Vizepräsident
Cheney, Herr Präsident des Obersten Gerichtshofs, Präsident
Carter, Präsident Bush, Präsident Clinton, Mitglieder des
amerikanischen Kongresses, hochwürdige Geistliche, verehrte Gäste,
liebe Mitbürger:
An diesem Tag, der durch
das Gesetz vorgeschrieben und von Zeremonien geprägt ist, feiern
wir die grenzenlose Weisheit unserer Verfassung und erinnern uns an
die tiefen Verpflichtungen, die unser Land einen. Ich bin dankbar
für diese Ehre, bin mir der folgenschweren Zeiten, in denen wir
leben, bewusst, und entschlossen, den Eid zu erfüllen, den ich
geschworen habe und dessen Zeugen Sie waren.
Bei diesem zweiten Zusammentreffen
werden unsere Aufgaben nicht durch die von mir verwendeten Worte bestimmt,
sondern durch die Geschichte, die wir zusammen erlebt haben. Ein halbes
Jahrhundert lang verteidigten die Vereinigten Staaten ihre eigene
Freiheit, indem wir weit entfernte Grenzen bewachten. Dem Scheitern
des Kommunismus folgten Jahre relativer Ruhe, Jahre der Erholung,
Jahre des Pausierens – und dann kam der Tag des Feuers.
Wir haben unsere Verletzlichkeit
gesehen – und wir haben den Grund dafür erkannt. Denn solange
ganze Regionen der Welt in Groll und Tyrannei vor sich hin gären,
anfällig für Ideologien, die Hass nähren und Mord entschuldigen,
wird Gewalt wachsen, deren zerstörerische Kraft sich über
die bewachtesten Grenzen hinweg vervielfacht und eine tödliche
Gefahr birgt. Es gibt nur eine Kraft in der Geschichte, die die Herrschaft
von Hass und Groll brechen, die Anmaßung von Tyrannen entlarven
und die Hoffnung der Aufrechten und Toleranten belohnen kann: das
ist die Kraft, die aus der Freiheit der Menschen entspringt.
Die Ereignisse und unser
gesunder Menschenverstand lassen eine Schlussfolgerung zu: Das Überleben
der Freiheit in unserem Land hängt immer mehr vom Erfolg der
Freiheit in anderen Ländern ab. Die beste Hoffnung für Frieden
in unserer Welt liegt in der Ausbreitung von Freiheit überall
in der Welt.
Amerikas existenzielle
Interessen entsprechen nun unseren tiefsten Überzeugungen. Seit
dem Tag unserer Gründung haben wir verkündet, dass jeder
Mensch auf dieser Welt Rechte und Würde und einen unvergleichbaren
Wert hat, da er als Ebenbild des Schöpfers von Himmel und Erde
geschaffen wurde. Über Generationen hinweg haben wir das Gebot
der Selbstverwaltung verkündet, da niemand als Gebieter geschaffen
wurde und niemand es verdient, ein Sklave zu sein. Das Vorantreiben
dieser Ideale ist die Mission, die unsere Nation entstehen ließ.
Das ist die ehrwürdige Errungenschaft unserer Väter. Heute
ist das dringend erforderlich für die Sicherheit unseres Landes.
Das ist der Ruf unserer Zeit.
Deswegen ist es die politische
Strategie der Vereinigten Staaten, demokratische Bewegungen und Institutionen
in jedem Land und jeder Kultur zu suchen und ihre Entwicklung zu unterstützen,
um letztendlich die Tyrannei in der Welt zu beenden.
Das muss nicht in erster
Linie durch den Einsatz von Waffen geschehen, wir werden jedoch uns
und unsere Freunde immer mit Waffen verteidigen, wenn dies erforderlich
ist. Freiheit muss ihrer Natur gemäß von den Bürgern
gewählt und verteidigt und durch Rechtsstaatlichkeit und den
Schutz von Minderheiten aufrechterhalten werden. Und wenn die Seele
einer Nation endlich spricht, können die entstehenden Institutionen
Bräuche und Traditionen wiederspiegeln, die stark von den unseren
abweichen. Die Vereinigten Staaten werden Unfreiwilligen nicht ihren
Regierungsstil aufzwingen. Unser Ziel ist es vielmehr, anderen dabei
zu helfen, ihre Stimme zu finden, ihre eigene Freiheit zu erreichen
und ihren eigenen Weg zu gehen.
Das große Ziel der
Beendigung der Tyrannei bedarf der geballten Arbeit von Generationen.
Die Schwierigkeit der Aufgabe ist keine Entschuldigung dafür,
ihr aus dem Weg zu gehen. Amerikas Einfluss ist nicht grenzenlos.
Aber zum Glück für die Unterdrückten ist unser Einfluss
bedeutend und wir werden ihn im Einsatz für die Freiheit selbstbewusst
anwenden.
Meine oberste Aufgabe ist
der Schutz dieser Nation und ihrer Bürger vor weiteren Angriffen
und entstehenden Bedrohungen. Manche haben törichterweise die
amerikanische Entschlossenheit in Frage gestellt und mussten feststellen,
dass sie unerschütterlich ist. Wir werden jedem Herrscher und
jedem Land die Entscheidung beharrlich erklären: die moralische
Entscheidung zwischen Unterdrückung, die immer falsch ist, und
Freiheit, die immerwährend richtig ist. Die Vereinigten Staaten
werden nicht vortäuschen, dass inhaftierte Dissidenten ihre Ketten
bevorzugen, dass Frauen Verspottung und Knechtschaft mögen oder
dass irgendein Mensch auf Gedeih und Verderb einem Tyrannen ausgeliefert
sein will.
Wir werden Reformen anderer
Regierungen ermutigen, indem wir deutlich machen, dass erfolgreiche
Beziehungen mit den Vereinigten Staaten die anständige Behandlung
der eigenen Bevölkerung voraussetzen. Der amerikanische Glaube
an die Menschenwürde wird unsere Politik leiten. Rechte müssen
jedoch mehr als die zähneknirschenden Eingeständnisse von
Diktatoren sein, sie müssen durch freie Meinungsäußerung
und die Mitwirkung der Regierten gesichert sein. Langfristig gibt
es ohne Freiheit keine Gerechtigkeit und auch keine Menschenrechte.
Manche, wie ich weiß,
haben die globale Wirkung der Freiheit in Frage gestellt, obwohl diese
Zeit in der Geschichte - vierzig Jahre der schnellsten Verbreitung
von Freiheit, die es je gab - eine seltsame Zeit zum Zweifeln ist.
Vor allem Amerikaner sollten nie über die Kraft unserer Ideale
erstaunt sein. Nach und nach erreicht der Ruf der Freiheit Herz und
Verstand aller Menschen. Wir akzeptieren die Existenz ständiger
Tyrannei nicht, weil wir die mögliche Aussicht ständiger
Sklaverei nicht akzeptieren. Die Freiheit kommt zu denen, die sie
lieben.
Heute wenden die Vereinigten
Staaten sich erneut an alle Völker der Welt:
Alle, die in Tyrannei und
Hoffnungslosigkeit leben, sollen wissen: Die Vereinigten Staaten werden
Ihre Unterdrückung oder die Ausflüchte Ihrer Unterdrücker
nicht hinnehmen. Wenn Sie für Ihre Freiheit einstehen, stehen
wir an Ihrer Seite.
Demokratische Reformer,
denen Unterdrückung, Gefängnis oder Exil droht, sollen wissen:
Amerika sieht Sie als das, was Sie sind: die künftigen Anführer
Ihres befreiten Landes.
Die Herrscher von geächteten
Regimes sollen wissen, dass wir immer noch glauben, was Abraham Lincoln
einst sagte: "Menschen, die anderen Menschen Freiheit verwähren,
verdienen sie selber nicht, und können sie unter der Herrschaft
eines gerechten Gottes auch nicht lange für sich in Anspruch
nehmen."
Regierungsführer,
die seit langer Zeit ihr Land kontrollieren, müssen wissen: Um
seinen Bürgern dienen zu können, muss man lernen, Ihnen
zu vertrauen. Wenn Sie sich auf diesen Weg des Fortschritts und der
Gerechtigkeit begeben, werden die Vereinigten Staaten Sie begleiten.
Und alle Verbündeten
der Vereinigten Staaten sollen wissen: Wir honorieren Ihre Freundschaft,
wir brauchen Ihren Rat und wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen. Uneinigkeiten
zwischen freien Nationen sind das Hauptziel der Feinde der Freiheit.
Die gemeinsamen Anstrengungen der freien Nationen zur Förderung
der Demokratie sind der Beginn der Niederlage unserer Feinde.
Heute wende ich mich auch
aufs Neue an meine Mitbürger:
Ich habe von Ihnen allen
Geduld bezüglich der schweren Aufgabe der Sicherung der Vereinigten
Staaten gefordert, und Sie haben mir ausreichend Geduld gewährt.
Unser Land hat Verpflichtungen angenommen, die schwer zu erfüllen
sind. Von diesen Verpflichtungen abzuweichen wäre unehrenhaft.
Weil wir in der großen Befreiungstradition dieses Landes handelten,
haben Millionen von Menschen die Freiheit erlangt. Und da Hoffnung
wiederum Hoffnung weckt, werden noch Millionen von Menschen ihre Freiheit
erlangen. Mit unseren Anstrengungen haben wir ein Feuer entzündet
– ein Feuer in den Köpfen der Menschen. Es wärmt die, die
seine Macht spüren, es verbrennt jene, die gegen seine Verbreitung
ankämpfen, und eines Tages wird das ungezügelte Feuer der
Freiheit auch die dunkelsten Ecken unserer Welt erreichen.
Einige Amerikaner haben
die schwersten Aufgaben in dieser Mission übernommen – die stille
Arbeit der Nachrichtendienste und der Diplomatie, die idealistische
Aufgabe der Unterstützung freier Regierungen, die gefährliche
und notwendige Aufgabe des Kampfes gegen unsere Feinde. Manche haben
ihre Ergebenheit ihrem Land gegenüber durch einen Tod erwiesen,
der ihr ganzes Leben ehrt – und wir werden ihre Namen und ihre Opfer
stets in Ehren halten.
Alle Amerikaner waren Zeugen
dieses Idealismus, einige zum ersten Mal. Ich fordere unsere jüngsten
Mitbürger auf, den sichtbaren Beweisen zu glauben. Sie haben
das Pflichtbewusstsein und die Treue in den entschlossenen Gesichtern
unserer Soldaten gesehen. Sie haben gesehen, dass das Leben zerbrechlich,
das Böse real und Mut siegreich ist. Treffen Sie die Entscheidung,
für eine Sache zu dienen, die größer als alle Ihre
Wünsche ist, größer als Sie selbst – und Sie werden
nicht nur zum Wohlstand unseres Landes, sondern auch zu seinem Wesen
beitragen.
Die Vereinigten Staaten
benötigen Idealismus und Mut, da wir in unserem Land einer wichtigen
Aufgabe gegenüberstehen – die noch nicht vollendete Aufgabe der
amerikanischen Freiheit. In einer Welt, die der Freiheit entgegengeht,
sind wir entschlossen, die Bedeutung und Verheißung der Freiheit
zu demonstrieren.
Gemäß des amerikanischen
Ideals der Freiheit erlangen die Bürger die Würde und Sicherheit
wirtschaftlicher Unabhängigkeit, anstatt am Rande des Existenzminimums
arbeiten zu müssen. Dies ist der weitere Sinn der Freiheit, die
zum Homestead Act (Gesetz über Landerwerb), zum Social Security
Act (Sozialversicherungsgesetz) und zum G.I. Bill of Rights (Gesetz
über die Ausbildungsfinanzierung von Kriegsveteranen) führte.
Und jetzt werden wir diese Vision erweitern und bedeutende Institutionen
reformieren, so dass sie den Bedürfnissen unserer Zeit entsprechen.
Um jeden Amerikaner an der Zukunft unseres Landes teilhaben zu lassen,
werden wir in unseren Schulen die besten Standards einführen
und eine Gesellschaft von Eigentümern aufbauen. Wir werden den
Besitz von Häusern und Unternehmen sowie Rentenersparnisse und
Krankenversicherungen fördern – so dass die Amerikaner auf die
Herausforderungen des Lebens in einer freien Gesellschaft vorbereitet
sind. Indem jeder Bürger und jede Bürgerin für sein
oder ihr eigenes Schicksal frei verantwortlich ist, werden wir den
Amerikanern eine größere Freiheit von Not und Angst verleihen
und unsere Gesellschaft wohlhabender und gerechter machen.
Beim amerikanischen Ideal
der Freiheit steht der Charakter der einzelnen Menschen im Vordergrund
– Integrität, Toleranz gegenüber anderen und die Leitung
durch unser Gewissen in unserem Leben. Selbstverwaltung stützt
sich letztlich auf den Einzelnen. Die Charakterbildung erfolgt in
Familien, wird in Gemeinschaften mit Regeln unterstützt und in
unserem Zusammenleben als Nation durch die Wahrheiten von Sinai, die
Bergpredigt, die Worte des Koran und die vielfältigen Glaubensrichtungen
unserer Bürger aufrechterhalten. Jede Generation von Amerikanern
entwickelt sich weiter, indem sie die guten und wahren Überlieferungen
aus der Vergangenheit bestätigt – die Ideale der Gerechtigkeit
und des Benehmens, die gestern die gleichen waren wie heute und in
der Zukunft.
Gemäß dem amerikanischen
Freiheitsideal wird das Ausüben von Rechten durch Diensterfüllung
und Gnade und ein Herz für schwache Menschen geadelt. Freiheit
für alle bedeutet nicht Unabhängigkeit von einander. Unsere
Nation stützt sich auf Frauen und Männer, die sich um einen
Nachbarn kümmern und vom Wege Abgekommene mit Liebe umgeben.
Die Amerikaner schätzen das Leben, das wir ineinander sehen,
und müssen sich immer daran erinnern, dass auch die Unerwünschten
einen Wert in unserer Gesellschaft haben. Unser Land muss außerdem
alle rassistischen Gewohnheiten abschaffen, da wir nicht gleichzeitig
die Botschaft der Freiheit mit der Last der Bigotterie verbreiten
können.
Aus der Perspektive eines
einzigen Tages gesehen, wie etwa dieser ehrwürdige Tag, erscheinen
die unserem Land bevorstehenden Probleme und Fragen gewaltig. Aus
der Perspektive von Jahrhunderten betrachtet beschränken sich
die wichtigen Fragen auf einige wenige: Hat unsere Generation die
Sache der Freiheit vorangetrieben? Und hat unser Charakter diese Mission
unterstützt?
Diese Fragen, die ein Urteil
über uns treffen, vereinen uns auch, da Amerikaner jeder Partei
und Herkunft, Amerikaner aus freier Wahl und Amerikaner von Geburt
an in ihrem Streben nach Freiheit einander verbunden sind. Es gab
Meinungsverschiedenheiten, die überwunden werden müssen,
damit wir weiter an unseren großen Zielen arbeiten können
– und ich werde in gutem Glauben danach streben, sie zu überwinden.
Aber diese Kluft definiert die Vereinigten Staaten nicht. Wir alle
haben den Zusammenhalt und die Kameradschaft in unserer Nation gespürt,
als die Freiheit angegriffen wurde, und unsere Reaktion erfolgte geschlossen
und beherzt. Wir können die selbe Einheit und den selben Stolz
fühlen, wenn die Vereinigten Staaten sich für das Gute einsetzten,
wenn den Opfern einer Katastrophe Hoffnung gegeben wird, den Ungerechten
Gerechtigkeit wiederfährt und die Gefangenen freigelassen werden.
Wir gehen mit dem festen
Vertrauen, dass die Freiheit letzten Endes triumphiert, in die Zukunft.
Nicht, weil die Geschichte sich auf den Rädern der Unvermeidbarkeit
fortbewegt, sondern weil die Entscheidungen von Menschen historische
Ereignisse beeinflussen. Nicht, weil wir uns für eine auserwählte
Nation halten - Gott bewegt und entscheidet nach seinem eigenen Willen.
Wir haben Vertrauen, da Freiheit die ständige Hoffnung der Menschheit
ist, der Hunger an dunklen Orten, die Sehnsucht der Seele. Als die
Gründer dieses Landes ein neues Zeitalter ausriefen, als Soldat
um Soldat für eine auf Freiheit basierende Union starb, als Bürger
in friedlicher Empörung unter dem Banner "Freedom Now"
marschierten, wurden sie dabei von einer alten Hoffnung angetrieben,
die erfüllt werden soll. Im Laufe der Geschichte ist die Gerechtigkeit
mal stärker, mal schwächer ausgeprägt. Aber die Geschichte
hat auch eine sichtbare Richtung, die von der Freiheit und dem Verfasser
der Freiheit vorgegeben ist.
Als die Unabhängigkeitserklärung
zum ersten Mal öffentlich verlesen und die Liberty Bell zu ersten
Mal feierlich geläutet wurde, sagte ein Zeitzeuge: "Sie
läutete, als bedeute sie etwas Wichtiges." Heute bedeutet
sie immer noch etwas Wichtiges. In diesem jungen Jahrhundert verkünden
die Vereinigten Staaten überall und für alle Menschen auf
der Welt die Freiheit. Neu gestärkt, erprobt, aber nicht ermüdet,
sind wir bereit für die größten Errungenschaften in
der Geschichte der Freiheit.
Möge Gott Sie segnen
und möge er über die Vereinigten Staaten von Amerika wachen.
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