Gemeinsam gegen den Terror

Ein langer, harter Einsatz

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Ein langer, harter Einsatz

Außenminister Colin L. Powell
15. Oktober 2001

Die am 11. September auf Anweisung von Osama bin Laden und seiner Terrororganisation Al Qaida verübten Massenmorde haben die Welt gegen den internationalen Terrorismus vereint. Ungefähr 80 Länder haben bei den Anschlägen Staatsbürger verloren. Aus unserm gemeinsamen Leid und unserer gemeinsamen Entschlossenheit können neue Chancen erwachsen - nicht nur für die Bekämpfung von Terrorismus, sondern auch für die Zusammenarbeit mit anderen Nationen bei einem breiten Spektrum wichtiger Themen von globalem Interesse.

Eine Vielzahl von Ländern und internationalen Organisationen haben auf Präsident George W. Bushs Ruf nach einer weltweiten Koalition zur Bekämpfung des Terrorismus reagiert - darunter die NATO, die Europäische Union, die Organisation Amerikanischer Staaten, der Verband Südostasiatischer Nationen, die Organisation für Afrikanische Einheit, die Arabische Liga und die Generalversammlung sowie der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. In der Tat verabschiedete der Sicherheitsrat einstimmig eine historische Resolution, die alle 189 Mitgliedstaaten zur Unterbindung der Reisen von Terroristen, des Geldflusses, der Planung und anderer Unterstützung sowie zur Zusammenarbeit bei der Überstellung der Terroristen an die Justiz verpflichtete.

Der internationale Terrorismus stellt eine multidimensionale Gefahr dar. Unsere Koalition muss jedes Instrument der Staatskunst zu seiner Bekämpfung einsetzen. Einige Länder werden sich an dem Militäreinsatz gegen die in die Gräueltaten vom 11. September Verwickelten beteiligen. Andere werden, obwohl sie nicht direkt an der Militäraktion beteiligt sind, logistische Unterstützung, Zugang zu Stützpunkten und Bereitstellungsraum in der Luft oder Überflugrechte anbieten. Und viele Länder werden zu den humanitären Bestrebungen beitragen, den Millionen unschuldiger Afghanen zu helfen, die unter dem Talibanregime leiden - einem Regime, das sich mehr um Osama bin Laden und seine Anhänger zu kümmern scheint als um seine eigenen hungernden Mitbürger. Die Mitglieder der Koalition werden auch auf die Störung und Zerschlagung der Terrororganisationen hinarbeiten, indem sie nachrichtendienstliche und andere wichtige Informationen austauschen, bei der Strafverfolgung zusammenarbeiten und den Terroristen die Finanzbasis entziehen. Es wird ein langer, harter Einsatz, der in Jahren gemessen und an vielen Fronten geführt wird. Unsere Koalition wird die Flexibilität besitzen, sich dementsprechend zu entwickeln.

Und schon allein der Prozess der Beteiligung an diesem großartigen globalen Feldzug gegen den Terrorismus könnte uns Türen zur Stärkung oder Umgestaltung der internationalen Beziehungen und zur Erweiterung oder Festlegung von Bereichen der Zusammenarbeit öffnen. Unsere Bündnisse in Europa, Asien und der westlichen Hemisphäre wurden bereits durch die Ausrufung der Klausel über kollektive Verteidigung der NATO sowie der ANZUS- und Rio-Verträge neu belebt. Russland und China - zwei im Übergang befindliche Großmächte, deren erfolgreiche Integration in die internationale Gemeinschaft wir anstreben - haben einen Beitrag zu diesen beispiellosen globalen Bestrebungen geleistet. Die Entwicklung von gewohnheitsmäßiger Konsultation und Kooperation gegen den internationalen Terrorismus kann Chancen zur Vertiefung unserer Beziehungen zu den beiden Ländern in anderen Bereichen schaffen. Pakistan und Indien - erbitterte Rivalen - sind beide der Koalition beigetreten. Dies könnte für beide Länder eine Chance darstellen, neue Denkweisen bezüglich der Stabilität auf dem Subkontinent zu sondieren.

Die Millionen unserer amerikanischen Mitbürger islamischen Glaubens, und die 10 muslimischen Nationen, die bei den Anschlägen vom 11. September Angehörige verloren haben, müssen nicht davon überzeugt werden, dass die Mörder und ihre Komplizen den Islam pervertieren, wenn sie ihn zur Rechtfertigung ihrer abscheulichen Verbrechen benutzen. Aus einem tiefen Gefühl gemeinsamer Menschlichkeit und einer erschreckenden Erkenntnis unserer Verletzbarkeit gegenüber Terrorakten heraus machen wir neue Bereiche zur Stärkung unserer Beziehungen zur islamischen Welt aus. Bei diesem globalen Einsatz begrüßen die Vereinigten Staaten die Hilfe jedes Landes oder jeder Partei, die wirklich zur Zusammenarbeit mit uns bereit ist, aber wir werden unsere Standards nicht lockern und wir werden weiterhin unser grundlegendes Interesse an Menschenrechten, rechenschaftspflichtiger Regierung, freien Märkten, Nichtverbreitung und Konfliktbewältigung fördern, denn wir sind der Auffassung, dass eine Welt mit Demokratie, Chancen und Stabilität eine Welt ist, in der Terrorismus nicht gedeihen kann.

Im gesamten Verlauf der Kampagne gegen den internationalen Terrorismus werden die engagierten Mitarbeiter des US-Außenministeriums an unseren Vertretungen im Ausland und hier in Washington ebenso an der Frontlinie stehen wie diejenigen in Uniform. Wir werden nicht zulassen, dass die amerikanische Außenpolitik zur Geisel von Terroranschlägen wird. Der Präsident hat das amerikanische Volk aufgefordert, wieder seinen Alltagsgeschäften nachzugehen. Und so werden auch die Vereinigten Staaten weiterhin eine umfassende Tagesordnung verfolgen - von der Förderung guter Regierungsführung über die Zusammenarbeit mit anderen Ländern bis zur Eindämmung der HIV/AIDS-Pandemie, der Schaffung eines strategischen Rahmens für die Zeit nach dem Kalten Krieg, die Einleitung einer neuen Handelsrunde und die Förderung von Frieden im Nahen Osten.

Der Terrorismus hat einen Schatten über die Welt geworfen. Aber die globale Entschlossenheit zu seiner Bekämpfung war nie größer, und die Aussichten für internationale Zusammenarbeit bei einem breiten Spektrum von Themen waren nie vielversprechender. Bei seinem Besuch im US-Außenministerium erklärte Präsident Bush neulich: "Aus dieser Übeltat wird etwas Gutes hervorgehen. Durch unsere Tränen sehen wir Chancen, die Welt für zukünftige Generationen zu einem besseren Ort zu machen. Und wir werden die Chance ergreifen."