Rede von US-Botschafter Daniel R. Coats zum internationalen
Feldzug gegen den globalen Terrorismus
Stuttgart
5. März 2002
Herr Ministerpräsident Teufel, ich möchte meinen persönlichen
Dank sowie den Dank des Präsidenten der Vereinigten Staaten
und des amerikanischen Volks für Ihre uneingeschränkte
Solidarität und Ihr Engagement für die Vereinigten Staaten
zum Ausdruck bringen. Wir wissen diese Solidarität und dieses
Engagement zu schätzen, besonders in diesen schwierigen Zeiten.
Marsha und ich möchten Ihnen auch für Ihr großzügiges
und herzliches Willkommen in Stuttgart heute danken. Wir hatten
ausgezeichnete Gespräche, und wir freuen uns auf gute, starke
Beziehungen zu Ihnen und dem Land Baden-Württemberg.
Die Amerikaner unterhalten einzigartige Beziehungen zu den Deutschen,
insbesondere in diesem Bundesland. Sie wurden über viele Jahre
der Verbundenheit hinweg durch unsere Militärpräsenz,
durch unsere Wirtschaftspräsenz und durch die persönliche
amerikanische Präsenz der hier lebenden Menschen gefördert.
Diese Bande gehen tief, und Ihre Rede spiegelte das wider.
General Fulford und Frau Fulford - es ist stets ein Vergnügen,
Sie zu sehen. Wie ich bereits beim Hereingehen andeutete, haben
Sie heute viele "Sterne" mitgebracht. Den hier anwesenden
Generälen und allen vom European Command heute Abend hier Versammelten
- sowohl in Uniform als auch ohne - möchte ich für ihre
Anwesenheit und für ihren Dienst an unserem Land danken.
Staatssekretär Böhmler, herzlichen Dank für Ihre
freundlichen Begrüßungsworte. Exzellenzen aller hier
vertretenen deutschen Regierungsbüros - ich bin zutiefst dankbar
für Ihre Anwesenheit.
Dr. Bachteler, ich danke dem James-Byrnes-Institut für die
Gelegenheit, heute Abend hier eine Rede zu halten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist uns ein großes Vergnügen, in dieser besonderen
Zeit hier zu sein.
Ihre großartigen bürgerlichen Institutionen, Ihre pulsierende
Wirtschaft, Ihr reiches kulturelles Leben, aber vor allem die Menschen
in dieser Region sind eine kostbare Ressource und das Rückgrat
der deutsch-amerikanischen Partnerschaft, die wir heute Abend feiern.
Historisch, kulturell, politisch und wirtschaftlich gibt es so
vieles, das Deutsche und Amerikaner verbindet. Seit den ersten Jahren
des Bestehens der Vereinigten Staaten haben einige sehr prominente
Amerikaner eine Rolle beim Aufbau der deutsch-amerikanischen Freundschaft
gespielt. Thomas Jefferson, der Verfasser unserer Unabhängigkeitserklärung,
reiste 1788 nach Deutschland. Teddy Roosevelt, der einer unserer
Präsidenten wurde, lebte als 14-jähriger Junge in Dresden.
Unser Humorist, diese berühmte Ikone aus Missouri, Mark Twain,
wanderte durch diese Gegend und schilderte seine Erfahrungen in
dem 1880 veröffentlichten Buch "Bummel durch Europa".
Mark Twain war überzeugt, dass die Heilbäder Baden-Württembergs
sein Rheuma geheilt haben. Aber als er hier in dieser Region war,
beschwerte er sich auch über die Amerikaner, die - wie er sagte
- anscheinend überall waren. Ich zitiere aus seinen Aufzeichnungen:
"Heute morgen beim Frühstück eine Menge lärmender
Amerikaner. Reden zu jedermann, während sie vorgaben, miteinander
zu reden
Gaben an. Die üblichen Merkmale - leichte,
lässige Hinweise auf weite Entfernungen und ausländische
Orte."
Nun, hier sind wir, 120 Jahre später, immer noch zusammen
mit unseren deutschen Freunden in Baden-Württemberg. Ich hoffe
jedoch, dass unser Verhalten als Amerikaner - 120 Jahre nachdem
Mark Twain diese Äußerungen niederschrieb - nicht seine
Beobachtungen über das amerikanische Verhalten bei diesem speziellen
Frühstück widerspiegelt.
Obwohl die historischen Wurzeln unserer Freundschaft sehr tief
sind, gibt es Herausforderungen für die Beziehungen zwischen
unseren Ländern. Aber selbst während der schwierigen Zeiten
nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen
und Amerikanern immer offensichtlich.
Der amerikanische Historiker Steven Ambrose schrieb, "der
durchschnittliche GI stellte fest, dass die Menschen, die er am
meisten mochte, mit denen er sich am stärksten identifizierte
und mit denen er am liebsten zusammen war, die Deutschen waren",
die so vielen amerikanischen Soldaten erschienen, als seien sie
"genau wie wir".
Die transatlantischen Beziehungen
Dies sind in der Tat wiederum unsichere, schwierige Zeiten für
die Welt. Aber eines ist sicher hier heute Abend, in diesen unsicheren
Zeiten. Die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, die deutsch-amerikanische
Partnerschaft und der deutsch-amerikanische Dialog sind lebendig,
und sie funktionieren gut. Diese Beziehungen zwischen unseren beiden
Ländern können als Beispiel für die internationale
Gemeinschaft dienen.
Der jüngste Beweis, dass die Welt ihre politischen und kulturellen
Unterschiede überwinden kann, waren die erfolgreichen Olympischen
Spiele in Salt Lake City im letzten Monat. Was wir bei den Olympischen
Spielen gesehen haben - und einige von Ihnen waren dort, darunter
auch Ihr Ministerpräsident - kann als Beispiel für uns
alle dienen.
Präsident Bush hat in Salt Lake City gesagt: "Alle Menschen
wissen die Disziplin zu schätzen, die herausragende Leistungen
hervorbringt, den Mut, der Schwierigkeiten überwindet, den
Charakter, der Menschen zu Siegern macht."
Diese olympischen Qualitäten - Disziplin, Mut, Charakter -
sind die Eigenschaften, die die Schritte beschreiben, die wir in
diesem Feldzug gegen den Terrorismus unternommen haben.
Die unmittelbare Folge des Schocks und Grauens des 11. September
war, dass die Grundlagen unserer Gesellschaft und unserer Beziehungen
weiterhin stark sind. Ich weiß, dass hier in Baden-Württemberg
die Bezeugungen der Anteilnahme aller Art enorm waren. Wir sind
zutiefst dankbar für die zahlreichen öffentlichen und
privaten Gesten der Unterstützung, die uns aus ganz Deutschland
vom deutschen Volk entgegengebracht wurden. Eine deutsche Frau kam
auf mich zu und sagte: "Sie standen uns bei in unseren Zeiten
der Not, und jetzt stehen wir Ihnen bei in Ihren Zeiten der Not."
Und Sie haben uns beigestanden, es war von außerordentlicher
Bedeutung, und wir wissen es zutiefst zu schätzen.
Die Koalition, die sich als Reaktion auf den 11. September gebildet
hat, bewirkte eine Reihe flexibler bilateraler und multilateraler
Beziehungen - von denen einige bisher undenkbar waren.
Aber der Erfolg dieser Koalition baute auf der Grundlage der mächtigen
Tradition transatlantischer Zusammenarbeit und der Stärke unserer
Beziehungen zu guten Freunden wie Deutschland auf.
Diese Beziehungen wurden in einer über 50-jährigen Partnerschaft
geformt, einer Partnerschaft, die inmitten eines Deutschlands geboren
wurde, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche lag. Einige
mögen sagen, dass der genaue Geburtsort dieser neuen Partnerschaft
in der Tat hier in Stuttgart war - weil Außenminister Byrnes
(wie heute Abend bereits festgestellt wurde) hier in Stuttgart seine
berühmte "Rede der Hoffnung" gehalten hat, in der
er den Deutschen möglichen Wohlstand und eine Rückkehr
in die Staatengemeinschaft in Aussicht stellte.
Die Reaktion auf seine Rede war in Deutschland außerordentlich
positiv. Am 7. September 1946 lautete die Überschrift der Stuttgarter
Zeitung "Ein Tag von weltpolitischer Bedeutung".
Ich möchte Ihnen eine kleine Anekdote erzählen, die ich
gehört habe, weil ich denke, dass sie die Einstellung des amerikanischen
Militärs und des amerikanischen Volks gegenüber Deutschland
nach dieser äußerst schwierigen Zeit in den dreißiger
und vierziger Jahren widerspiegelt.
1945 war die Nichtfraternisierung eben die Politik des amerikanischen
Militärs, die besagte, dass man sich nicht mit dem deutschen
Volk einlassen darf. Der Befehl an unsere Truppen lautete anfänglich
Nichtfraternisierung, aber ein Hauptmann des Heeres, der in einer
kleinen deutschen Stadt stationiert war, gelangte zu der Überzeugung,
dass die Zeit gekommen sei, persönliche Kontakte zwischen Deutschen
und Amerikanern zu knüpfen. Im Sommer 1946 entschloss er sich,
einen deutsch-amerikanischen Freundschaftsclub zu gründen,
aber der Club wurde als Verletzung der bestehenden militärischen
Besatzungspolitik kritisiert. Der Hauptmann wurde von seinen Vorgesetzten
angewiesen, den Club zu schließen, und er wurde seines Postens
enthoben.
Aber dieser Hauptmann des Heeres gab nicht auf. Von der Richtigkeit
seiner Idee überzeugt, forderte er ein Kriegsgerichtsverfahren.
Denn Außenminister Byrnes hatte gerade in Stuttgart gesagt,
dass das amerikanische Volk dem deutschen Volk helfen wollte, seinen
ehrenwerten Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der
Welt wieder einzunehmen.
General Clay, der damalige Stellvertretende Militärische Befehlshaber
Deutschlands, entschied, Nichtfraternisierung sei keine praktikable
Politik mehr. Er stellte daraufhin nicht nur den Antrag auf ein
Kriegsgerichtsverfahren ein, sondern übernahm diesen Hauptmann
des Heers in seinen persönlichen Stab mit der Anweisung, in
der gesamten amerikanischen Besatzungszone deutsch-amerikanische
Gesellschaften und Clubs zu gründen.
Das war ein äußerst wichtiger Augenblick beim Beginn
neuer Beziehungen zwischen Amerikanern und Deutschen. Diese Beziehungen,
die durch unser Militär, Menschen in Uniform, gefördert
wurden, machen unsere heutigen Beziehungen zu etwas ganz Besonderem.
Heute Abend wurde gesagt, dass tausende, vielleicht hunderttausende
Soldaten hier gedient haben. Ich war erstaunt zu hören, dass
tatsächlich mehr als 13 Millionen Soldaten und ihre Familienangehörigen
aus den Vereinigten Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs
in Deutschland gedient und gelebt haben. 13 Millionen Amerikaner
sind hierher gekommen, haben etwas über die deutsche Kultur
und die deutsche Gesellschaft gelernt und mit den Deutschen Umgang
gepflegt. Sie haben schöne Erinnerungen an ihre Zeit in Deutschland
mit zurück nach Amerika genommen.
Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Menschen in den Vereinigten
Staaten auf mich zugekommen sind und gesagt haben: "Sie haben
so ein Glück, zum Botschafter in Deutschland ernannt worden
zu sein." Warum? Weil, sagten sie mir, wir 1948 oder '53 oder
'67 oder in welchem Jahr auch immer dort waren, und es war die beste
Erfahrung unseres Lebens. Wir waren jung, wir waren in einem fremden
Land, das deutsche Volk empfing uns mit offenen Armen, und wir haben
Freundschaften fürs Leben geschlossen. Was für eine außergewöhnliche
Geschichte, einmalig verglichen mit allen anderen Erfahrungen, die
Amerikaner mit einer anderen Kultur gemacht haben. Marsha und ich
haben in der Tat großes Glück, dass auch uns diese Chance
geboten wird.
Der Krieg gegen den Terrorismus
Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der Vereinigten
Staaten, warnte, der "Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit".
Die Geschichte lehrt uns, dass wir ständig auf der Hut und
zur Verteidigung unserer Nation, unserer Freunde und Bündnispartner
gegen jeden neuen Gegner bereit sein müssen. Jetzt haben wir
einen neuen Gegner, einen gemeinsamen Gegner unserer beiden Länder.
Und wir haben auf diese neue Bedrohung reagiert - umsichtig, mit
sorgfältiger Planung und mit beträchtlichem Erfolg.
Betrachten Sie sich nur, was wir seit dem 11. September erreicht
haben.
Präsident Bush hat eine umfassende Koalition gegen den Terror
zusammengestellt, die zu einem Paradebeispiel für diplomatische
und militärische Zusammenarbeit geworden ist. Er leitet diese
Koalition mit großer Beständigkeit, arbeitet mit alten
Bündnispartnern zusammen, sucht neue, konsultiert jeden Tag
andere Politiker, schafft die Grundlagen für eine dauerhafte,
einheitliche und erfolgreiche Kampagne.
Unsere Nachrichtendienste, Strafverfolgungsbehörden und Ministerien
haben trotz der durch unterschiedliche Rechtssysteme entstandenen
Herausforderungen entscheidende Fortschritte bei der Zusammenarbeit
erzielt, die den Terroristen künftige Operationen sehr erschweren
werden.
Die amerikanisch-europäische Führungsrolle hat bei den
globalen Bestrebungen zur Aufdeckung und Zerschlagung terroristischer
Zellen, der Koordinierung der Verhaftung oder Festnahme von hunderten
Terroristen auf der ganzen Welt und dem Einfrieren von weltweit
mit terroristischen Zellen in Zusammenhang gebrachtem Vermögen
in Höhe von Millionen von Dollar eine wichtige Rolle gespielt.
Diese Art der auf einem Mandat einer UN-Resolution beruhenden Zusammenarbeit
war tatsächlich - wie Präsident Bush sagte - "der
erste Schuss im Krieg gegen den Terrorismus".
Deutschland spielte als Gastgeber der Bonner UN-Konferenz eine
Schlüsselrolle bei der Bildung einer Übergangsregierung
für Afghanistan und trotzte damit allen Erwartungen und Kritikern,
die meinten, die verfeindeten Gruppen könnten nie zusammen
gebracht und ein Konsens für eine Übergangsregierung in
Afghanistan nie erzielt werden. Und dennoch wurde es erreicht und
zwar hier in Deutschland mit deutscher Unterstützung.
Die deutschen Streitkräfte sind ein wichtiger Teil der Operation
Dauerhafte Freiheit und der Schutztruppe in Afghanistan. Deutsche
Truppen sind auf dem Balkan stationiert und haben die Führung
der Bestrebungen in Mazedonien übernommen; sie bringen Stabilität
in eine krisengeschüttelte Region und verschaffen den amerikanischen
Truppen Freiraum für Aufgaben andernorts.
Es gab einige Kritik an dem Bericht zur Lage der Nation des Präsidenten;
Kritik an seinem Gebrauch des Begriffs "Achse des Bösen"
in Bezug auf drei bestimmte Länder: Nordkorea, Iran und Irak.
Die Europäer müssen verstehen, dass die Ereignisse vom
11. September die Amerikaner grundlegend und unwiderruflich verändert
haben.
Unsere Zeit der Unschuld, unsere Zeit der Unverletzbarkeit ist
nach dem Horror und Schock der Angriffe auf New York und Washington
vorüber. Wir hatten das Privileg, von zwei Weltmeeren geschützt
zu sein. Unsere Konflikte sowie die Spannungen und Konflikte der
Welt waren immer "da drüben". Oft engagierten wir
uns "da drüben", um unsere Bündnispartner und
Freunde zu unterstützen und zu versuchen, Frieden und Stabilität
nach Europa und in die verschiedenen Teile der Welt zu bringen.
Aber jetzt fand der Angriff in Amerika statt, und die Amerikaner
erlebten etwas, das unsere europäischen Freunden schon erlebt
haben - die Tragödie eines Angriffs auf unschuldige Menschen,
die Tragödie der Ereignisse in New York und Washington am 11.
September.
Unsere europäischen Freunde müssen begreifen, dass wir
fest entschlossen sind, alles in unserer Macht Stehende, alles Menschenmögliche
zu tun, um einen künftigen Angriff zu verhindern. Präsident
Bush hat die beispiellose Unterstützung des Kongresses und
des amerikanischen Volks. Die Amerikaner sind bei diesem Thema nicht
gespalten, abgesehen von einer sehr kleinen Minderheit der intellektuellen
Linken und der Presse, aber der Präsident sagte - und damit
hat er Recht - dass wir nicht auf zukünftige Angriffe warten
werden und können, bevor wir handeln.
Einige sagen, wir müssen dem Frieden eine Chance geben. Aber
der Grund für die Präventivmaßnahmen ist die Realität
der terroristischen Bedrohung. Sie ist global, umfassend und gefährlich.
Und sie existiert in vielen Formen und Arten. Während wir hier
heute Abend sprechen, versuchen amerikanische Truppen - unterstützt
durch Truppen anderer Nationen - noch immer, Afghanistan zu befrieden
und die Kräfte der Al Qaida zu besiegen - nichtafghanische
Taliban aus der ganzen muslimischen Welt, die sich in einem Gebiet
Afghanistans sammeln und gegen unsere Truppen kämpfen. Andere
sind womöglich im Nachbarstaat Georgien. Wir haben in vielen
Ländern der Welt terroristische Zellen entdeckt. Wir wissen,
ihre Anstrengungen sind gegen unschuldige Menschen und Symbole westlicher
Werte gerichtet. Ihre Maßnahmen sind keine Vergeltung für
angebliches Unrecht oder Armut, sondern auf den Zusammenbruch der
Weltwirtschaft, die Förderung politischer Instabilität
und die Unterminierung grundlegender Werte, das Schüren von
Angst und die Bedrohung unserer Lebensweise ausgerichtet.
Trotz unseres beachtlichen Erfolgs in Afghanistan wissen wir, dass
terroristische Gruppen weiterhin auf der ganzen Welt operieren.
Wir haben kürzlich von Bestrebungen gelesen - die zum Glück
verhindert werden konnten - Bombenanschläge auf unsere Botschaften
in Paris, Singapur und Rom zu verüben. Wir haben von dem Mann
an Bord eines Flugzeugs gelesen, der eine Bombe in seinem Schuh
versteckte. Wären die Stewardess und Passagiere nicht so aufmerksam
gewesen, hätte ein Bombenanschlag auf ein weiteres Flugzeug
verübt werden, und hunderte von Menschen hätten sterben
können. Wir haben Terroranschläge auf zwei Botschaften
in Afrika erlebt und erlitten, tragische Angriffe, die hunderte
von Leben kosteten - sowohl von Amerikanern als auch Einheimischen,
die in diesen Botschaften arbeiteten. Eines unserer Schiffe im Jemen
wurde angegriffen. Und wir haben Pläne gesehen und verhindert,
die Amerikanische und die Deutsche Botschaft in Mazedonien anzugreifen.
Und das ist lediglich das, was der Öffentlichkeit bekannt
ist. Es geht noch weiter. Daher ist die terroristische Bedrohung
für uns real, unmittelbar und aktuell. Und sie hat eine zusätzliche
Dimension, die bedeutet, dass wir - wenn aus keinem anderen Grund
- handeln müssen. Diese zusätzliche Dimension ist die
Präsenz und beunruhigende Möglichkeit und Wirklichkeit
der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Seit dem Ende des
Kalten Kriegs haben Wissenschaftler mit Fachkenntnissen und Einzelpersonen,
die diese Waffen an Schurkenstaaten und verbrecherische Gruppen
verkaufen, nukleare, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen
in vielen Teilen der Welt verbreitet. Wir wissen, dass einige Staaten
diese Fähigkeiten anderen Staaten und möglicherweise terroristischen
Gruppen zur Verfügung stellen oder ihnen aggressiv bei deren
Erwerb behilflich sind. Nordkorea, der Iran und der Irak fallen
alle in diese Kategorie.
In den Händen von Terroristen könnte der Einsatz von
Massenvernichtungswaffen bei einem Terrorangriff unvorstellbare
Folgen haben. Zwar haben wir das Bild der einstürzenden Türme
des World Trade Center noch lebhaft vor Augen, es verblasst allerdings
im Vergleich zu dem, was wir erfahren und gesehen hätten, wenn
an Bord dieser Flugzeuge am 11. September Massenvernichtungswaffen
gewesen wären.
Präsident Bush hat die Welt aufgefordert, auf diese Bedrohung
zu reagieren. Unser Präsident spricht offen und sehr direkt,
ohne Doppeldeutigkeit, aber er sagt die Wahrheit. Angesichts dieser
Bedrohung unserer Existenz und der von uns geachteten Werte müssen
wir jetzt reagieren und nicht auf den nächsten Terrorangriff
warten.
"Achse des Bösen" war keine leichtfertige, spontane
Äußerung. Sie war sorgfältig ausgewählt, um
die Welt zu zwingen, sich der Realität dieser Bedrohung zu
stellen und eine Reaktion auszulösen. Sie ähnelt dem,
was Ronald Reagan sagte, als er die ehemalige Sowjetunion als das
"Reich des Bösen" bezeichnete. Auch dies löste
Empörungsrufe aus - in der Presse, in diplomatischen Kreisen,
von Regierungen, sogar unter unseren Bündnispartnern - aber
das russische Volk hörte die Botschaft und konzentrierte sich
auf die Führung seines totalitären Regimes.
Wir sind dankbar, in einer Zeit zu leben, in der wir Zeugen des
Zusammenbruchs eines totalitären Systems wurden, das Millionen
von Menschen so viele Jahre unterdrückte.
Die Menschen in Nordkorea, im Iran und im Irak werden die Botschaft
von Präsident Bush hören.
Erinnern Sie sich an die "Rede der Hoffnung" von Minister
Byrnes vom Oktober 1946. Er selbst sagte einer Delegation von US-Senatoren
in Paris: "Kern unseres Programms war es, das deutsche Volk
für uns zu gewinnen
Es war ein Kampf zwischen uns und
Russland um die ideologische Gesinnung
" Um die Gedanken,
um die Gesinnung - und das, glaube ich, versucht auch Präsident
Bush zu tun.
Unsere Reaktion bedeutet nicht automatisch militärische Maßnahmen.
Die Menschen haben Schlussfolgerungen gezogen, die zu diesem Zeitpunkt
nicht gerechtfertigt sind. Nach Afghanistan sollten wir alle wissen,
dass unser Präsident zwar sehr direkt spricht, aber mit Vorsicht
und Geduld, nach sorgfältiger Planung und nach Konsultationen
mit Freunden und Bündnispartnern - einschließlich Deutschlands
- handelt. Er handelt erst nach Berücksichtigung aller Alternativen.
Wie er bei seinem Besuch in Südkorea sagte, wünschen
wir uns eine friedliche Lösung in Bezug auf Nordkorea. Wir
sind bereit zu reden, aber warum hat Nordkorea nicht auf unser Angebot
reagiert, sich zusammenzusetzen, zu reden und diese Probleme zu
lösen? Unser Außenminister, Colin Powell, sagte: "Wir
werden uns jederzeit und an jedem Ort mit den Nordkoreanern treffen."
Im Hinblick auf den Iran erklärte der Präsident, dass
keine militärischen Maßnahmen vorgesehen sind. Wir versuchen,
Kontakt mit moderaten Gruppen im Iran aufzunehmen und ihr Bild von
Ayatollah Khomeini und seinem durch die muslimische Religion finanzierten
Regime zu ändern, des Regimes eines theokratischen Herrschers,
das die Unterstützung einer Minderheit von Iranern genießt,
aber die absolute totalitäre Kontrolle über die Mehrheit
des Landes hat. Die große Mehrheit der Menschen im Iran begreift
und akzeptiert die "nicht verhandelbaren Forderungen der Menschenwürde",
die der Präsident im Bericht zur Lage der Nation ausgesprochen
und aufgestellt hat: "Rechtsstaatlichkeit, Beschränkung
der Macht des Staats, Achtung der Frau, Privatbesitz, Redefreiheit,
Gleichberechtigung und religiöse Toleranz." Danach streben
wir und dafür kämpfen wir.
Trotz gegenteiliger Presseberichte ist bisher keine präsidiale
Entscheidung über einen Militärangriff auf Irak gefallen.
Es wurde über die Wiederaufnahme von Inspektionen gesprochen,
über das Regime, das der Irak in Übereinstimmung mit der
UN-Resolution nach dem Ende des Golfkriegs akzeptiert hat. Allerdings
verweigerte er dann den UN-Inspektoren den Zutritt. Jetzt verlangen
wir wieder den Zutritt für ein verifizierbares, unabhängiges
Inspektionsregime unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen,
das den Bluff Saddam Husseins offen legt, indem gesagt wird: Wenn
das, was Sie sagen, stimmt, dann erlauben Sie unseren Leuten den
Zutritt zur Verifizierung. Wir können und wollen die aktuelle
Terrorherrschaft sowie die Stationierung und Entwicklung von Massenvernichtungswaffen,
die momentan im Irak stattfindet, nicht tolerieren. Wir können
nicht warten, bis der Irak eine neue Gräueltat verübt.
Bei alledem brauchen wir die Unterstützung Deutschlands und
die Unterstützung Europas. Ich denke, wir stimmen alle überein,
dass die Bedrohung sehr real und die Entwicklung und das Streben
nach dem Besitz von Massenvernichtungswaffen eine Tatsache ist.
Die Nationen Europas können dieses elementare Problem durch
ihre Kontakte zum Iran, dem Irak und Nordkorea ansprechen. Wir können
das nicht allein tun. Wir können diesen Krieg gegen den Terrorismus
nicht allein gewinnen. Wir benötigen Zusammenarbeit und nachrichtendienstliche
Informationen - sowie Erkenntnisse aus den Bereichen Strafverfolgung,
Grenzkontrolle und Finanzen. Alles dies ist entscheidend für
die Beseitigung terroristischer Zellen in Europa und darüber
hinaus.
Und diejenigen, die fragen, ob wir keine Alternative zu Gewalt
haben (und natürlich ist der Einsatz von Gewalt immer unser
letzter Ausweg, nicht die erste Wahl), fragen wir: Wenn alles andere
fehlschlägt, was sollen wir dann gegen Staaten tun, die Terroristen
Zuflucht gewähren und aggressiv den Besitz von Massenvernichtungswaffen
anstreben? Was ist die Alternative? Sollen wir einen erneuten Angriff
abwarten, bevor wir weitere Maßnahmen ergreifen?
Wir müssen uns nicht in jedem Punkt, bei jeder Strategie einig
sein, aber ich denke, es ist wichtig, die Meinungsverschiedenheiten
in der Familie zu halten - denn wir sind eine Familie - statt sie
über die Weltpresse auszutragen.
Abschließend möchte ich den Skeptikern, die das Gegenteil
behaupten, sagen, dass sowohl europäische als auch amerikanische
Regierungen mit ungeahnter Energie und Konzentration reagieren und
tatsächlich gemeinsames Terrain finden können.
Wenn unsere Prinzipien übereinstimmen, können wir flexible
Lösungen für die charakteristischen Unterschiede unserer
rechtlichen und politischen Systeme finden.
Von der Diplomatie bis zur Strafverfolgung sind diese Beziehungen
- in normalen Zeiten unbemerkt - das Bindeglied, das die transatlantischen
Beziehungen einzigartig macht.
In einem vor kurzem im Wall Street Journal erschienen Leitartikel
wurde es gut ausgedrückt: "Letztlich teilen die Vereinigten
Staaten und Europa einen Katalog gemeinsamer politischer und sozialer
Werte ebenso wie bedeutende wirtschaftliche Bande, die über
drei Jahrhunderte der Unabhängigkeit geschaffen wurden. Kein
interner Disput
sollte das je ändern dürfen."
Präsident Bush, Außenminister Powell und UN-Generalsekretär
Kofi Annan haben alle wiederholt gesagt, dass aus dem Bösen
Gutes entstehen kann, dass das Potenzial für internationale
Zusammenarbeit bei einem breiten Spektrum von Themen nie größer
war.
Sie sprachen von Hoffnung - vielleicht in einem anderen Zusammenhang
als Außenminister Byrnes vor 55 Jahren, aber ebenso berechtigt.
Seit der Gründung der ersten deutsch-amerikanischen Freundschaftsclubs
vor Jahren in der amerikanischen Besatzungszone sind Einrichtungen
wie das Byrnes-Institut Orte, an denen wir uns treffen und wichtige
Probleme erörtern konnten. Ich bin gewiss dankbar, sehr dankbar
für die Gelegenheit, heute Abend hier bei Ihnen zu sein und
über ein Thema zu sprechen, das von entscheidender Bedeutung
für die Zukunft unserer beiden Länder ist, für die
Zukunft Europas und die Zukunft der Welt. Ich danke Ihnen für
Ihre Geduld.
Meine Freunde, vielen Dank.
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