anderen Kurs folgen.
Einen Großteil
des letzten Jahrhunderts war der Glaube der Vereinigten Staaten an
Freiheit und Demokratie ein Fels in der Brandung. Jetzt ist er eine
Saat im Wind, die in vielen Ländern Wurzeln schlägt.
Unsere demokratische
Überzeugung ist mehr als der Glaube unseres Landes, sie ist die
unserer Menschlichkeit innewohnende Hoffnung, ein Ideal, das wir in
uns tragen, aber nicht besitzen, ein treuhänderisches Erbe, das
wir annehmen und weitergeben. Und sogar nach 225 Jahren haben wir
noch einen langen Weg vor uns.
Während viele
unserer Bürger Wohlstand erreichen, zweifeln andere an dem Versprechen
und sogar der Gerechtigkeit unseres eigenen Landes. Die ehrgeizigen
Ziele einiger Amerikaner werden durch Schulen, die versagen, versteckte
Vorurteile und die Umstände ihrer Geburt eingeschränkt.
Manchmal sind die Unterschiede zwischen uns so groß, dass wir
einen Kontinent, aber nicht ein Land zu teilen scheinen.
Wir akzeptieren
das nicht und werden es nicht zulassen. Unsere Einheit, unsere Union
ist die ernsthafte Arbeit von Führungspersönlichkeiten und
Bürgern jeder Generation. Und dies ist mein ernstes Gelöbnis:
Ich werde für den Aufbau einer geeinten Nation mit Gerechtigkeit
und Chancen arbeiten.
Ich weiß,
dass wir das erreichen können, denn wir werden von einer höheren
Macht als uns selbst geleitet, die uns nach Gottes Bild geschaffen
hat.
Wir vertrauen
auf Prinzipien, die uns einen und weiterführen.
Amerika war nie
durch Blut, Geburt oder Boden geeint. Wir sind durch Ideale verbunden,
die uns über unsere Herkunft erhaben machen, über unsere
Interessen hinausgehen und uns lehren, was es bedeutet, Staatsbürger
zu sein. Jedem Kind müssen diese Prinzipien gelehrt werden. Jeder
Bürger muss sie aufrechterhalten. Und durch die Befürwortung
dieser Ideale macht jeder Einwanderer unser Land mehr, nicht weniger,
amerikanisch.
Heute bekräftigen
wir unseren erneuten Willen, das Versprechen unseres Landes durch
Anstand, Mut, Mitgefühl und Charakter zu leben.
Amerika von seiner
besten Seite ergänzt seine Verpflichtung zu Prinzipien mit einem
Interesse an Anstand. Eine Zivilgesellschaft verlangt von uns allen
Engagement und Respekt, faires Handeln und Vergebung.
Einige scheinen
zu glauben, dass unsere Politik ruhig engstirnig sein kann, weil in
Zeiten des Friedens in unseren Debatten wenig auf dem Spiel zu stehen
scheint.
Aber die Interessen
Amerikas sind nie gering. Wenn unser Land sich nicht für die
Sache der Freiheit einsetzt, wird es niemand tun. Wenn wir die Herzen
unserer Kinder nicht für Wissen und Charakter öffnen, werden
ihre Talente verloren gehen und ihr Idealismus wird untergraben. Wenn
wir unsere Volkswirtschaft aus dem Ruder laufen und schrumpfen lassen,
werden die Schwachen am meisten leiden.
Wir müssen
unserer gemeinsamen Berufung gerecht werden. Anstand ist keine Taktik
und kein Gefühl. Es ist die entschlossene Entscheidung für
Vertrauen und gegen Zynismus, für Gemeinschaft und gegen Chaos.
Wenn wir dieser Verpflichtung nachkommen, ist das der Weg zu gemeinsamen
Errungenschaften.
Amerika von seiner
besten Seite ist auch mutig.
Unser Mut als
Nation war in Zeiten der Wirtschaftskrise und des Krieges eindeutig,
als die Verteidigung gegen gemeinsame Gefahren das Allgemeinwohl definierte.
Nun müssen wir uns entscheiden, ob das Beispiel unserer Väter
und Mütter uns inspirieren oder verurteilen wird. Wir müssen
in einer segensreichen Zeit Mut zeigen, indem wir Probleme angehen,
anstatt sie an nachfolgende Generationen weiterzureichen.
Gemeinsam werden
wir die Schulen Amerikas zurückerobern, bevor Unwissen und Apathie
noch mehr junge Leben fordern.
Wir werden die
Sozialversicherung und Medicare reformieren und unseren Kindern so
vor Schwierigkeiten ersparen, die wir die Macht zu verhindern haben.
Wir werden die Steuern senken, um die Impulse unserer Volkswirtschaft
zu erhalten sowie die Mühen und den Unternehmergeist amerikanischer
Arbeitnehmer zu belohnen.
Wir werden eine
allen Herausforderungen trotzende Verteidigung aufbauen, damit Schwäche
nicht Herausforderungen provoziert.
Wir werden uns
mit Massenvernichtungswaffen befassen, damit einem neuen Jahrhundert
neue Schrecken erspart bleiben.
Die Feinde der
Freiheit und unseres Landes sollten sich nicht täuschen: Die
Vereinigten Staaten engagieren sich aufgrund ihrer Geschichte und
ihrer Entscheidung weiterhin auf der Welt und schaffen ein Kräftegleichgewicht,
das zugunsten der Freiheit ausschlägt. Wir werden unsere Bündnispartner
und unsere Interessen verteidigen. Wir werden ohne Arroganz Zielstrebigkeit
zeigen. Wir werden Aggression und bösem Glauben mit Entschlossenheit
und Stärke begegnen. Und allen Nationen gegenüber werden
wir uns für die Werte aussprechen, die unsere Nation ins Leben
gerufen haben.
Amerika zeigt
von seiner besten Seite Mitgefühl. In unserem tiefsten Inneren
wissen wir Amerikaner, dass große, andauernde Armut den Versprechungen
unserer Nation unwürdig ist.
Und was immer
unsere Ansicht bezüglich ihrer Ursachen sein mag - wir können
uns einig sein, dass gefährdete Kinder nicht die Schuld tragen.
Kindesaussetzung und Missbrauch sind nicht Akte Gottes, sondern ein
Versagen der Liebe.
Und immer mehr
Gefängnisse, so notwendig sie auch sein mögen, sind kein
Ersatz für Hoffnung und Ordnung in unseren Seelen.
Wo es Leid gibt,
gibt es Pflichtbewusstsein. Amerikaner in Not sind keine Fremden,
sie sind Bürger, keine Probleme, sondern Prioritäten. Und
wir alle sind weniger wert, wenn einige hoffnungslos sind.
Die Regierung
trägt große Verantwortung für die öffentliche
Sicherheit und die öffentliche Gesundheit, für Bürgerrechte
und öffentliche Schulen. Dennoch ist Mitgefühl das Werk
einer Nation, nicht nur einer Regierung.
Und manche Bedürfnisse
und Verletzungen sind so tief, dass sie nur auf die Geste eines Mentors
oder das Gebet eines Pastors reagieren. Kirche und Nächstenliebe,
Synagogen und Moscheen haben unseren Gemeinden ihr menschliches Gesicht
verliehen, und sie werden einen ehrenwerten Platz in unseren Plänen
und unseren Gesetzen einnehmen.
Viele in unserem
Land kennen den Schmerz der Armut nicht, aber wir können denjenigen
zuhören, die ihn kennen.
Und ich kann unsere
Nation zu einem Ziel verpflichten: Wenn wir diesen verwundeten Reisenden
auf dem Weg nach Jericho sehen, werden wir nicht auf die andere Straßenseite
gehen.
Von seiner besten
Seite ist Amerika ein Ort, an dem persönliche Verantwortung geschätzt
und erwartet wird.
Die Ermutigung
von Verantwortung ist nicht die Suche nach Sündenböcken,
sie ist ein Appell an das Gewissen. Und obwohl sie Opfer verlangt,
bringt sie eine tiefere Erfüllung mit sich. Wir finden die Fülle
des Lebens nicht nur in Optionen, sondern in Pflichten. Und wir wissen,
dass Kinder und die Gemeinde die Pflichten sind, die uns befreien.
Unser öffentliches
Interesse hängt von dem Charakter des Einzelnen ab, von Bürgerpflicht,
Familienbanden und grundlegender Fairness, von ungezählten, nicht
geehrten Akten der Würde, die unserer Freiheit Richtung verleihen.
Manchmal werden
wir im Leben zu großen Taten aufgerufen. Aber wie ein Heiliger
unserer Zeit einmal gesagt hat, werden wir jeden Tag aufgerufen, kleine
Taten mit großer Liebe zu vollbringen. Die wichtigsten Aufgaben
einer Demokratie werden von allen geleistet.
Ich werde nach
diesen Prinzipien leben und regieren: Meine Überzeugungen mit
Anstand fördern, das öffentliche Interesse mit Mut verfolgen,
für größere Gerechtigkeit und mehr Mitgefühl
eintreten, Verantwortung fordern und versuchen, sie auch zu leben.
Bei all diesen
Unterfangen werde ich die Werte unserer Geschichte zum Anliegen unserer
Zeit machen.
Was Sie tun, ist
ebenso wichtig wie das, was die Regierung tut. Ich bitte Sie, das
Allgemeinwohl über Ihre eigene Bequemlichkeit hinaus anzustreben;
erforderliche Reformen gegen leichtfertige Angriffe zu verteidigen;
Ihrer Nation zu dienen, angefangen bei Ihrem Nachbarn. Ich bitte Sie,
Bürger zu sein: Bürger, nicht Zuschauer; Bürger, nicht
Untertanen; verantwortungsvolle Bürger, die Gemeinschaften des
Dienstes und eine Nation mit Charakter aufbauen.
Wir Amerikaner
sind großzügig und stark und anständig, nicht weil
wir an uns glauben, sondern weil wir über uns hinaus Überzeugungen
vertreten. Wenn dieser Geist der Staatsbürgerschaft fehlt, kann
kein Regierungsprogramm ihn ersetzen. Wenn dieser Geist vorhanden
ist, kann kein Übel ihm etwas anhaben.
Nachdem die Unabhängigkeitserklärung
unterzeichnet worden war, schrieb der Staatsmann John Page aus Virginia
an Thomas Jefferson: "Wir wissen, das Wettrennen wird weder immer
vom Schnellsten, noch der Kampf vom Starken gewonnen. Glauben Sie
nicht, dass ein Engel in diesem Wirbelsturm reitet und diesen Sturm
dirigiert?"
Sehr viel Zeit
ist vergangen, seit Jefferson zu seiner Amtseinführung kam. Die
Jahre und die Veränderungen sammeln sich an. Aber das Thema des
heutigen Tages würde er kennen: Die große Geschichte vom
Mut unserer Nation und ihrem schlichten Traum von Würde.
Wir sind nicht
der Verfasser dieser Geschichte, der die Zeit und die Ewigkeit mit
seiner Zielsetzung füllt. Aber seine Zielsetzung wird mit unserer
Pflicht erlangt, und unsere Pflicht wird im Dienst am anderen erfüllt.
Unermüdlich,
unerschütterlich, unaufhörlich werden wir diese Zielsetzung
heute erneuern, um unser Land gerechter und großzügiger
zu machen, um die Würde unseres Lebens und jedes Lebens zu bekräftigen.
Diese Arbeit dauert
an. Diese Geschichte dauert an. Und ein Engel reitet immer noch in
dem Wirbelsturm und dirigiert diesen Sturm