Liebe Berliner, liebe Deutsche, liebe Freunde
Rede von Botschafter Coats
14. September 2001
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Bundeskanzler
Schröder, verehrte Parteivorsitzende, liebe Freunde der Vereinigten
Staaten von Amerika, meine Damen und Herren.
Die schrecklichen Bilder der barbarischen Anschläge vom letzten
Dienstag sind unauslöschlich in unser gemeinsames Bewusstsein
und unsere gemeinsame Erinnerung eingebrannt, und nichts kann sie
je wieder löschen. Aber in den letzten Tagen haben sich neben
den Schreckensbildern in den Herzen der Amerikaner ganz andere Bilder
eingeprägt.
Die Bilder von Bundespräsident Rau, Bundeskanzler Schröder,
Außenminister Fischer, der Vorsitzenden aller politischen
Parteien und vieler anderer prominenter Deutscher, die den Vereinigten
Staaten von Amerika ihren festen und unerschütterlichen Beistand
anboten. Die Bilder von Scharen von Deutschen in den Straßen
um unsere Botschaft, unsere Konsulate und Amerika Häuser, die
Blumen niederlegen, Beileidsschreiben überbringen oder einfach
still dort stehen, um unseren Schmerz und unsere Trauer mit uns
zu teilen. Die Bilder von Deutschen, die ihre Kirchen füllen,
um für die Opfer unter Amerikanern und Deutschen zu beten.
Und das Bild von Tausenden von Ihnen, die Sie heute hierher gekommen
sind, zu diesem Symbol der Einheit und Freiheit, um durch Ihre Anwesenheit
Ihre Solidarität mit Amerika zum Ausdruck zu bringen.
In tragischen und schwierigen Stunden wie diesen erkennt man die
wahre Bedeutung von Freundschaft. Ich habe die Tiefe und Aufrichtigkeit
Ihrer Trauer in den Tränen in Ihren Augen gesehen, ich habe
sie in dem Zittern in Ihren Stimmen gehört. Und ich kann sagen,
dass Deutschland in den letzten Tagen wieder einmal gezeigt hat,
dass sich Amerika keinen zuverlässigeren Freund wünschen
könnte. Im Namen aller Amerikaner danke ich Ihnen aus tiefstem
Herzen für Ihr Mitgefühl und Ihre Unterstützung.
Amerika wird dies nie vergessen.
Liebe Berliner, liebe Deutsche, liebe Freunde:
Ein halbes Jahrhundert lang haben wir immer wieder zusammengestanden,
um diese Stadt, unsere Freiheit und unsere Zivilisation gegen Angriffe
zu verteidigen. Als die Mauer, die diese Stadt teilte, schließlich
fiel, und Berlin und Deutschland wiedervereinigt waren, hofften
und glaubten viele von uns, dass wir derartige Herausforderungen
endlich hinter uns gelassen hatten.
Nun stehen wir vor einem neuen und schicksalsträchtigen Kampf:
Einem Kampf mit einer neuen Art von Feind, der fast unsichtbar ist,
der unsere Zivilisation hasst - Ihre Zivilisation und meine Zivilisation
- sie so sehr hasst, dass er bereit ist, selbst zu sterben, um sie
zu zerstören.
Der Kampf gegen diesen Feind wird nicht von kurzer Dauer sein,
er wird nicht leicht sein, und er wird nicht schmerzlos sein. Dieser
Kampf wird uns allen Mut, Geduld und Stärke abverlangen. Aber
dies sind Eigenschaften, die Sie in den letzten 50 Jahren im Übermaß
gezeigt haben, und ich bin fest davon überzeugt, wenn wir wieder
Schulter an Schulter stehen, um unsere gemeinsamen Werte und unsere
gemeinsame Zivilisation zu verteidigen, werden wir auch in diesem
Kampf obsiegen.
Vielen Dank.
Möge Gott uns alle segnen.
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