Gemeinsam gegen den Terror

Rede von Präsident Bush bei der Abschlussfeier an der West Point Militärakademie

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Rede von Präsident Bush bei der Abschlussfeier der West Point Militärakademie

West Point, NY
1. Juni 2002

Der Ruf der Geschichte richtet sich auch an Ihre Generation. Während Ihres Abschlussjahres wurde Amerika von einem skrupellosen und einfallsreichen Feind angegriffen. Sie machen Ihren Abschluss an dieser Akademie in einer Zeit des Kriegs, nehmen Ihren Platz in einem amerikanischen Militär ein, dass mächtig und ehrbar ist. Unser Krieg gegen den Terror steht erst am Anfang, aber in Afghanistan hat er einen guten Anfang genommen.

Ich bin stolz auf die Männer und Frauen, die auf meinen Befehl hin gekämpft haben. Amerika ist allen zutiefst dankbar, die der Sache der Freiheit dienen und die ihr Leben dabei gelassen haben, sie zu verteidigen. Diese Nation respektiert und vertraut ihrem Militär, und wir vertrauen auch auf Ihre zukünftigen Siege.

Dieser Krieg wird viele Wendungen nehmen, die wir nicht vorhersagen können. Einer Sache bin ich mir jedoch sicher: Wohin wir sie auch tragen, die amerikanische Flagge wird nicht nur für Macht, sondern auch für Freiheit stehen. Bei der Sache, für die unsere Nation eintritt, ging es immer um mehr als die Verteidigung unserer Nation. Wir kämpfen, wie wir immer kämpfen, für einen gerechten Frieden - einen Frieden, der die Freiheit der Menschen fördert. Wir werden den Frieden gegen Bedrohungen durch Terroristen und Tyrannen verteidigen. Wir werden den Frieden durch den Aufbau guter Beziehungen zwischen den Großmächten bewahren. Und wir werden den Frieden erweitern, indem wir freie und offene Gesellschaften auf jedem Kontinent fördern.

Der Aufbau dieses gerechten Friedens ist die Chance und Pflicht der Vereinigten Staaten. Von diesem Tage an ist dies auch Ihre Herausforderung, und wir werden diese Herausforderung gemeinsam bewältigen. Sie werden die Uniform eines großen und einzigartigen Landes tragen. Die Vereinigten Staaten haben kein Reich, dass sie erweitern, und keine Utopie, die sie verwirklichen wollen. Wir wünschen anderen nur, was wir uns selbst wünschen - Sicherheit vor Gewalt, den Lohn der Freiheit und die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Bei der Verteidigung der Freiheit sehen wir uns einer nie da gewesenen Bedrohung gegenüber. In der Vergangenheit benötigten Feinde große Armeen und große industrielle Fähigkeiten, um eine Gefahr für das amerikanische Volk und unsere Nation darzustellen. Die Angriffe des 11. September erforderten einige hunderttausend Dollar in den Händen einiger Dutzend böser und irregeleiteter Männer. Das ganze durch sie verursachte Chaos und Leid kostete wesentlich weniger als ein einziger Panzer. Die Gefahr ist noch nicht vorüber. Diese Regierung und das amerikanische Volk sind wachsam, wir sind bereit, weil wir wissen, dass die Terroristen noch mehr Geld, Männer und Pläne haben.

Die größte Gefahr für die Freiheit liegt am gefährlichen Scheideweg von Radikalismus und Technologie. Wenn chemische, biologische und nukleare Waffen, gepaart mit der Technologie für ballistische Flugkörper verbreitet werden, könnten sogar schwache Staaten und kleine Gruppen die katastrophale Macht erwerben, große Nationen anzugreifen. Unsere Feinde haben eben diese Absicht kundgetan, und wurden dabei erwischt, wie sie versuchten, in den Besitz dieser Waffen zu gelangen. Sie wollen die Fähigkeit, uns zu erpressen oder uns oder unseren Freunden Schaden zuzufügen - und wir werden uns ihnen mit aller Macht widersetzen.

Einen Großteil des letzten Jahrhunderts verließen sich die Vereinigten Staaten in ihrer Verteidigung auf die Doktrin der Abschreckung und Eindämmung des Kalten Kriegs. In einigen Fällen sind diese Strategien noch anwendbar. Aber neue Bedrohungen erfordern auch eine neue Denkweise. Abschreckung - die Aussicht auf massive Vergeltungsschläge gegen Nationen - ist gegen ein im Schatten operierendes Terrornetzwerk, das kein Land und keine Bevölkerung verteidigen muss, bedeutungslos. Eindämmung ist nicht möglich, wenn verrückte Diktatoren mit Massenvernichtungswaffen Raketen als Träger für diese Waffen haben oder sie insgeheim terroristischen Verbündeten zur Verfügung stellen.

Wir können die Vereinigten Staaten und unsere Freunde nicht verteidigen, indem wir auf das Beste hoffen. Wir können dem Wort von Tyrannen, die feierlich Nichtverbreitungsverträge unterzeichnen und dann systematisch gegen sie verstoßen, keinen Glauben schenken. Wenn wir warten, bis Bedrohungen voll und ganz Gestalt annehmen, werden wir zu lange gewartet haben.

Die Verteidigung des Heimatlandes und die Raketenabwehr sind Teil einer größeren Sicherheit, und sie sind entscheidende Prioritäten für die Vereinigten Staaten. Der Krieg gegen den Terror wird jedoch nicht aus einer Defensivhaltung heraus gewonnen. Wir müssen die Schlacht zum Feind bringen, seine Pläne durchkreuzen und den schlimmsten Bedrohungen begegnen, bevor sie auftreten. In der Welt, in der wir leben, ist der einzige Weg zur Sicherheit der Weg des Handelns. Und dieses Land wird handeln.

Unsere Sicherheit erfordert die besten nachrichtendienstlichen Erkenntnisse, um die in Höhlen versteckten und in Labors keimenden Bedrohungen aufzudecken. Unsere Sicherheit wird die Modernisierung nationaler Behörden wie des FBI erfordern, so dass sie einsatzbereit sind, und schnell gegen Gefahren vorgehen können. Unsere Sicherheit wird die Umgestaltung des Militärs erfordern, dass Sie anführen werden - ein Militär, dass jederzeit bereit sein muss, in jeder dunklen Ecke der Welt anzugreifen. Und unsere Sicherheit wird von allen Amerikanern erfordern, dass sie vorausschauend und entschlossen handeln, dass sie bereit sind, Präventivmaßnahmen zum Schutz unserer Freiheit und zur Verteidigung unseres Lebens zu ergreifen.

Die vor uns liegende Arbeit ist schwierig. Die Entscheidungen, die wir treffen müssen, sind komplex. Wir müssen terroristische Zellen in 60 oder mehr Ländern aufdecken und dabei jedes Instrument der Finanzen, Nachrichtendienste und Strafverfolgung einsetzen, das wir haben. Gemeinsam mit unseren Freunden und Bündnispartnern müssen wir uns der Proliferation widersetzen und uns gegen Regime stellen, die den Terror unterstützen, je nach den Erfordernissen des Einzelfalls. In einigen Ländern muss das Militär zur Bekämpfung des Terrors ausgebildet werden, und wir werden diese Ausbildung zur Verfügung stellen. Andere Länder sind gegen Terror, tolerieren aber den Hass, der zu Terror führt - und das muss sich ändern. Wir werden Diplomaten dorthin entsenden, wo sie gebraucht werden, und wir werden Sie, unsere Soldaten, dorthin entsenden, wo Sie gebraucht werden.

Alle Länder, die sich für Aggression und Terror entscheiden, werden dafür einen Preis bezahlen müssen. Wir werden die Sicherheit der Vereinigten Staaten und den Frieden auf der Welt nicht der Gnade einiger weniger verrückter Terroristen und Tyrannen überlassen. Wir werden unser Land und die Welt von dieser dunklen Bedrohung befreien.

Weil der Krieg gegen den Terror Entschlossenheit und Geduld erfordern wird, wird er auch eine feste moralische Zielsetzung erfordern. In diesem Sinne ist unser Kampf mit dem Kalten Krieg vergleichbar. Jetzt, wie damals, sind unsere Feinde Diktatoren, deren Glauben an die Macht keinen Platz für die Menschenwürde lässt. Jetzt, wie damals, versuchen sie, eine freudlose Konformität zu erzwingen, jedes und alles Leben zu kontrollieren.

Die Vereinigten Staaten haben sich auf unterschiedliche Weise mit dem imperialistischen Kommunismus auseinandergesetzt - auf diplomatischer, wirtschaftlicher und militärischer Ebene. Moralische Eindeutigkeit war jedoch für unseren Sieg im Kalten Krieg entscheidend. Als führende Politiker wie John F. Kennedy und Ronald Reagan sich weigerten, die Grausamkeit von Tyrannen zu beschönigen, gaben sie Gefangenen, Dissidenten und im Exil Lebenden Hoffnung und einten freie Nationen für eine große Sache.

Einige sind besorgt, es könne irgendwie undiplomatisch oder unhöflich sein, deutlich auszusprechen, was richtig oder falsch ist. Ich bin anderer Meinung. Besondere Umstände erfordern besondere Methoden, aber keine besondere Moralvorstellung. Die moralische Wahrheit ist in jeder Kultur, zu jeder Zeit und an jedem Ort die gleiche. Unschuldige Zivilisten als Ziel für Mord auszuwählen ist immer und überall falsch. Brutalität gegenüber Frauen ist immer und überall falsch. Bei der Entscheidung zwischen Gerechtigkeit und Grausamkeit kann es keine Neutralität geben, ebenso wenig wie zwischen den Unschuldigen und den Schuldigen. Wir befinden uns in einem Konflikt zwischen Gut und Böse, und die Vereinigten Staaten werden das Böse beim Namen nennen. Indem wir bösen und gesetzlosen Regimes entgegentreten, schaffen wir kein Problem, sondern wir decken ein Problem auf. Und wir werden die Welt anführen, wenn wir uns ihm widersetzen.

Bei der Verteidigung des Friedens bietet sich uns auch die historische Chance, den Frieden zu bewahren. Wir haben die beste Chance seit Entstehung des Nationalstaats im 17. Jahrhundert, eine Welt zu schaffen, in der die Großmächte in Frieden konkurrieren, statt sich auf einen Krieg vorzubereiten. Insbesondere die Geschichte des letzten Jahrhunderts wurde dominiert von einer Reihe destruktiver nationaler Auseinandersetzungen, die Schlachtfelder und Friedhöfe auf der ganzen Welt hinterließen. Deutschland kämpfte gegen Frankreich, die Achse gegen die Alliierten, und dann kämpfte der Osten gegen den Westen in Stellvertreterkriegen und spannungsreichen Krisen, vor dem Hintergrund eines nuklearen Armageddon.

Wettbewerb zwischen großen Nationen ist unvermeidlich, aber bewaffnete Konflikte auf unserer Welt sind es nicht. Die zivilisierten Nationen befinden sich zunehmend auf der gleichen Seite - geeint durch die gemeinsamen Gefahren der terroristischer Gewalt und des Chaos. Die Vereinigten Staaten haben eine über alle Herausforderungen erhabene Militärmacht und beabsichtigen diese auch zu bewahren, wodurch das destabilisierende Wettrüsten vergangener Zeiten sinnlos wird und Konkurrenzkämpfe auf den Handel und andere friedliche Bestrebungen beschränkt werden.

Heute sind die Großmächte auch eher durch gemeinsame Werte verbunden als durch widersprüchliche Ideologien getrennt. Die Vereinigten Staaten, Japan, unsere pazifischen Freunde und mittlerweile ganz Europa teilen unsere tief empfundene Verpflichtung gegenüber der menschlichen Freiheit, verkörpert in starken Bündnissen wie der NATO. Und die Freiheit gewinnt in vielen anderen Ländern an Boden.

Generationen von West-Point-Offizieren planten und übten für Schlachten mit der Sowjetunion. Ich bin gerade aus einem neuen Russland zurückgekehrt, einem Land, dass sich jetzt um Demokratie bemüht und im Krieg gegen den Terror unser Partner ist. Sogar in China entdecken führende Politiker, dass wirtschaftliche Freiheit die einzige Quelle dauerhaften Wohlstands ist. Mit der Zeit werden sie bemerken, dass gesellschaftliche und politische Freiheit die einzige Quelle nationaler Größe ist.

Wenn Großmächte gemeinsame Werte haben, können wir ernste regionale Konflikte besser gemeinsam angehen, wir können besser zusammenarbeiten, um die Verbreitung von Gewalt und wirtschaftlichem Chaos zu vermeiden. In der Vergangenheit haben konkurrierende Großmächte bei regionalen Problemen Partei ergriffen und so die Trennlinien tiefer und komplizierter gemacht. Heute bilden wir vom Nahen Osten bis Südasien breite internationale Koalitionen, um den Druck zu Gunsten des Friedens zu erhöhen. Wir müssen in guten Zeiten starke Beziehungen zwischen Großmächten aufbauen, damit wir in schlechten Zeiten bei der Krisenbewältigung behilflich sein können. Amerika benötigt Partner, um den Frieden zu wahren, und wir werden mit jedem Land zusammenarbeiten, dass dieses hehre Ziel teilt.

Und schließlich stehen die Vereinigten Staaten für mehr als nur die Abwesenheit von Krieg. Wir haben die große Chance auch anderen einen gerechten Frieden zu bringen , indem wir Armut, Unterdrückung und Feindseligkeit auf der ganzen Welt durch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ersetzen. Im Verlauf des Großteils der Geschichte war Armut etwas Hartnäckiges, Unausweichliches, fast überall Verbreitetes. In den letzten Jahrzehnten haben wir beobachtet, wie Länder von Chile bis Südkorea moderne Volkswirtschaften und freiere Gesellschaften aufbauten und so Millionen von Menschen aus Armut, Verzweiflung und Not befreiten. Und es ist nichts Geheimnisvolles an dieser Leistung.

Das 20. Jahrhundert endete mit einem einzigen überlebenden Modell des menschlichen Fortschritts, das auf den nicht verhandelbaren Forderungen der Menschenwürde, der Rechtsstaatlichkeit, der Beschränkung der Staatsmacht, der Achtung von Frauen, Privateigentum, Redefreiheit, Gerechtigkeit für alle und religiöser Toleranz beruht. Die Vereinigten Staaten können diese Vision niemandem aufzwängen - dennoch können wir die Regierungen unterstützen und belohnen, die die richtigen Entscheidungen für ihr eigenes Volk treffen. Mit Entwicklungshilfe, diplomatischen Bestrebungen, internationalen Rundfunksendungen und Unterstützung im Bildungswesen fördern die Vereinigten Staaten Mäßigung, Toleranz und Menschenrechte. Und wir verteidigen den Frieden, der alle diese Fortschritte ermöglicht.

Wenn es um die gemeinsamen Rechte und Bedürfnisse von Männern und Frauen geht, gibt es keinen Kampf der Kulturen. Die Erfordernisse der Freiheit sind voll und ganz auf Afrika, Lateinamerika und die gesamte islamische Welt anwendbar. Die Völker der islamischen Nationen wollen und verdienen die gleichen Freiheiten und Chancen wie die Menschen in jedem Land. Ihre Regierungen sollten ihren Hoffnungen Gehör schenken.

Ein wirklich starkes Land wird allen Gruppen, die ihre Ziele gewaltlos verfolgen, die rechtliche Möglichkeit des Dissenses einräumen. Ein fortschrittsorientiertes Land unternimmt Wirtschaftreformen, um die großen unternehmerischen Energien seines Volks freizusetzen. Ein blühendes Land respektiert die Rechte der Frauen, da keine Gesellschaft Wohlstand schaffen kann, während es der Hälfte seiner Bürger Chancen verweigert. Mütter und Väter und Kinder in der ganzen islamischen Welt und weltweit haben die gleichen Ängste und Sehnsüchte. Wenn sie arm sind, mühen sie sich ab. Wenn sie unter einem Tyrannen leben, leiden sie. Und, wie wir in Afghanistan gesehen haben, wenn sie befreit werden, feiern sie.

Die Vereinigten Staaten haben ein größeres Ziel als die Bewältigung von Bedrohungen und die Eindämmung von Feindseligkeiten. Wir werden an einer gerechten und friedlichen Welt über den Krieg gegen den Terror hinaus arbeiten.

Die Klasse, die zum zweihundertjährigen Jubiläum von West Point ihren Abschluss macht, wird nun Teil dieses Dramas. Mit allen anderen Angehörigen der US-Armee werden Sie zwischen Ihren Mitbürgern und ernsten Gefahren stehen. Sie werden dazu beitragen, einen Frieden zu schaffen, der es Millionen auf der Welt ermöglicht, in Freiheit zu leben und Wohlstand zu erringen. Sie werden ruhige Zeiten und Zeiten der Krise erleben. Und Sie werden auf jede Bewährungsprobe vorbereitet sein, denn Sie sind die Männer und Frauen von West Point. Sie werden diesen Ort geprägt vom Charakter dieser Akademie verlassen und die höchsten Ideale unserer Nation mit sich tragen.

Gegen Ende seines Lebens, erinnerte sich Dwight Eisenhower an seinen ersten Tag in West Point. "Mich überkam das Gefühl", sagte er, "dass der Begriff 'die Vereinigten Staaten von Amerika' von jetzt an etwas anderes bedeuten würde als zuvor. Von jetzt an würde ich meinem Land dienen, nicht mir selbst."

Heute, an Ihrem letzten Tag in West Point, beginnen Sie ein Leben im Dienst in einem Beruf, der sich von allen anderen unterscheidet. Sie sind dem Ruf der Härte, der Zielsetzung, der Gefahr und der Ehre gefolgt. Am Ende jeden Tages werden Sie wissen, dass Sie treu Ihre Pflicht getan haben. Mögen Sie diese Pflicht immer nach den hohen Standards dieser großartigen amerikanischen Institution ausüben. Mögen Sie sich der langen grauen Linie, die sich über zwei Jahrhunderte erstreckt, immer würdig erweisen.

Im Namen unseres Landes gratuliere ich jedem von Ihnen zu dem erworbenen Patent und zu dem Verdienst, den sie den Vereinigten Staaten von Amerika bringen. Möge Gott Sie alle segnen.